Termin

Claudia Berg AUGENBLICKE Kaltnadelradierungen

Ausstellung 16.10.2013, 12:00 Uhr–13.11.2013

Weimar, Weimar, D

Veranstalter: Galerie Profil Weimar

 Claudia Berg in Weimar, 16. Oktober 2013
aus der Eröffnungsrede von Helmut Brade /Halle

Claudia Berg hat in Halle studiert an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein. Dort hat sie 2002 das Studium mit dem Diplom beendet in der Klasse für Freie Grafik. ...
... die Auflagen bleiben bei Claudia Berg klein und fein.
Sie bevorzugt alte Kupferplatten von abgedeckten Dächern. Würde sie diese Platten ohne eigene Bearbeitung drucken, kämen abstrakte Blätter heraus. Richtig abstrakt wären sie allerdings auch nicht, denn die Kratzer und Löcher, die Beschädigungen der Zeit und der Natur sind eine wahrhaft historische Aussage. Sie behält das als Hintergrund für ihre individuelle Botschaft. Sie bleibt mitgeschichtlich.
Ihre Radierungen stellen etwas dar, sie sind, wie kleine Gedichte, Aussagen über unser Leben und die Welt, in die sie geraten ist.
Sie interpretiert Landschaft; Gras, alte Schuppen, Himmel, schöne Langweiligkeit. Sie erinnert die Alten Meister. Holland, Breughel, Bosch. Sie seziert Bilder. In einer digitalen Welt ergreift sie die Strohhalme der analogen Vergangenheit. Sie zeichnet, und zeichnend erklärt sie die Welt für sich und für alle, die sich ihren Arbeiten aussetzen. Sie schafft keine Dekoration. Ihre Kupferdrucke haben eigenes Leben, sie sind nicht so schnell zu Ende gesehen.

In den letzten zwei Jahren hat Claudia Berg eine kleine Buchedition herausgegeben, die Lyrik in Beziehung setzt zu originalgraphischen Blättern, zu Kaltnadelradierungen, wahrhaft bibliophil, in kleiner Auflage. Die sieben Bücher haben Titel, die in fast programmatischer Verdichtung zu den ausgewählten Gedichten stehen: Ahnung zu Heinrich Heine, Eigentum zu Goethe, Gegenwart zu Eichendorff, Aussicht zu Hölderlin, Begegnung zu Mörike, Wahrnehmung zu Brecht und Augenblicke zu Volker Braun.
Da es sich absichtsvoll nicht um Illustrationen handeln sollte, sondern eher um gefühlsnahe Assoziationen, sind es feine Differenzierungen der graphischen Struktur, die sich auf eine empfindsame Art den unterschiedlichen lyrischen Verdichtungen nähern.
Das kleine Buch mit Gedichten von Bertolt Brecht brachte ein verändertes Verhältnis von Dichtung und Graphik. Nun bei Volker Braun, dem Band, der die Reihe beschließen wird, gibt es einen Ansatz, der persönlicher wird. Das erste Blatt nimmt noch einmal ein landschaftliches Bild auf, eine Reihe von Pappeln in einem weiten offenen Feld. Aber sind das überhaupt noch Bäume, oder vielleicht schon Menschen? Wenn Menschen, dann immobil, unverrückbar, aber in klaren Verhältnissen zueinander. Bild und Dichtung kommen sich hier sehr nahe. In den anderen Blättern dominieren bereits Figuren, einsam oder in Beziehungen zueinander, die nirgends deutlich machen, ob Nähe gesucht wird oder Abstoßung. Diese Radierungen sind von eigenartiger Undeutlichkeit bei einer graphischen Verdichtung, die viel mit Dichtung zu tun hat. Landschaften sind noch da, sie sind gewissermaßen überzeichnet, nicht Hintergrund sondern Bestandteil. Es gibt auch Wind und zuweilen Kälte und Dunkelheit.
Die Entstehung dieser Radierungen erfolgte keinesfalls spontan. Es ist die in mühsamen Schritten vollzogene Veränderung von Formen und Wesen, die bildhafte Visionen entstehen lassen, an deren Endgültigkeit nicht mehr zu rütteln ist. Im Verlauf ihrer Entstehung spielten Details eine Rolle, die ich kaum für veränderungsfähig gehalten hätte, und die doch im Prozess quälender Weiterführung sich dem Wesentlichen und Endgültigen öffneten. Man liest nun die Texte, die ja eine sparsame Auswahl darstellen, mit einer veränderten Sensibilität.

Als ich Claudia kennen lernte, fiel mir sofort auf, dass sie auf eine sehr natürliche Weise ihre künstlerische Tätigkeit innerhalb realer
landschaftlicher Raumbeziehungen in historische Zusammenhänge stellen konnte. Dazu gehörte eben auch Literatur. Mag sein, dass sie nicht von einem universellen Wissen oder Interesse ihre Inspiration nährte; ganz gewiss aber von einem konkreten emotionellen Verständnis literarischer Verdichtungen. Niemals ist ihre bildnerische Welt losgelöst von empirischer Erfahrung als Erkenntnisquelle von Inhalten. Das macht auch die Wirkung aus, die von ihren Radierungen ausgeht. Sie beruhen auf erlebter Wirklichkeit in der Reflektion von Dichtung. Was sie in Form bringt ist eigene Beobachtung und Mitleiden oder Mitfreuen an der Erfahrung anderer Wesen, die vor ihr ähnlich empfunden haben. So ist ihre Kunst keinesfalls durch Form motiviert, sondern durch Inhalt, den sie dann mit der ihr eigenen Form erfüllt. In dem Sinne ist das, was sie macht, alt und neu zugleich.

Helmut Brade

zur Ausstellung erscheint eine Vorzugsgrafik

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