Ausstellungsbesprechungen

Abwehr und Berührung – Ägypten Griechenland Rom

Antike Kulturkämpfe ‑ In weiter Ferne so nah. Der Gordische Knoten, 333 bei Issos Keilerei, ein Feldzug nach Indien – vom Weltreich Alexanders des Großen sind nach über 2.300 Jahren nur wenige Fragmente im postmodernen Bewusstsein geblieben.

Dass dieser weiße Fleck den Blick auf einen antiken „Kampf der Kulturen“ verstellt, der uns so fremd geworden ist, dass er gerade durch seine Ferne für die gegenwärtige Auseinandersetzung um die Koexistenz unterschiedlicher sozialer und religiöser Traditionen erhellend sein kann, beweist zurzeit die Ausstellung „Abwehr und Berührung: Ägypten – Griechenland – Rom“ im Frankfurter Städel.

 

Nachdem 2000 eine Rosengranitstatue vom Städelschen Museumsverein für das benachbarte Liebieghaus erworben wurde, die Alexander den Großen als Pharao zeigen soll, plante man zunächst eine Sonderausstellung über den makedonischen Herrscher. Doch schon bald entstand die Idee – zum ersten Mal, wie der Kurator und Direktor des Liebieghauses, Peter C. Bol, vermerkt –, „die wechselseitigen Beziehungen zweier antiker Hochkulturen“ darzustellen.

 

Für dieses Projekt hat Holger Wallat Ausstellungsräume entworfen, die sich klar von einer Antikenbegeisterung à la „Akte X“ abgrenzen: Die Exponate ‑ die ältesten stammen aus dem zweiten vorchristlichen Jahrtausend, die jüngsten aus der späten römischen Kaiserzeit ‑ werden nicht durch mehr oder weniger erfundene Dekorationen dramatisch in Szene gesetzt, sondern sehr sachlich in einem Labyrinth aus hellen, teils mit transparenten Stoffbahnen markierten Schauräumen vorgestellt. Dort können die fast 400 Skulpturen, Schmuckstücke, Glaswaren, Sarkophage und Sphinxe konzentriert betrachtet und von den Kennern stilkritisch verglichen werden.

 

Unter den Expertenblicken haben sich inzwischen Zweifel eingestellt, ob die Rosengranitstatue tatsächlich Alexander zeigt (vgl. FAZ, 28.12.2005) oder vielleicht eher einen ptolemäischen Herrscher aus dem zweiten vorchristlichen Jahrhundert darstellt. Angesichts dieser Fachdiskussionen wechseln beim weniger vorgebildeten Publikum Interesse mit Gleichgültigkeit. Denn einerseits beweist die wissenschaftliche Resonanz die Bedeutung des Projekts, andererseits ist sie so spezifisch, dass Laien ihr kaum folgen können.

 

Mit diesem Widerspruch kämpft auch die noch bis zum 26. Februar geöffnete Präsentation. Die Vielzahl, Schönheit und Fremdheit der Exponate sowie die sie klammernde hochaktuelle Fragestellung nach kultureller Interaktion reizt zur Auseinandersetzung. Doch die sparsamen Begleittexte und eine verwirrende thematische Gliederung lässt den Besucher mit wachsender Ratlosigkeit durch die Jahrhunderte flanieren. Wie die Griechen zunächst ägyptische Impulse aufnahmen, während die Nilkultur über Jahrhunderte mit Ablehnung reagierte, um sich dann nach der Eroberung durch Alexander (332 v. Chr) allmählich der militärisch überlegenen Kultur zu öffnen und im Zuge der Hellenisierung die eigene Identität zu verlieren, wird angesichts der präsentierten Vielfalt kaum im Zusammenhang begreifbar. So muss sich der Besucher selbst zum Archäologen wandeln, die verstreuten Textspuren mit den eigenen Beobachtungen kombinieren und auf diesem Weg entdecken, wie sich die politisch-militärische Entwicklungen in Kunst, Kunsthandwerk und Kult spiegeln.

                                                                            

Wem es gelingt derart in die Geschichte einzutauchen, kann im kalten Spätwinter des barbarischen Nordens so spannende wie erkenntnisreiche Stunden im Frankfurter Städel verbringen.

Weitere Informationen

Öffnungszeiten

Dienstag, Freitag bis Sonntag 10.00 – 19.00 Uhr

Mittwoch, Donnerstag 10.00 – 21.00 Uhr

Montag geschlossen

 

Eintrittspreise

8,- Euro, ermäßigt 6,- Euro

Familienkarte 16,- Euro

 

Infos unter:

www.staedelmuseum.de

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