Ausstellungsbesprechungen

'Gesicht - Maske - Farbe'. Frauenbilder des frühen zwanzigsten Jahrhundert

Es ist ein Schlüsselwerk in der Ausstellung „Gesicht - Maske - Farbe“ im Landesmuseum zu Münster. Es zeigt den Maler Willy Kriegel, der gerade seine Frau porträtiert, aus der Sicht von Otto Dix. Denn Dix hat das Ölgemälde geschaffen, an dem sich die wesentlichen Aussagen dieser Schau am besten veranschaulichen lassen.

Denn sein Blick auf die Frau muss ein anderer sein als der des Künstlerkollegen Kriegel. Insgesamt stützen 60 „Frauenbilder des frühen zwanzigsten Jahrhunderts“ die drei Hauptthesen der Ausstellungsmacher: Ästhetische Entscheidungen des Künstlers, das Aussehen des Modells und die gesellschaftlich vorgeprägte Rollenvorstellung haben Einfluss auf die Darstellung weiblicher Figuren. Zweifellos. Malerinnen und Modelle, Bürgerinnen und Arbeiterinnen, Bäuerinnen und Zigeunerinnen, Tänzerinnen und Prostituierte, Mütter und Töchter, Geliebte und Musen, Ehefrauen und Witwen - die Motive sind sehr unterschiedlich, die Ideen dahinter auch. Deshalb gehört es zum Konzept der Schau, die Werke in fünf Gruppen zu präsentieren.

Die kreative Frau meint eine, die sich ihren Weg durch den von Männern dominierten Kunstbetrieb bahnt. Für Ida Gerhardi und Paula Modersohn-Becker gehörte dazu ein längerer Aufenthalt in Paris. Ihre Selbstporträts gelten als Ausdruck ihres Selbstbewusstseins. Mit rund 120 Selbstbildnissen hat aber Käthe Kollwitz die Nase vorn. Als erste Frau bekam sie 1918 eine Professur an der Berliner Akademie der Künste und schaffte damit den Durchbruch.
Die moderne Frau hingegen steht weiter unter der Kunsthoheit der Männer. Denn in diesem Zusammenhang werden Bilder von August Macke, Ernst Heckel und Max Pechstein gezeigt.

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Sie priesen die Reize und die Schönheit der Frauen. Einzig die Lithografien von Käthe Kollwitz wirken dem Perspektivenwechsel in der Ausstellung von Künstlerin zu Künstler noch entgegen. Ihre „Arbeiterfrau mit blauen Tuch“ (1903) ist ein gutes Beispiel für eine den Proletarierinnen zugetraute Kraft, eine revolutionäre Energie.
Die versiegt jedoch wieder beim Anblick der ursprünglichen Frau. In den Arbeiten vom Westfalen Wilhelm Morgner rücken die Frauen von der Industrie zurück zu einer ursprünglichen Tätigkeit, in die Landwirtschaft. Für die Künstler der Brücke gab es ebenfalls kein emanzipiertes Potential. Sie sahen die Menschen, vor allem die Frauen, lieber im Einklang zur Natur. Sie brachen durch ihre Akte mit der körperfeindlichen Kleiderordnung des wilhelminischen Reiches. Das war ihre Art, bestehende Konventionen zu brechen.

Auf die ursprüngliche folgt die verletzte Frau. Zum Beispiel: „Das weinende Mädchen“ (1909) von Edvard Munch, der sich von seinen persönlichen Sorgen mit den Frauen leiten ließ. Otto Dix\' Porträtierte geben ein verzerrtes Bild der Vorkriegsideale wieder. Sie haben sichtbar unter dem 1. Weltkrieg gelitten. Wie auch die Frauen bei Käthe Kollwitz. Sie trauern um ihre vermissten oder gefallenen Männer und Söhne.

Die private Frau steht gegen Ende des Rundgangs im Mittelpunkt. An dieser Stelle spannt sich der Bogen wieder zur kreativen Frau. Denn so eine war Charlotte Berend-Corinth. Sie hatte aber im Gegensatz zu Gerhardi, Modersohn-Becker und Kollwitz für ihren Mann Lovis Corinth die Pinsel aus der Hand gelegt, um den damaligen Vorstellungen von der Rolle [base \']Ehefrau\' gerecht zu werden. Den Schlusspunkt der Ausstellung setzt das anfangs erwähnte „Bildnis des Malers Willy Kriegel mit dem Porträt seiner Frau“. Als würde man dem Besucher nochmals eindringlich sagen wollen, das Bild der Frau ist eine Frage der Perspektive.

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