Termin

MAN SON 1969. Vom Schrecken der Situation

Ausstellung 28.03.2010–06.06.2010

Villa Merkel, Esslingen, Deutschland

Das Jahr 1969 oder die Ambivalenz der Extreme:

Die Villa Merkel und das Bahnwärterhaus, Galerien der Stadt Esslingen am Neckar, zeigen die Ausstellung „MAN SON 1969. Vom Schrecken der Situation“ und widmen sich dem Reiz und der Gefahr der Extreme. Ausgangspunkt sind bedeutende historische Ereignisse in Politik, Gesellschaft, Gegenkultur und Kunst der 1960er Jahre. Rund 25 internationale Kunstschaffende sind eingeladen, im Rückblick auf das Jahr 1969 die Frage der Ambivalenz der Extreme dieser Zeit weit reichender gesellschaftlicher Reformprozesse durch neue Arbeiten aufzugreifen. Die Ausstellung „MAN SON 1969. Vom Schrecken der Situation“ ist von 28. März bis 6. Juni 2010 in den Galerien der Stadt Esslingen am Neckar, in der Villa Merkel und dem Bahnwärterhaus zu sehen. Charles Manson, eine zentrale Figur der amerikanischen Hippie-Kultur, gilt als Anstifter der Morde an Sharon Tate und sechs weiterer Personen. Er befindet sich bis heute in Haft. Sein Name und das damit verbundene Image, das zwischen Hippie-Messias und Psychopath oszilliert, dienen als Stichwortgeber der Ausstellung. Die Schreibweise Man Son (frei übersetzt als „Menschensohn“) war eine von Manson zeitweilig selbst gewählte Bedeutungsverschiebung seines Namens.

Das Jahrzehnt der 1960er Jahre steht im Zeichen des Wandels, fundamentaler Zäsuren und der Protestkultur. Weltweit ist es gekennzeichnet durch Kolonialkämpfe und Liberalisierungen. Der beispiellose Krieg in Vietnam ruft in Europa oder den USA Protest- und Friedensbewegungen hervor. 1967/68 finden politische Studentenproteste in Deutschland (Notstandsgesetzte der Großen Koalition), in den USA, Italien, Tschechoslowakei, Polen, Japan und weiteren Ländern wie Frankreich statt, wo sich in deren Verlauf erstmals die Arbeiterbewegung mit den Studierenden solidarisiert. Der Prager Frühling, der Versuch eines Sozialismus mit menschlichem Antlitz, wird im August 1968 durch einmarschierende Truppen des Warschauer Pakts niedergeschlagen. Ende des Jahrzehnts erscheinen die freiheitlichen Lebensformen der Flower-Power als nicht erfüllbar und vielen nicht länger als unschuldiger Friedenswunsch. Alternative Lebensentwürfe und gesellschaftliche Utopien verkehren sich vielerorts in ihr gewalttätiges Gegenteil – manche scheitern, andere passen sich den Gegebenheiten an. Heute sind die damaligen Leitmotive Selbstverwirklichung, Kreativität und Flexibilität zu Schlagworten mutiert, die einen viel zitierten ‚neuen Geist des Kapitalismus’ durchsetzen.

1969: Die ersten Menschen betreten im Zuge der Mission Apollo 11 den Mond (20. Juli). Fünf weitere bemannte Mondlandungen sollen folgen. Im August (15. bis 18.) findet das legendäre Woodstock-Festival statt, das als musikalischer Höhepunkt der US-amerikanischen Hippiekultur gilt. Kurz zuvor schockieren die Morde der so genannten Manson-Family in Hollywood (9. und 10. August 1969) die Medienöffentlichkeit. Zukünftige Terroristen der RAF fliehen im November 1969 aus Deutschland nach Paris. Ihre Gewalt gegen Sachen eskaliert später im Mord. – Die zum Ausstellungs-Essay eingeladenen Künstlerinnen und Künstler verhandeln die Ambivalenz der Extreme um 1969 aus einer aktuellen Warte und streifen sowohl die Person als auch die Geschehnisse um Charles Manson nur am Rande. Sie fokussieren die Themen Gewalt, Entgrenzung, freie Liebe und Selbstverwirklichung. Sie entwickeln Perspektiven, die beispielsweise Gruppenbildung als ein Geschehnis zwischen Freiheit und Zwang ansprechen, die Manipulation, Erziehung und Anpassung zum Thema machen, die den musikalischen Hintergrund der Zeit und das Phänomen einer nahezu religiösen Legendenbildung aufgreifen. Der Ausstellungs-Essay macht sich überkreuzende Logiken und Widersprüche zwischen aufwühlenden Geschehnissen erkennbar und lässt einen erneuten Blick auf die Zeit der 1960er Jahre viel versprechend erscheinen.
Die Präsentation der Ausstellung „MAN SON 1969. Vom Schrecken der Situation“ wurde im Jahr 2009 zunächst in der Hamburger Kunsthalle gezeigt und wird für die besonderen räumlichen Bedingungen der Villa Merkel überarbeitet.

Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler:
Mario Asef, Achim Bitter, Günter Brus, Joe Colemann, Dellbrügge & de Moll, Peter Friedl, Till Gerhard, Gerhard Halbritter, Elmar Hess, Laura Honse, Stephan Huber, Stefan Hunstein, Susanne Klein, Elena Kovylina, Thomas Kunzmann, Sigalit Landau, Almut Linde, Stefan Micheel, Aurelia Mihai, Ronald Nameth, Bruce Nauman, Karin Missy Paule, Susi Pop, Astrid Proll, Chris Reinecke, Annamaria und Marzio Sala, Andreas Seltzer, Cindy Sherman, Die Tödliche Doris, Susanne Weirich und aus der Graphischen Sammlung Max Beckmann, Charles Gaines, Martin Kippenberger

Weitere Informationen

Öffnungszeiten:
Di 11 – 20 Uhr
Mi – So 11 – 18 Uhr

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