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Bücher zum Bauhausjubiläum

Die Gründung des Bauhauses 1919 jährt sich 2009 zum 90. Mal. Wie keine andere Lehranstalt hat das Bauhaus die Formensprache von Architektur und Design, ausgehend von seinen Heimstätten Weimar, Dessau und Berlin, geprägt. Grund genug einmal zu untersuchen, was davon heute noch übrig ist. Inwiefern begegnet uns das allseits bekannte Bauhaus-Dogma «form follows function» heute? Gibt das „überfischte“ Thema Bauhaus überhaupt noch etwas her? - Rowena Fuß hat die aktuellen Publikationen gesichtet und stellt sie in den nächsten Tagen nacheinander vor. Lesen Sie hier ihre "Einführung".

Bauhaus-Fans stellen sich bis heute Kopien des Stahlrohrsessels von Marcel Breuer ins Wohnzimmer oder eine Wagenfeld-Lampe auf den Schreibtisch, Kritiker sprechen von einer „Diktatur des Quadrats“, Wie vielfältig und widersprüchlich das Bauhaus war und ist, zeigen die Publikationen zu diesem Thema, die vielfach für den Einstieg ins Thema konzipiert wurden. Es gibt Bücher die den «Bauhaus-Streit» thematisieren oder dessen Modellcharakter. Es gibt aber auch Bücher, die weniger bekannte Informationen zum Leben am Bauhaus sowie konkrete Projekte, wie die Gestaltung der Meisterhäuser in Dessau beinhalten. Allen gemein ist, herauszustellen was für ein Kosmos aus den Lehrern und 1200 Schülern erwachsen ist.
In ihrer Publikation «Aus Weimar in alle Welt. Die Bauhausmeister und ihre Wirkung» versucht Annette Seemann eben diesem heterogenen Kosmos nachzuspüren. Neben den biografischen Daten zu Geburt, Elternhaus, Ausbildung und Stellung am Bauhaus enthalten die Kapitel auch gern Informationen darüber, dass beispielsweise Gropius im Ersten Weltkrieg in einem Husarenregiment diente, seine erste Frau Alma Mahler eine Affäre mit Franz Werfel hatte und Hannes Meyers Familie eine Architektengeneration bis in das 17. Jahrhundert nachweisen kann. Der wichtigere Abschnitt des Buches, nämlich über die weltweite Wirkung, fällt mit acht Seiten ziemlich kurz und allgemein aus. Wer sich ausführlicher über die inneren und äußeren Kontroversen hinsichtlich des Bauhauses informieren möchte, sollte «Bauhaus Streit. 1919-2009. Kontroversen und Kontrahenten», herausgegeben von Philipp Oswalt, lesen. Hier hält der Titel, was er verspricht. Auf etwa 300 Seiten werden künstlerische Extrempositionen wie etwa Theo van Doesburgs und die Johannes Ittens gegenübergestellt, Bauhauskritik von links (v.a. Theodor Adorno, Walther Benjamin und Ernst Bloch) untersucht, Fragen zur Fortführung des Bauhauses zwischen Gropius und Meyer, sowie nach 1945 durch die Hochschule für Gestaltung Ulm und als «Waffe im Kalten Krieg» diskutiert und letztendlich auf das Problem der «Marke Bauhaus» und dessen denkmalpflegerischen Umgang hingedeutet.

Der Ausstellungskatalog «Modell Bauhaus» zur gleichnamigen Ausstellung im Martin-Gropius-Bau Berlin zeigt die Vielheit der Konzepte und Inhalte am Bauhaus, die sich in den Beständen des Berliner Bauhaus-Archivs, der Stiftung Bauhaus Dessau und der Klassik Stiftung Weimar befinden. «Modell» ist dabei doppeldeutig zu verstehen: einerseits modellhaft-vorbildlich, andererseits entwerfend-vorläufig. So bildet der Ausstellungskatalog einen sinnvollen Anfang für die Beschäftigung mit dem Bauhaus und dessen Rezeption.
Interessantes und bisher wenig Bekanntes über das Leben am Bauhaus, besonders in der Weimarer Zeit, bietet der Teilband «Das Bauhaus isst» von Ute Ackermann, der sehr unterhaltsam geschrieben ist. So kann man der «Republik der Geister mit Kartoffeln und Rhabarber» «vom Mustopf zur Serie» nachfolgen. Konkreter historischer Kontext ist die Armut der Bauhausstudenten und die Lebensmittelknappheit nach dem Ersten Weltkrieg, der Gropius mit Spenden, der Errichtung einer Mensa sowie Wohnungen und der Anlage eines eigenen Gemüsegartens Herr zu werden versuchte. Zwei weitere Teilbände aus dieser Reihe von Wolfgang Thöner mit den Titeln «Das Bauhaus leuchtet» und «Das Bauhaus wohnt» untersuchen einmal die Gestaltung von Räumen und Gebäuden durch die Verwendung verschiedener Leuchtmittel und Glas, sowie die konkrete bauliche und farbliche Aufmachung der Dessauer Meisterhäuser von Gropius, Moholy-Nagy, Feininger, Muche, Schlemmer, Kandinsky und Klee.
Ein Augen- und Leseschmaus ist «Living_art: Bauhaus» von Boris Friedewald. In übersichtlichen Texten, die von Spots zu einem bestimmten Thema, Zitatenkästen und vielen Bildern unterbrochen werden, wird dem Leser ein kompakter Überblick über verschiedene Aspekte des Bauhauses sowie historische Daten zur Entstehung und Credo, Leben und Feste, Liebe und Bauhaus heute gegeben. — Ein idealer Anfang für Schüler, um sich dem Thema zu nähern.

