Ausstellung 11.10.2008–11.01.2009
Die nächste Ausstellung im Edwin Scharff Museum am Neu-Ulmer Petrusplatz beginnt mit einem ungewöhnlichen Kunst-Happening. Essbare Kunst wird die in Köln lebende Künstlerin Nik Kern direkt vor Ort schaffen. Sie modelliert – passend zur alpinen Thematik - einen Frischkäseberg. Doch diese Kunst ist vergänglich, denn der Berg wird noch am Eröffnungsabend zur Verköstigung der Besucher abgetragen. Das verschmitzte Augenzwinkern, das sich hier schon andeutet, steht programmatisch für die neue Sonderausstellung im Edwin Scharff Museum. Unter dem Titel „Das Matterhorn lächelt - Emil Noldes Bergpostkarten und weitere augenzwinkernde Blicke auf den Mythos Berg“ zeigt das Museum vom 11. Oktober 2008 bis zum 11. Januar 2009 eine weitgehend unbekannte Seite von Emil Noldes künstlerischem Schaffen und stellt seine ganz frühen Werke in Kontrast zu persiflierenden Berg-Darstellungen lebender Künstler. Nolde trifft auf Klaus Staeck. Grafik trifft auf Video. Ein gewagter Spagat, den das Museum, so Museumsleiterin Dr. Helga Gutbrod, „bewusst gesucht hat, um zu zeigen, wie aktuell Nolde ist und dass sich der heutige ironische Blick auf die mächtige Bergwelt gut mit Noldes frühen satirischen Werken in Beziehung setzen lässt“.
Inspiriert durch Schweizer Sagen und Märchen, zeichnete der 27-jährige Emil Hansen - der sich erst später Nolde nannte - ab 1894, während er im schweizerischen St. Gallen als Zeichenlehrer tätig war, Aquarelle mit Bergmotiven. Der norddeutsche Bauernsohn war damals der Faszination der Berge erlegen und stellte berühmte Alpengipfel personifiziert dar. Die mit „E. Hansen“ signierten kleinen Werke dokumentieren auf sehr eindringliche Weise seine Tendenz zum Grotesken. 1897 veröffentlichte der junge Künstler einige dieser Aquarelle als Postkarten und verkaufte quasi über Nacht 100 000 Stück davon. Mit dem Erlös konnte er seine Existenz als freischaffender Künstler aufbauen und die Lehrertätigkeit an den Nagel hängen. Seine frühen Arbeiten zeigen gewissermaßen Nolde vor Nolde. Sie sind aber nicht nur, so Gutbrod, „maßgebliche Beispiele seines vorexpressionistischen Schaffens, sondern in den karikaturhaften Überzeichnungen auch ein frühes Beispiel seines Hangs zum Grotesken und Ausdrucksstarken. Man kann sagen, die Bergpostkarten, die wir zeigen, geben bereits eine inhaltliche Richtung für die konsequente Fortentwicklung von Noldes Schaffen vor“. Um das deutlich herauszuarbeiten, wird die Ausstellung durch Arbeiten seiner späteren Jahre, aber auch durch traditionelle Berg- und Landschaftsdarstellungen von Künstlerkollegen Noldes aus dem Alpinmuseum München ergänzt. Doch das Team des Edwin Scharff Museums hat es dabei nicht belassen und den Weg ironischer Bergdarstellungen bis in unsere Tage verfolgt. Es hat den Kontakt zu zeitgenössischen Künstlern gesucht und kann Nolde nun Arbeiten von Michael Danner, Nik Kern, Martin Schwarz, Klaus Staeck, Uli Wiesmeier und Thomas Wrede gegenüberstellen. Plastiken, Videokunst und Fotografie werden mit Noldes Werken kontrastiert. So etwa über 50 Foto-Postkarten des Schweizers Martin Schwarz, der das Matterhorn auf Reisen geschickt hat, oder Klaus Staecks Plastik „Die Schweiz“.
Oberbürgermeister Gerold Noerenberg und Museumsleiterin Dr. Helga Gutbrod eröffnen die Ausstellung am Freitag, 10. Oktober, um 18 Uhr. Der oberbayerische Komponist und Musiker Rainer Bartesch umrahmt die Vernissage kongenial musikalisch: Er spielt „Alpine Reflections“ auf dem Alphorn. Die Ausstellung ist anschließend vom 11. Oktober 2008 bis 11. Januar 2009 dienstags, mittwochs, freitags und samstags von 13 bis 17, donnerstags von 13 bis 19 und sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet und wird von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet.