Ausstellungsbesprechungen

Bruce Nauman – Der wahre Künstler, Kunsthalle Mannheim, bis 21. August 2011

Der Zahl nach ist es eine bescheidene Ausstellung, die die Kunsthalle in Mannheim ihrem Stargast zum 70. Geburtstag eingerichtet hat – mit 20 Arbeiten wäre es schwer, eine Retrospektive zu bestreiten. Günter Baumann hat sich der Ausstellung gewidmet und ihre Vorzüge beschrieben.

Doch mit viel kuratorischem Gespür und einer großen Dialogfreude der einzelnen Arbeiten untereinander ist die Schau nicht nur stimmig, sondern in der Auswahl auch derart auf das Gesamtoeuvre hin konzipiert, dass man auf keine der vielfältigen Facetten des Werks wirklich verzichten muss: Installationen, Videos, Neonarbeiten, Plastiken, Grafiken werden jeweils exemplarisch präsentiert. Ermöglicht wurde diese dichte Inszenierung mit allerhand Schlüsselwerken durch die Zusammenarbeit mit der Friedrich Christian Flick Collection und der Nationalgalerie Berlin.

Wenn Bruce Nauman seiner Lieblingsidee folgt, die Rolle der Kunst und des Künstlers zu reflektieren, sprich: dem »wahren Künstler« auf die Schliche zu kommen, will er sich medial und ästhetisch nicht festlegen. Wie sonst nur Gerhard Richter, der innerhalb der Malerei alle Register zieht, bespielt Nauman alle Gattungen, denen er sich zugleich intensiv im Einzelnen hingeben kann und die er sprunghaft in ein anderes Medium auch wieder verlässt, um sich dort innig einzubringen. Denn oberflächlich ist seine Kunst nie, man denke an die mehrstündige Videoinstallation »Mapping the Studio I – All Action Edit (Fat Chance John Cage)«, eine 7-Kanal-Projektion aus dem Jahr 2001. Dem Titel ist der kompositorisch-musikalische Hintergrund zu entlocken: John Cage ist eine Referenz, die an die Wurzeln von Naumans Kunst erinnern, der als studierter Mathematiker an die Zwölftonmusik und nebenbei auch an sprachphilosophische Spielereien herantrat.

Die Unbedingtheit und Drastik, die ihren Gipfel in den Kopfkollisionen findet, trägt existenzialistische Spuren (namentlich Samuel Becketts), gezeichnet von der Absurdität des Daseins. Beklemmend wird die Situation da, wo der Betrachter miteinbezogen wird wie in der »Corridor Installation«, die den Ausstellungsbesucher in kafkaesker Engführung, an Stellwänden und (Überwachungs?-)Kameras entlang, zu den dahinterliegenden Räumen führt. Hat man den Parcours durchlaufen und – jeder wohl für sich – ein Bild von der Kunst als solcher gewonnen, endet die kleine, aber intensive und bewusstseinserweiternde Reise im bereits erwähnten »Mapping …«-Raum, der Naumans menschenleeres Atelier zeigt, wo sich unter mysteriösen Geräuschen Katze und Maus jagen – und man bekommt den Eindruck, dass es vielleicht sogar um das wirkliche Leben geht, kunstvoll verpackt. Wenn Joseph Beuys den erweiterten Skulpturenbegriff als soziale Plastik eingeführt hat, so hat Nauman ihn auf die Medien-/Videoinstallation und die Neonkunst weitergedacht und übertragen.

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