Ausstellungsbesprechungen

Das ABC der Bilder

Das Wissenschaftsjahr 2007 rückt die Geisteswissenschaften als »ABC der Menschheit« in den Mittelpunkt. Aus diesem Anlass präsentieren die Staatlichen Museen zu Berlin in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität die Ausstellung »Das abc der Bilder«.

Kernanliegen der Schau sind die vielfältigen Korrelationen von Sprache und Schrift zum Bildwerk. Sie beleuchtet die seit Jahrtausenden vorhandene Koexistenz der verschiedenen Zeichensysteme innerhalb eines Kunstwerks und  untersucht die Qualität ihrer Symbiose. Von Hieroglyphen über mittelalterliche Holzschnitte bis hin zur Videokunst werden die vielfältigen Bezüge von Wort und Bild anhand unterschiedlicher Aspekte verdeutlicht. So widmen sich die verschiedenen Ausstellungsbereiche beispielsweise der Kalligraphie, den versteckten Botschaften in Bildern sowie den Codierungsmöglichkeiten, die sich aus den Kombinationen von Text und Bild ergeben können.


Am Beginn der Ausstellung steht Paul Klees »Ouvertüre«. Darin rahmen die an den ersten und letzten Buchstaben des griechischen Alphabets erinnernden Lettern A und O farbige Flächen, die als Bildelement stellvertretend für alle Bildwelten verstanden werden können. Die Umklammerung von Form und Farbe mit diesen beiden Zeichen verdeutlicht die gegenseitige Durchdringung der für sich genommen unzulänglichen Systeme Bild und Sprache. In den folgenden Werken, die jeweils aus Verbindungen von Bild und Schrift bestehen, wird gezeigt, wie sich diese  Systeme in einem Kunstwerk jeweils ergänzen und dadurch eine vollkommenere Beschreibungsmöglichkeit schaffen. Als Beispiel seien hier die populären Bilder Roy Lichtensteins, der mit »Knock, Knock« vertreten ist genannt. Sie verbinden die Narrativität kurzer Texte mit dem bildlichen Eindruck großformatiger Comicbilder.

 

Die Kunstwerke — u.a. von Picasso, Grosz, John Cage und Dürer — welche die verschiedenen Beziehungen von Worten und Bildern verdeutlichen, stehen dabei kalligrafischen Mustertafeln, Klebealben und wissenschaftlichen Protokolleinträgen gegenüber. So sind neben Meisterwerken wie Dürers »Ehrenpforte für Kaiser Maximilian I.« auch Kuriositäten und Phantastereien zu sehen. Der Ausflug führt über französische Bilderrätsel des 17. Jahrhunderts bis hin zur Pop Art, zu plakativen Werbetafeln und japanischen Mangas.

 

Diese Werkfülle zeigt eine große Bandbreite an Verbindungsmöglichkeiten zwischen Bild und Text auf, so dass man sich schnell viele absente Werke vergegenwärtigt, durch welche die Ausstellung weiter ergänzt werden könnte. Darin ist jedoch weniger eine Unvollständigkeit zu sehen, als vielmehr die überraschende und eher unbewusste Vertrautheit mit der Materie. Ein Grund mehr, sich eine Übersicht dieses anscheinend geläufigen Themas zu verschaffen.

 

Inhaltlich bleiben jedoch einige interessante Felder unberührt. Gerade die künstlerische Auseinandersetzung mit Schrift — hier in erster Linie durch Kalligrafie vertreten — ist unzureichend. Die Betrachtung der Herkunft heutiger Schriftzeichen von Bildern und Symbolen unterbleibt ebenso wie ein Einblick in die Typografie. Auch die Street Art mit ihrer Konzentration auf die Abstraktion von Schriftzeichen bleibt außen vor. Antoine Bardou-Jacquets Video »Child« würde die Ausstellung krönen. Die darin auf die Spitze getriebene Verflechtung von Text und Objekt lässt sich jedoch — nach dem insgesamt erfreulichen Ausstellungsbesuch — im Internet bewundern.

 

 

 

Öffnungszeiten

Freitag – Mittwoch 10 - 18 Uhr

Donnerstag 10 - 22 Uhr (ab 18 Uhr freier Eintritt)

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