Termin

Tropicália. Die 60s in Brasilien

Ausstellung 28.01.2010–02.05.2010

Kunsthalle Wien, Wien, Österreich

Tropicália entstand aus dem Geist jenes Anthropophagischen Manifestes, das der Modernist Oswald de Andrade in den 20er-Jahren geschrieben hatte: Darin ging es um das Verschlingen fremder Kulturen, um die kritische Appropriation von Kunst-, Musik und Modeströmungen aus der Ersten Welt und um ein Konzept der Hybridität, das aus Partikeln und Fragmenten kultureller Artefakte eine Art ästhetischen Metabrasilianismus konstruierte. „Nur der
Kannibalismus verbindet uns. Sozial. Ökonomisch. Philosophisch“ schrieb de Andrade. Tropicália war eine neue kritische (Kunst-)Sprache, die auf der Ebene der alltäglichen Kommunikation intervenierte und sich die Möglichkeiten der modernen Massenkommunikation zunutze machte. Sänger wie Caetano Veloso und Gilberto Gil, die sich als Teil der Bewegung sahen, wurden durch das Fernsehen zu Sprachrohren einer künstlerischen Haltung, die sich gegen den „Import eines abgepackten und gebrauchsfertigen Bewusstseins“ (de Andrade) richtete. „Der Mythos des Tropikalismus ist viel mehr als Papageien und Bananenbäume,“ heißt es in einem der zahlreichen
thesenhaften Texte Hélio Oiticicas, dem führenden brasilianischen Künstler der Epoche. Ohne explizit politisch zu sein, richten sich die vitale Energie, die Lust am schrillen Spektakel und die Öffnung des kulturellen Handlungsfeldes für die Bewohner prekärer Lebenswelten vor allem gegen die bleierne Zeit des brasilianischen Militärregimes, das mit einem Coup im Jahr 1964 den relativ demokratischen Verhältnissen ein Ende gemacht hatte. Die kulturellen
Aktivisten stellten der Monotonie und Monochromie der Diktatur die reiche kulturelle Diversität des Landes gegenüber, die auf vielschichtige, oft uneindeutige Weise ästhetisch neu bewertet wurde. Man wollte, so der bedeutende Theaterregisseur José Celso Martinez de Correa, mit Kreativität „den dümmlichen Traum und Mythos einer Technokratie aus zweiter Hand“ bekämpfen.

Die Ausstellung präsentiert mit Schlüsselwerken wie Tropicália von Oiticia oder dem Film Terra em Transe von Glauber Rocha sowie wichtigen Werkgruppen von Nelson Leirner, Rubens Gerchman, Antonio Dias, Anna Maria Maiolino und Lygia Pape einen historischen Querschnitt durch die künstlerische Vielfalt des kurzen Sommers der künstlerischen Anarchie. Weiters wird gezeigt, wie der kreative Impuls, der von Tropicália ausging, in Arbeiten zeitgenössischer (exil)brasilianischer Künstler wie Ernesto Neto oder Rivane Neuenschwander und Cao Guimarães bis zum heutigen Tag weiterwirkt.

Weitere Informationen

Öffnungszeiten:
täglich: 10 - 19 Uhr
Donnerstag: 10 - 21 Uhr

Eintritt:
Mo - Fr regulär: 6 Euro/ ermäßigt: 4.50 Euro
Sa - So: regulär: 7 Euro/ ermäßigt: 5.50 Euro

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