Ausstellungsbesprechungen

Corinne Wasmuht - Supraflux, Kunsthalle zu Kiel, bis 9. Juni 2014

Am 3. Juni 2014 wird die Malerin Corinne Wasmuht (*1964) in Berlin den Käthe-Kollwitz-Preis für ihre eindrucksvollen und äußerst sehenswerten Raumbilder erhalten. Die Kunsthalle zu Kiel zeigt nun eine Auswahl der mehrschichtigen Ölgemälde, die Gegenständliches und Abstraktes motivisch vereinen und eine außergewöhnlich hohe Farbbrillanz besitzen. Freya Leonore Niebuhr hat sich die Gemälde der zukünftigen Preisträgerin angesehen.

Die bereits mit zahlreichen Kunstpreisen ausgezeichnete und in Berlin lebende Malerin Corinne Wasmuht gilt gegenwärtig als eine der wichtigsten deutschen Künstlerinnen. Wasmuht wuchs in Südamerika auf und studierte an der Kunstakademie Düsseldorf. Derzeit lehrt sie als Professorin an der Kunstakademie Karlsruhe. Die Kunsthalle zu Kiel zeigt aktuell ausgewählte Ölgemälde und kleinformatige Papiercollagen der gebürtigen Dortmunderin, die im Zeitraum von 1989 bis heute entstanden sind.

Wasmuhts frühe, im Rahmen von Supraflux ausgestellten Gemälde, besitzen eine mikroskopische Anmutung. So visualisieren sie z.B. den Aufbau von Räumen oder des menschlichen Haars. Ihre jüngeren Werke hingegen sind nahezu das ganze Wandformat ausfüllende, minutiös ausgearbeitete Ölgemälde von hoher Farbbrillanz und Perspektivenreichtum. Die frühen als auch die jüngsten Werke Wasmuhts zeigen gleichermaßen ihr großes Interesse an Strukturen und Schichten auf.

Ihre äußerst farbintensiven Ölgemälde erreichen eine Höhe von nahezu vier Metern und sind hauptsächlich auf Holz gemalt. Der künstlerische Schaffensprozess, der den Gemälden zu Grunde liegt, nimmt viel Zeit in Anspruch und ist strategisch. Als Vorlage und Inspiration für ihre weit angelegten Gemälde, die von leichten Pastell- bis hin zu knalligen Neontönen nahezu jede Farbe beinhalten, dienen der Künstlerin eigens angefertigte Fotografien. Bevor letztendlich die Übertragung der Motive auf Holz erfolgt, fertigt Wasmuht erste Entwürfe an. Diese Arbeitsweise erinnert unweigerlich an die Alten Meister, die ebenfalls mit Entwürfen arbeiteten, bevor sie ihre Ölgemälde schließlich auf den endgültigen Bildträger übertrugen. Wasmuht arbeitet mit der Lasurtechnik und malt von hell nach dunkel. Die Bilder erwachsen zunächst Schritt für Schritt aus mehrfach übereinander gelegten und teils miteinander verblendeten Farbschichten. Da diese kleinschrittige Arbeitsweise nicht zuletzt durch die Trocknungsphasen sehr zeitaufwendig ist, schafft die Künstlerin es nicht immer, mehrere Arbeiten pro Jahr zu vollenden.

Mehrfach gibt es in Wasmuhts Ölgemälden Gegenständliches zu entdecken. So sind stehende oder sich bewegende Menschen, Autos oder Gebäudefassaden wiederkehrende Bestandteile ihres Motivrepertoires. Auch finden sich vereinzelt Ansichten von Flughafeninnenräumen, von Wartehallen und von Gepäckbändern. Urbane Szenen werden motivisch mit bis hin zur Abstraktion aufgelösten Elementen kombiniert. Kleinformatige Fragmente in intensiven Farben, die Punkten und Strichen ähneln, erinnern an eine Farbexplosion und tauchen immer wieder gruppiert oder vereinzelt auf dem Bildträger auf. Sie stehen in Kontrast zu den gegenständlichen Elementen im Bild. So sind z.B. laufende Passanten neben kleinen, geradezu organisch wirkenden Formen angeordnet. Mancher Bildgegenstand ist lediglich schemenhaft angedeutet, wirkt daher unvollendet aber weckt dennoch die Assoziationen des Betrachters.

Charakteristisch für Wasmuhts Bilder ist neben der Übereinanderlagerung von Farbschichten und Motiven der zwanglose Umgang mit Perspektive. Mitunter erscheint dieser fern aller Konventionen: Zwar ist ein Großteil der Gegenstände perspektivisch richtig dargestellt, doch finden sich im Bild auch Gegenstände, die entgegen dieser Perspektive angeordnet sind. Wasmuhts Bilder gewinnen durch diese sich überschneidenden und teils umgekehrten Blickperspektiven an Lebendigkeit, Abwechslung und Schnelligkeit. Dem Betrachter bieten sich folglich verschiedene Blickrichtungen gleichzeitig an, aus denen das verschachtelte Bild visuell erschlossen werden kann. Auf Grund dieser ungewohnten Bildkomposition, der Bildgröße und der außergewöhnlichen Farbgebung erzielen die Ölgemälde eine enorme Raumwirkung, die es sich bei einem Besuch der Ausstellung zu erleben lohnt.

Neben den Ölgemälden sind zudem ausgewählte Papiercollagen der Künstlerin ausgestellt, die ebenfalls ihr Interesse an Strukturen und Schichten visualisieren. Als Material für diese Arbeiten dienen der Malerin Fundstücke aus ihrem persönlichen Bildarchiv. Seit den späten 1980er Jahren sammelt Wasmuht Ausschnitte und Überbleibsel von Printprodukten. In ihren Collagen versucht sie ausgewählte Bestandteile dieses Bildarchivs zu ordnen und zu verwalten. So zählen Fragmente aus Zeitungen und Magazinen, Etiketten sowie Reste von Verpackungsmaterial zu den von ihr genutzten Drucksachen. Geordnet nach Oberthemen wie z.B. Wasser, Wolken, Schmuck oder Architektur stellt die Künstlerin ihre gesammelten Fundstücke in den Collagen thematisch oder motivisch neu zusammen. Auch ernstere Angelegenheiten wie z.B. Gewalt thematisiert sie in ihren flächigen Papierarbeiten.

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