Ein weiteres interessantes Buch für fortgeschrittene Bauhaus-Kenner ist «Mythos Bauhaus», herausgegeben von Anja Baumhoff und Magdalena Droste. Hierin wurden die Ergebnisse der Konferenz «Die Bauhaus-Moderne und ihre Mythen», die 2007 im Zentrum für Interdisziplinäre Forschung der Universität Bielefeld stattfand, festgehalten. So müssen Bauhaus-Etiketten wie Fortschrittlichkeit, Rationalität, Gleichheit der Geschlechter, konkurrenzlose Kooperation, Resistenz gegen den Nationalsozialismus und eine internationale Rezeption als Teil der modernen Mythenbildung relativiert werden. Schließlich bietet «Bauhaus Zwanzig – 21. Ideen für ein neues Jahrhundert» von Gordon Watkinson einen Vergleich der ikonischen Bauhaus-Bauten mit aktuellen typologisch ähnlichen Bauten wie z.B. die Arbeiterkammer in Reutte von Hanno Vogl-Fernheim (Vorbild: Arbeitsamt Dessau von Gropius).

Die Antwort auf die Frage, warum das Bauhaus letztlich so erfolgreich war und noch 90 Jahre nach seiner Gründung Architekten, Designer, Kunsthistoriker und Laien auf Trab hält, sieht Philipp Oswalt in seinem Essay im Katalog zu «Modell Bauhaus» darin, dass das Bauhaus eine maximale Verdichtung der zuvor getrennten künstlerischen Disziplinen in gemeinsamen Projekten darstellte. Es war mehr Experiment als Ideologie und die Ausrichtung des Designs auf den Zweck oder den Gebrauch des Gegenstandes eröffnete ein äußerst ergiebiges Feld zur Verbesserung des alltäglichen Lebens. — Ein Feld, das selbst heute noch nicht abgeerntet zu sein scheint.

Terminvorschau der einzelnen Rezensionen

  • 25.09.2009 Modell Bauhaus. Ausstellungskatalog zur Ausstellung im Martin-Gropius-Bau. hrsg. v. Bauhaus -Archiv Berlin/Klassik Stiftung Weimar/ Stiftung Bauhaus Dessau. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2009
  •  28.09.2009 Philipp Oswalt (Hg.): Bauhaus Streit. 1919-2009. Kontroversen und Kontrahenten, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2009
  • 30.09.2009 Gordon Wathkinson: Bauhaus Zwanzig-21. Ideen für ein neues Jahrhundert. Birkhäuser Verlag, Basel/ Boston/ Berlin 2009.
  • 2.10.2009 Annette Seemann: Aus Weimar in alle Welt. Die Bauhausmeister und ihre Wirkung. E.A.Seemann Verlag, Leipzig 2009
  • 5.10.2009 Boris Friedwald: Bauhaus, Prestel Verlag, München/Berlin/London/New York 2009
  • 7.10.2009 Anja Baumhoff/ Magdalena Droste (Hg.): Mythos Bauhaus. Zwischen Selbsterfindung und Enthistorisierung, Reimer Verlag, Berlin 2009
  • 9.10.2009 Wolfgang Thöner/ Ute Ackermann: Das Bauhaus wohnt. Das Bauhaus isst. Das Bauhaus leuchtet, 3 Bände. E.A.Seemann Verlag, Leipzig 2009

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