Termin

Franz Hartls GEISTERSPIEL – Gezeichnete Kosmologien eines Komponisten

Ausstellung 17.03.2009–05.07.2009

Museum im Lagerhaus, St. Gallen, Schweiz

Als der Organist und Komponist Franz Hartl (1913–2003) in Zürich
in einem Seniorenheim stirbt, ist die Familie überrascht, als sie gebeten
wird, Hartls zeichnerischen Nachlass abzuholen. Dass er zeichnete,
wusste niemand. Zwei Mappen umfassen insgesamt rund 200 Zeichnungen
und Gouachen von Franz Hartl, der meist mit «art» signierte.
Der Grossteil des Werkes ist in den 1940er Jahren entstanden, es setzt
sich aber fort bis in die späten 1980er Jahre.

Die Blätter kreisen um eine sämtliche Künste umfassende Harmonik,
die Hartl immer wieder aufs Neue berechnet und in geometrisch angelegten,
hoch komplexen Formgefügen erspürt und nachzeichnet. Ein
Liniengespinst in zarter Farbigkeit überzieht das Papier, fein säuberlich
mit Lineal und Zirkel ausgeführt – manches Mal wie hingehaucht.
Spröde und vordergründig nüchtern wirken die Arbeiten Franz Hartls.
Doch bestechen sie in ihrer minuziösen Ausführung und Transparenz
und faszinieren in ihrer konzeptuellen Anlage. Sie beschreiben ein hermetisches
System religiös-kunstphilosophischer Weltzusammenhänge,
welche die Grenzen zwischen Diesseits und Jenseits überschreiten.

Im Mittelpunkt von Hartls Bildwelt stehen seine Entwürfe des «harmonischen
Bildes» des Himmels und des «disharmonischen Bildes» der
Hölle. Dazu gehören auch die enig matischen Dar stellungen zum
«Geisterspiel»: Geisterhafte Vertreter der Teufels- oder Engelssphären
erscheinen in einem Netz von Bleistiftfäden gefangen; technoid-mechanische
Figuren, die er aus dem «harmonischen» sowie «disharmonischen
Bild» ableitet. Dem Nachlass Hartls im Archiv der Zürcher
Zentralbibliothek lässt sich entnehmen, dass das «Geisterspiel» als Bühnenwerk
geplant war.

Ganze Hefte füllt Franz Hartl mit Erläuterungen und Berechnungen seiner
Kosmologie. Diese umfangreichen Schriften wie auch seine
«Selbstbiographie» offenbaren sein existentielles Bedürfnis nach
einer universellen Kunsttheorie, die vom Göttlichen durchdrungen
ist. Er glaubt sich von Gott, dem Vater, berufen, der Welt seine genialen
Erkenntnisse zu vermitteln, «wusste er doch, dass die ganze
Schöpfung nach diesem (harmonischen) Bilde gemacht war». Doch
muss er erleben, von seinen Mitmenschen verkannt zu werden. So
schweigt der Einzelgänger und ‘Sonderling’ bis zu seinem Tod.

Das Werk Franz Hartls ist der Kunstwelt bis dato gänzlich unbekannt;
ausgestellt oder besprochen wurden die Arbeiten bislang noch nie
und auf dem Kunstmarkt sind sie ebenfalls nicht erhältlich. Das Museum
im Lagerhaus präsentiert der Öffentlichkeit damit eine wahre
Neuentdeckung im Bereich der Outsider Art.

Weitere Informationen:

Öffnungszeiten: Di. - Fr. 14 - 18 Uhr, Sa./So. 12 - 17 Uhr

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