Termin

Fremde im Visier. Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg

Ausstellung 15.04.2010–29.08.2010

Historisches Museum Frankfurt, Frankfurt am Main, Deutschland

Siebzig Jahre nach Kriegsbeginn verhandeln die nachfolgenden Generationen intensiver denn je die Nachlässe und Erinnerungen aus dem Zweiten Weltkrieg. Wie geht man mit den Fotoarchiven, aufbewahrt in Schränken und Schubladen, um? Die Ausstellung bietet Lesarten und Sichtweisen für ein tieferes Verständnis dieser Bildarchive an.

1939 besaßen rund zehn Prozent aller Deutschen einen eigenen Fotoapparat. Viele Soldaten folgten bereitwillig der Aufforderung des Propagandaministeriums, mit ihren Fotos den Zusammenhalt zwischen Front und Heimat zu stärken. Sie tauschten intensiv ihre Fotos untereinander, so dass ein Album oft verschiedene Wahrnehmungen des Krieges widerspiegelt. Die Soldaten zeigen zwar keine authentischeren Bilder der Front, aber doch eine differenziertere Perspektive als die Fotografen der Propaganda-Kompanien, deren Bilder die offizielle Sicht auf den Krieg dominierten.

Die Bildauswahl in den Alben zeigt, dass fremde Landschaften und Menschen von besonderem Interesse für die Soldaten waren. Fotos vom besetzten Paris vermitteln zum einen den Siegergestus der deutschen Truppen, zum anderen zeigen Motive wie der Eiffelturm oder die Akropolis in Athen, dass die Soldaten,
die oft zum ersten Mal im Ausland waren, auch den touristischen Blick auf Sehenswürdigkeiten wiederholten. Die Sichtweise auf das Fremde war jedoch vielfach durch die NS-Bildpropaganda geprägt. Französische Kolonialsoldaten wurden durch Inszenierung und Bildunterschrift in rassistischer Weise präsentiert, bärtige Männer in abgewetzter Kleidung denunziatorisch als „typische Juden” bezeichnet.

Hinter scheinbar harmlosen Knipserfotos verbergen sich häufig Unsicherheit und Angst, aber auch Gewalt und Zerstörung. Ein Foto mit der Beschriftung „Still ruht der See” erscheint in einem Album zunächst als idyllische Landschaftsaufnahme. Erst die mündlich überlieferte Erzählung legt den Kontext frei: In diesem See hatten Wehrmachtssoldaten Raubgut aus geplünderten französischen Dörfern versenkt, da ihnen ein Spindappell bevorstand.

Rund 150 Fotoalben aus Privatbesitz – Leihgaben von ehemaligen Wehrmachtssoldaten und ihren Angehörigen aus Norddeutschland – sowie Alben aus Museen und Archiven bilden die Basis der Ausstellung. Sie ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts von Dr. Petra Bopp an den Universitäten Oldenburg (Prof. Dr. Detlef Hoffmann) und Jena (Prof. Dr. Norbert Frei). Im Rahmen dieser Forschung wurden auch Zeitzeugeninterviews geführt, von denen drei als Videointerviews in die Ausstellung eingingen.

Weitere Informationen

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr
Mittwoch 10-21 Uhr
Montag geschlossen

Eintritt:
Regulär 4€
Ermäßigt 2€

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