Ausstellungsbesprechungen

Die Art Cologne 2016 – ein Rückblick

Dieses Jahr beging die Art Cologne, ihres Zeichens die älteste Kunstmesse der Welt, ihr 50-jähriges Jubiläum. Das ist bei Weitem kein Grund zur Müdigkeit und auch 2016 ließen sich hier Größen wie Heinz Mack in Mengen entdecken, aber auch neue Positionen bot die Messe. Günter Baumann zieht sein Fazit.

Die Art Cologne, die vom 13. bis 17. April ihre Pforten geöffnet hatte, zeigte zum 50-jährigen Bestehen, dass diese älteste und für Deutschland sicher eine der wichtigsten Kunstmessen das Zeug hat, noch einige Jahre draufzulegen: Verglichen mit den vergangenen Frühjahrsmessen am Rhein und mehr noch mit dem Herbstpendant Cologne Fine Art, vermochte die Halbjahrhundert-Jubiläumsschau auf drei Etagen viele Register einer gehobenen Vielfalt zu ziehen, die Spaß machte und ansteckend wirkte. So machten Besucher wie Händler zufriedene Gesichter, und sei es die zum bösen Spiel einer grassierenden Lethargie auf dem Kunstmarkt. Heinz Mack, der diesjährige Spitzenreiter an den Ständen mit rund zehn Anlaufstellen (Beck & Eggerling, Ben Brown, Heinz Holtmann, Koch, Maulberger, Perrotin, Samuelis Baumgarte, Schlichtenmaier, Axel Vervoordt), ging selbst mit grandiosen Arbeiten nicht so gut an wie erwartet, und Gerhard Richter scheint auf dem Markt eine Verschnaufpause eingelegt zu haben, obwohl er in acht Galerien gezeigt wurde.

Am schnellsten konnte man – leider, möchte man meinen – in der obersten Etage bei den sogenannten New Contemporaries und Collaborations, das heißt bei den noch nicht so arrivierten Künstlern, seinen Rundgang bestreiten. Es scheint eine gewisse Ratlosigkeit zu herrschen bei den jungen Zeitgenossen. Und doch fanden sich interessante Positionen, wenn man sich in der unruhig wirkenden Halle umgesehen hatte, was immer damit einhergeht, dass man das eine oder andere übersieht. Innovativ waren Artun Alaska Arasli und James Beckett in der Galerie Markus Lüttgen, die beide emotionale, symbolisch-vielschichtige Installationen mit scheinbar einfachen Mitteln schaffen. Auffallend immerhin sind die starkfarbigen, plakativ wirkenden Ölgemälde von Grace Weaver, die Soy Capitán am Stand zeigte. Dass die Zeichnung nach wie vor wunderbare Akzente zu setzen weiß, war bei Lullin + Ferrari zu sehen, so man herrliche Farbstift- und Kreidezeichnungen von Slawomir Elsner, meist mit kunsthistorischen Bezügen, präsentierte. Den Art Cologne Award for New Positions 2016 erhielt der Künstler Gerrit Frohne-Brinkmann.

Überschaubarer in der Hallenarchitektur war zwar die mittlere Halle, doch konnte man hier bei all den sehenswerten Arbeiten kaum mehr den inhaltlichen Überblick halten. Herausragend schon an Größe war das »Hotel Panorama« von FORT, das den Stand von Sies + Höke dominierte, aber auch Kris Martin fiel hier auf. Den schönsten Stand, mit Parkettboden ausgelegt, bot Ropac, der auch noch mit sensationellen Rauschenberg-Arbeiten punktete. Von den deutschen »VIPs« konnte man Ulrich Rückriem gleich bei zwei Galerien (Löhrl, Koenig + Clinton) sehen, wobei man dessen verschlossenen Stil schon kennen muss – ihn auf einer so lebhaften Messe neu zu entdecken, würde sicher schwer fallen. Ben Willikens, der sich im vergangenen Jahr mit einer spektakulären Deckenmalerei im Museum für Gegenwartskunst in Leipzig – dem »Leipziger Firmament« – wieder als wichtiger Künstler erwies, der neben Baselitz und Lüpertz immer noch viel zu wenig Beachtung findet, war ebenso vertreten. Sein Polyptichon bei Hans Meyer, mit einer Serie von Zimmerfluren, die in einem zigfach abgestuften Grau jeglicher Buntheit eine Abfuhr erteilt, ist ein ästhetisches Vergnügen sondergleichen. Sollte man noch eine Liste bleibender Eindrücke erstellen, könnte sie so aussehen: Sara Sizer (Cosar HMT), Tobias Hantmann (Bernd Kugler), als Dreigestirn Frank Ahlgrimm, Anne-Lise Corte, Josephine Meckseper (Hauff), Thomas Arnolds (Hammelehle und Ahrens), Michael Simpson (Risley), Peter Krauskopf (Hempel), Rosemarie Trockel (Sprüth Magers), Nelio Sonego (A Arte Invernizzi) sowie Rosemary Laing und Herman de Vries (Conrads).

