Termin

Wieland Richter "Auch Hochkulturen vergehen"

Ausstellung 27.03.2010–26.05.2010

Galerie Profil, Weimar, Deutschland

Wieland Richter beschreibt Natur nicht, er schafft in seinen sinnlichen, illusionsreichen Bildwelten Zustände, Räume voll Spannung und doch Harmonie, er spürt Unsichtbarem nach, ebenso gibt er Gefühltem und Bekanntem eine Form.
Die konkrete Welt verliert er dabei keineswegs aus den Augen, im Gegenteil, sie ist immer im Mittelpunkt seiner Beobachtungen und Gedanken und ist unmittelbar Anregung für seinen kreativen Schöpfungsprozess.
Er verwandelt seine Betrachtungen fast philosophisch in seinen Bildern.
Es geht ihm bei aller realistischen Betrachtungsweise nicht um Kritik, um Konfrontation mit Gegebenheiten, die wir tagtäglich durch eine Flut von Nachrichten zur Realität zählen, wenn wir von Chaos, von Krieg, von Klimawandel, von Naturkatastrophen, von Globalisierung hören, - das liegt ihm fern. Und doch sind es genau die Themen, die ihn beschäftigen und antreiben, seine Kunst zu machen.
Für Wieland Richter ist die informelle Malerei genau das Mittel, das es ihm ermöglicht, seine Gedanken und Gefühle, seine Stimmungen auszudrücken und zu formulieren.
Die Form ist ihm sehr wichtig, daraus beginnt das Bild zu leben und entwickelt mit Farben eine ganz besondere Ästhetik. Für uns als Betrachter wird es immer eine Geheimnis bleiben, wie es entsteht. Wir spüren jedoch die ungeheure Energie, die durch den Schaffensprozess frei wird.
In den bisher gezeigten Ausstellungen von Wieland Richter haben seine Bilder eine sehr reichhaltige Farbenpalette gehabt - erinnern Sie sich nur an die „Duktusvariationen“ zu Bach´s „Goldbergvariationen“, die von einem wahren Farbenrausch lebten oder „Ohne Himmel keine Erde“ usw.
Hier nun begegnen wir einer Malerei, die sich auf 3 Farben beschränkt. Diese Konsequenz hat es Wieland Richter bei der Auseinandersetzung mit dem Thema angetan.
„Auch Hochkulturen vergehen“ ist ein in sich geschlossener Zyklus aus dem letzten und diesem Jahr, Arbeiten auf Holz, auf Leinwand und Papier sowie Objekten. Eigentlich wundert es mich nicht, dass es ihm wichtig war, dieses Thema zu bearbeiten, es ist ihm zwangsläufig begegnet und wichtig geworden. Er schöpft seine Ehrfurcht vor der Natur aus intensiver Beschäftigung mit ihr, mit Hinterfragen alter Kulturen - und das nicht nur auf verschiedenen Reisen.
Der Zyklus „Auch Hochkulturen vergehen“ regt uns auf ganz andere Weise an, auf eine Zeitreise zu gehen. Wir bekommen fast den Blick des Archäologen, der auf die Suche nach den Spuren vergangener Kulturstätten geht. Vielleicht bereitet es auch Mühe, das vor langer Zeit Verschüttete wieder frei zu legen. Auf alle Fälle ist es sehr reizvoll. Nicht nur was wir finden, ist reizvoll, auch die Überlegung, warum sind alte Hochkulturen verloren gegangen, die Reiche zwischen Mittelmeer und Persien, Mesopotamien, die Ägypter, die Indogermanen, die Babylonier, Hetiter und die Reiche in Indien und China, die Reiche der Inkas, der Mayas. Gerade eben geht eine Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn auf Pracht und Alltag in Byzanz ein. Die Frage stellt sich immer wieder. Was ist es, was uns seit Menschengedenken dazu führt, uns zu entwickeln und zu einem gewissen Grade wieder zu zerstören?
Viele der alten Hochkulturen gingen in Naturkatastrophen, Hungersnöten, Überfällen, Aufständen unter. Was tun wir heute? Sind wir besser geworden?
Haben wir durch alle Entwicklungen hindurch, durch allen Fortschritt, durch alle Errungenschaften der Menschheitsgeschichte gelernt? Verstehen wir es heute mit den vorangegangenen Entdeckungen der Kupferzeit, der Eisenzeit usf. richtig umzugehen? Handelsnetze sind entstanden, ohne die Schrift wäre die Organisation von Handelsnetzen nicht denkbar gewesen. Verwaltungen, Wohn- und Arbeitsbauten sind entstanden, die Landschaften sind geprägt von Strassenbau, Kanalbau, Landwirtschaft. Die Wissenschaft hat sich entwickelt... Wieland Richter stellt in seiner Kunst immer wieder die Frage, wie gehen wir damit um?

Es steckt eine grosse Kraft in allem, was wir vielleicht das kollektive Gedächtnis nennen. Diese Bilder hier tragen einen Teil dieser Kraft. Und immer wieder müssen wir aufpassen, dass das, was zu Tage tritt, nicht wieder vom Wüstensand und Wind zugeweht wird. Diese Gebilde von Dingen und die freigelegten Landschaften und Inseln, Siedlungen, Rüstungen usw. auf Wieland Richters Bildern sind eingebettet in Weiss und ockersandige Malgründe und geben uns eine Ahnung davon, was wir zu bewahren und zur Verfügung haben.

 

Diese Seite teilen

Besuchen Sie uns