Ausstellungsbesprechungen

Does city/Münster matter? Zum Verhältnis von Bild und Stadt, Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst, Münster, bis 24. Februar 2011

Wie gehen zeitgenössische Künstler mit dem Motiv Stadt um? Welche Anregungen können sie für die Zukunft städtischen Raums geben? Diesen Fragen geht das Projekt »Does city matter?« in Münster nach. Cornelia Lütkemeier hat die Schau in der Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst besucht.

Die heutige Stadt macht sich bildende Kunst auf vielerlei Weise zunutze: Kunst am Bau oder im öffentlichen Raum dient als Prestigeobjekt, mindestens aber zur Verschönerung des öffentlichen Bildes. Biennalen und Ausstellungen locken Besucher und Kapital.

Wie aber sehen Künstler ihr urbanes Umfeld, was für Potenziale sehen sie? Welchen Bild gebenden Einfluss übt Kunst auf die Stadt und deren Gestaltung aus? Unter dieser Fragestellung hat Kurator Marcus Lütkemeyer Arbeiten von zehn Künstlern aus Europa und den USA ausgewählt, die bis zum 21. Februar 2011 in der Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst in Münster präsentiert werden.

Die Werke sind vielseitig: Assoziationen an das alttestamentarische Babel weckt die mannshohe Skulptur der in New York lebenden Künstlerin Diana Al-Hadid. Auf dem Grundriss eines Kreises erhebt sich ein labyrinthisches System aus Arkaden, Waben und Fialen, das stellenweise wie ein Kartenhaus anmutet, teilweise an ein Skelett denken lässt. Ruhig hingegen wirkt das Gemälde »Hillstreet« des Antwerpeners Koen van den Broek, das im Stil einer luftigen Aquarellskizze eine menschenleere graue Straße unter einer mächtigen Betonbrücke zeigt. Der Stil des Bildes, der an Freiluftmalerei im Grünen denken lässt, bricht mit dem Motiv, das an Fotografien von Andreas Gursky erinnert.

Feingliedrige Mosaike bilden die kleinformatigen Bilder des 36-jährigen Glasgowers Toby Paterson aus den mit monotonen Fensterreihen bewehrten, grauen Klötzen europäischer Nachkriegsarchitektur. Der 2009 verstorbene New Yorker Filmkünstler Klaus Lutz ist mit dem 16mm-Film »Titan« vertreten, einer großstädtisch-hektischen Collage aus mehrfach übereinander geblendeten Zeichnungen und Filmaufnahmen.

Einen direkten Bezug zu Münster haben die Arbeiten trotz des Ausstellungstitels »Does City/Münster matter?« nicht. Ein umfangreiches Begleitprogramm soll diese Lücke schließen: An insgesamt sechs Abenden finden bis Februar so genannte »Denkräume« statt, an denen über Themen wie „Landschaft“, „Siedlung“ und „Transformation“ diskutiert werden soll. Für den kommenden März ist ein Symposium mit dem Arbeitstitel »Die kreative Stadt?« geplant.

Wer will, kann den Text des Programmblattes auch als Seitenhieb auf die berühmten Münsteraner Skulpturprojekte lesen: »Anstelle Künstler erneut zu bitten, auf einen bereits überzeichneten Außenraum zu reagieren, geht das Projekt von bestehenden Arbeiten aus, (…) fern funktionaler Vorgaben und Kompromisse (…)«.

In der strikten Trennung zwischen ‚guter, gänzlich zweckfreier Kunst‘ und ‚schlechtem, vom Zweck vereinnahmten Design‘ zeigt sich leider auch die intellektuelle Schwäche der Ausstellung: Ein solch schwarz-weißes Denkkonzept funktioniert schon deshalb nicht, weil man großen Stadtplanern wie Valadier und berühmten Bildhauern und Architekten wie Bernini oder Borromini einen Großteil ihrer künstlerischen Leistung aberkennen müsste. Auch die Gestaltung einer barocken Kirche oder Brunnenanlage unterlag letztlich funktionalen Vorgaben.

Fazit: Für den Münster-Besucher ist die kostenlose Ausstellung allein wegen Diana Al-Hadids Skulptur einen Blick wert. Wer mehr über die einzelnen Künstler erfahren will, sollte eine Führung mitmachen – die begleitende Broschüre bietet leider nur Phrasen: »Denn mag das komplexe Gefüge als labyrinthisches Exoskelett morbide an einen vergangenen Organismus gemahnen, bleibt es doch das ruinenhafte Sediment einer sinnbildlichen Hybris, die allein auf hypothetischen Strukturen beruht«. (Marcus Lütkemeyer über Diana Al-Hadid)

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