Der in Deutschland lebende Herman de Vries fand sich auch in der Halle 1 bei Hoffmann, die nicht nur Klassische Moderne, sondern auch mit zunehmender Tendenz Zeitgenossen vorstellt. Im Umfeld seines minimalistisch-konkreten Schwerpunkts präsentierte sich die Galerie Valentien selbstbewusst mit zahlreichen Werken von Otto Dix, während bei Schlichtenmaier nicht nur dem als deutschem Vertreter der Pop Art wiederentdeckten Winfred Gaul gehuldigt und mit Luzia Simons einer der Höhepunkte der Messe gezeigt wurde – misst man das etwa bei den gleichermaßen zielgerichteten wie spontanen Besuchern in dieser ins Monumentale gehenden Blumenoase. Der Art-Cologne-Preisträger Thomas, Galerist aus München, fiel schon allein durch seine spezielle Standarchitektur auf: Wie in einem beleuchteten Vitrinenband um den ganzen Stand herum, über und unter dem sich ein kleidsames Schwarzes zeigte, das die Dramaturgie noch deutlicher machte. Zum Messejubiläum kam auch das Jubiläum dieser Galerie, die seit der ersten Stunde mit von der Partie ist – rund 80 hochkarätige und kleinformatige Arbeiten schlängelten sich hier parademäßig am Stand entlang. Hier könnte man schließen, um der Gefahr zu erliegen, allzu viele Namen aufzuzählen. Denn unbestritten konnte der Messebesucher in dieser Halle wichtigen Galerien nachspüren, die für die Tradition und den guten Ruf der Kölner Messe stehen: neben den genannten sind dies Maulberger, Utermann, von Vertes, Ludorff und andere mehr.

Kurzum: Die Galerien sind offenbar präpariert für den Fortgang der besten aller Kölner Kunstmessen. Glaubt man den Wirtschaftskundigen, ist auch genügend Kapital da, gute hochwertige Kunst zu kaufen. Und tatsächlich: Bei Eigen + Art, der (!) Galerie der Leipziger Schule – die allerdings außer einem traumhaft schönen Mittelformat von Tim Eitel und etlichen sehr guten Arbeiten von David Schnell etwas in die Fantasy abdriftete – verkaufte man ein Werk von Schnell für 140.000 Euro sowie hochpreisige Arbeiten von Stella Hamberg und Martin Eder. Johannes Faber konnte eine Fotografie von Frank Horvat für 75.000 Euro unter die Leute bringen. Die Galerie König verkaufte eine Spiegelskulptur der höchst bedeutenden Künstlerin Alicia Kwade für 80.000 Euro. Ein Aquarell von Paul Klee war einem Sammler 270.000 Euro bei Remmert und Barth wert. Dem stand ein »Kopf« von Alexej von Jawlensky für 220.000 Euro bei Thomas nicht nach. Die erzielten 100.000 Euro für Fritz Winter bei Utermann und noch einmal so viel für zwei Arbeiten von Fred Thieler bei Schlichtenmaier zeigen, dass die Sammler doch ein sicheres Auge für etablierte Namen haben. Da bleibt nur zu hoffen, dass die Messegesellschaft in Köln durchhält – es wird gemunkelt, dass sie in finanziellen Nöten sei. Für einen Messestandort wie Köln wäre ein Kollaps jedoch kaum vorstellbar.

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