Ausstellungsbesprechungen

Berlin Gallery Weeks: Raab Galerie, Kulturfabrik Apolda, bis 14. Juli 2015

Den Glanz der Großstadt kann man derzeit in Apolda bewundern. Die Kulturfabrik, Atelier- und Ausstellungshaus, hat nach »Bildnisse der Kanzlerin« den nächsten Coup gelandet: Zusammen mit dem Berlin Gallery Weekend holt sie Werke aus Berliner Galerien in die thüringer Provinz. Den Anfang macht die Raab Galerie. Stefanie Handke hat sich in den Fabrikräumen umgesehen.

Zehn Künstler machen die Ausstellungssäle der Kulturfabrik derzeit zur Großstadt. Doch von Gewusel ist hier weit und breit nichts zu sehen! Eher stille Momente fangen die Bilder ein und die Protagonisten auf Fotos und Gemälden sind zumeist allein unterwegs. Keine Spur vom Trubel der Einkaufszentren, Partys und des Berufsverkehrs.

Den ersten Saal dominieren vor allem die großen Formate El Bochos. Seine Stadtschönheiten erwarten den Betrachter hier aufmerksam und doch in sich gekehrt. Zum Beispiel in »Ich suche Liebe im Labyrinth«. Zwar bilden die Protagonistinnen eine Einheit, doch scheint jede ihren ganz eigenen Gedanken nachzuhängen: Den Mund leicht geöffnet, ganz auf den Betrachter konzentriert, scheint sich eine der jungen Frauen zu fragen, wen sie da vor sich hat. Ihre – ja: Freundin? Schwester? – dagegen scheint uns gar nicht zu sehen und richtet ihren Blick auf etwas in weiter Ferne.

Überhaupt dominiert den ersten Saal die Ferne: Die Protagonisten fixieren ein fernes Ziel (zum Beispiel auch Edith Piaf in mehrfacher Ausführung) und weite Landschaften und Wellen wecken Fernweh, wenn vor den Fenstern dann doch nur kaltes Regenwetter wartet. Gedämpft wird dieses nur durch die verlassene Grenzanlage von Harald Klemm.

Im zweiten Saal finden sich dann verschiedene kleinere Formate, so auch Karl Lagerfelds Fotografien. Er ist der einzige Fotograf der Ausstellung, muss aber nicht allein sein. Denn im hinteren Teil des Saals hat sich der Apoldaer Fotograf Martin Specht sein Atelier eingerichtet. Nun teilen sich seine »Domestic Cats« also den Platz mit Karl Lagerfelds Models. Auch die sind übrigens höchstens zu zweit und zwei männliche Models beleben einen barocken Hintergrund. Und natürlich die unvergleichliche Claudia Schiffer, die in ihrem Mantel einen verlassenen Hinterhof regelrecht erleuchtet.

Auch andere Frauengestalten erwarten hier die Besucher, immer wieder allein, immer wieder abgewandt. Karolin Kroiß‘ »Leserin IV« hat zum Beispiel ihr Buch weggelegt und ruht. Sie hat sich von ihrer Lektüre und uns abgewandt. Vielleicht denkt sie über das Gelesene nach, denn in einem anderen Bild sitzt die junge Frau am Tisch und ist von der Leserin zur aktiv Handelnden geworden: Sie schreibt selbst.
Immer wieder aber thematisieren die Künstler auch hier die Verlorenheit des Einzelnen. In Nina Marons »Frame« und G.L. Gabriels »Bikini Berlin« muss sich jeweils eine kleine Gestalt zurecht finden, sei es nun im Wald (Maron) oder in einer Großstadtszene.

Luftig wird es zuletzt mit den Kunstwerken Rainer Fettings, Urs Lüthis und Co. im dritten Ausstellungsraum. Natürlich dominieren hier Fettings »Goldfish« und »Der Mönch«, doch können sich auch die kleineren Formate sehen lassen. Urs Lüthis zwölfteilige Serie »The End« scheint dabei nicht nur das Ausstellungsende, das man nun erreicht hat, sondern auch das Ende der Welt wie wir sie kennen, anzukündigen. Vorher gibt es aber noch einige herrliche Bilder aus dem Angebot der Raab Galerie bewundern, dieses Mal wird es sogar ein wenig anarchisch: Einer eher einer Punkerin denn eine Pflegerin gleicht die anarchische »Nurse« von Nina Maron: Mit Irokesenfrisur, Mundschutz, verdrecktem Kittel und eine Fahne schwenkend. Nicht minder anarchisch ist ihr unbetiteltes Punk-Mädel, von dem man kaum sagen kann, ob es sich verteidigt oder angreift, verstört oder aggressiv schaut. Che Guevara ist auch da und zwei Kunstwerke wiederum von El Bocho verweisen auf aktuelle Themen wie den NSA-Skandal.

Mit der gemeinsamen Ausstellung der Raab Galerie und der Kulturfabrik Apolda hat das kleine, aber feine Atelierhaus es verdientermaßen wieder auf den Kulturkalender in Thüringen geschafft. In kürzester Entfernung lässt sich nun ein Blick auf die internationale Kunstszene werfen und die ausgewählten Werke repräsentieren die Raab Galerie in bester Weise. Nicht zuletzt, weil die Kuratoren nicht einfach eine bunte Auswahl hingestellt haben, sondern sich scheinbar einem Thema – der Ruhe – verschrieben haben. Also nichts wie hin!

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