Kenneth Angers Idee vom Kino als einem magischen Ritual kommt nicht vom Himmel gestuerzt: Begriffe wie Illusion, Verfuehrung, Magie, Halluzination und Traum begleiten die Geschichte der Kinematographie von Anfang an. Anger entwickelt diese Ideen indes radikal weiter – hin zu einem alchemistischen Verstaendnis des Filmemachens. Seine magischen Praktiken sind dabei so innovativ wie hochpraezise: Anger mixt populaerkulturelle und antike Mythen, gute und boese Zeichen, taucht die Bilder in gluehende Farben und illuminiert seine dunklen Plots mit einem schier unerschoepflichen Arsenal an Lichtquellen. Viele Jahrzehnte spaeter, in einem anderen geografischen und kulturellen Raum: Im Rueckgriff auf den amerikanischen Avantgardefilm und das Populaerkino seines Heimatlandes arbeitet der thailaendische Regisseur Apichatpong Weerasethakul auf seine Weise an einem hypnotischen Kino. Wieder spielen Licht, Mythos und Uebersinnliches eine entscheidende Rolle. Doch Weerasethakuls sanftmuetigen Halluzinationen sind aus einem anderen Stoff gemacht. Eine assoziative Betrachtung zur Verbindung von Kino, Licht und Magie.

Esther Buss arbeitet als freie Film- und Kunstkritikerin in Berlin. Sie schreibt u. a. fuer kolik.film, Spex, frieze d/e und Texte zur Kunst.