Buchrezensionen

Besprechung im Doppelpack: Kunst und Wissenschaft im 17. Jahrhundert

Zwei neue Bände, »Mapping Spaces. Networks of Knowledge in 17th Century Landscape Painting« aus dem Hirmer Verlag und »Die Entdeckung der Ferne. Natur und Wissenschaft in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts« aus dem Wilhelm Fink Verlag, beschäftigen sich mit der Verknüpfung von Kunst und Wissenschaft in der Frühen Neuzeit. Jan Hillgärtner hat sie sich angesehen.

Der Diskurs über die Endlichkeit der menschlichen Sinneswahrnehmung ist allgegenwärtig im Geistesleben der Frühen Neuzeit. Baruch de Spinoza bringt mit seiner Erkenntnis der Fehlbarkeit der menschlichen Sinneseindrücke eine Kehrtwende in die Philopsophie und Giordano Bruno räsoniert über die Unendlichkeit des Raums, die nur mit dem Verstand zu begreifen ist. Eine schlechte Zeit für Malerei, möchte man meinen. Und doch keimt im Klima des allgemeinen Zweifels an den Sinnen eine lebendige Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen Theorien und Verfahren vor allem in den Niederlanden und Frankreich um 1600 herum auf. Ein Tagungsband und ein Ausstellungskatalog nehmen den Einfluss der Wissenschaften auf die Kunst in den Fokus und Jan Hillgärtner hat die Bücher für Portalkunstgeschichte gelesen.

Dort, wo praktisches kartografisches Wissen in Kunst ihren Niederschlag findet, ist eine Verbindung zwischen Künstler und Kartograf zu vermuten. Das thematisiert der Aufsatzband »Die Entdeckung der Ferne«. Tanja Michalsky macht in ihrem Beitrag auf die Verfahren von Pieter Brueghel d.Ä. und Philip Konincks aufmerksam. Beide Künstler gehen in ihren Landschaftsbildern aktiv mit dem kartographischen Wissen ihrer Zeitgenossen um und schaffen multiperspektivische Landschaftsansichten, die das Verständis des Raumes widerspiegeln. In der Schlachtenmalerei lassen sich Beispiele dafür finden, dass das Landschaftsbild um eine grundlegende Funktion erweitert wird. Thomas Kirchner legt in seinem Beitrag dar, wie politische Geografie und Schlachtenabbildung eine Einheit eingehen und die Bildsprache dem politischen Konzept des Absolutismus französischer Prägung in den Bildern Adam Frans van der Meulens verwirklicht wird. Jede sichtbare Grenze eines Staates, regiert von einem König von Gottes Gnaden, hätte das Staatsverstädnis des Absolutismus angezweifelt, und so finden sich in van der Meulens Gemälden lediglich die Andeutungen politischer Grenzen.

Der Ausstellungskatalog zur der 2014 im Karlsruher ZKM ausgerichteten Ausstellung »Mapping Spaces« vertieft den visuellen Eindruck. In 38 Beiträgen gehen die Autoren auf die Einflüsse calvinistischer Theologie, mathematischer Vermessung der Landschaft, der Seekriegserfahrung der Niederländer und der Produktion von Globen und Karten ein. Ein Großteil der kunsthistorischen Beiträge beschäftigt sich mit der niederländischen Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts sowie Schlacht- und Belagerungsbildern. Matthias Pfaffenbichler legt in seinem Beitrag eine kurze Geschichte der niederländischen Schlachtenmalerei als Kunst dar, die mit dem Ziel auf alle Bürger der Generalstaaten zu wirken, gemalt wurde. Walter Kalina geht auf eine Serie von Schlachtenbildern Pieter Snayers’ für Piccolomini ein, in der der Antwerpener Maler detailreich sowohl die historischen Vorgänge auf dem Schlachtfeld im Bild einfängt als auch sein Augenmerk auch auf die Gräuel der kriegerischen Auseinandersetzungen legt, ohne dabei allerdings sozialkritische Töne anzuschlagen. Gekonnt zusammengehalten wird der äußerst facettenreiche Katalog durch den starken Fokus aller Autoren auf praktische Beispiele und eine überzeugende herausgeberische Arbeit in Form von umfangreich recherchierten und knapp und präzise zusammengestellten Zusammenfassungen der einzelnen Sektionen.

Beide Bücher liefern einen guten Zugang zur niederländischen Landschaftsmalerei der Frühen Neuzeit und ihren kulturellen Einflüssen und Auswirkungen.

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