Tagungen

eikones Summer School 2017

Die diesjährige eikones Summer School widmet sich dem Thema »Bild und Freiheit«. Sie ist interdisziplinär ausgerichtet und untersucht das Phänomen der künstlerischen und politischen Freiheit nicht wie üblich getrennt voneinander, sondern in Bezug. Bewerbungsschluss: 5. Juni 2017

Freiheit kann in Bildern zum Thema werden oder sich in Bildpraktiken manifestieren. Stehen Bild und Freiheit ausserdem in einer inneren Beziehung? Behindern oder ermöglichen sie einander?

Philosophischer Bildkritik als Metaphern- und Ideologiekritik ist es herkömmlicherweise um das Freiheitspotential diskursiver Erkenntnis und wohlinformierten Handelns zu tun. Mit ihr korrespondiert ein individualistischer Liberalismus, für den die/der Andere nur als Grenze meiner Freiheit in Betracht kommt. Nach stoisch-intellektualistischer Auffassung vermag das Subjekt von dem, wodurch es in der Welt bedingt und eingeschränkt wird, zurückzutreten und sich aus diesem Abstand ungebunden dazu zu verhalten.

Wie ist eine solche Freiheit angesichts eines geschlossenen Kausalzusammenhangs überhaupt möglich? Ist unser Bild von uns selbst, demzufolge wir aus freiem Willen in der Welt kausal wirksam sind, blosser Schein? Kants Antwort, dass eine als Autonomie aufgefasste Freiheit, die uns in den Raum praktischer Normen versetzt, dem Determinismus der Natur entgehe, befreit uns von dieser Frage um den Preis, uns ein letztlich ikonoklastisches Selbstverständnis nahezulegen.

Die Kritik am Ikonoklasmus der kantischen Autonomiekonzeption ist der Einsatzpunkt einer ästhetischen Erweiterung des Freiheitsbegriffs. Die Individuen müssen sich mit Anderen nicht mehr unter Freiheitsgesetzen vereinigen, weil sie sich in einer expressiven Freiheit gegenübertreten, in der sie einander in geselliger Weise Raum lassen. Freiheit lässt sich interaktiv vom Spiel her verstehen und in dessen künstlerischer Darstellung scheint Notwendigkeit zu verschwinden.

Eine Funktionalisierung des Ästhetischen für gesellschaftliche und politische Freiheit unterschätzt allerdings deren metaphysische Probleme. Wenn Freiheit vom adäquaten Bewusstsein der Freiheit abhängt – dies war Hegels Einspruch – dann sollten wir Kunstwerke als Bewusstseinsformen verstehen, die die Institutionalisierung von Freiheit ermöglichen, insofern sie darüber hinausführen. Kunst (wie Religion und Philosophie) bringt uns zur alltäglichen und geschichtlichen Praxis selbst in ein freies Verhältnis, weil sie ein nicht zweckhaftes Handeln modelliert und dazu einlädt.

Die Philosophie des 20. Jahrhunderts führt konstitutive semantische und phänomenologische Unterscheidungen ein, denen zufolge das Bild gleichsam amphibisch einer Doppelung von Bildträger und Bildobjekt, von Anwesenheit und Abwesenheit untersteht. Anthropologisch lässt sich diese ikonische Differenz als Freiheitsmerkmal lesen. In welchem Verhältnis steht aber ein solcher anthropologisch gefasster Freiheitsspielraum zu den Herausforderungen politischer Extremerfahrungen und Traumatisierungen und angesichts der Fortschritte in der Erklärung wissenschaftlicher Kausalzusammenhänge? Ist ein solcher Freiheitsbegriff diesen Herausforderungen gewachsen? Haben die Versuche, sich hier neu zu orientieren, Rückwirkungen auf die Bildtheorie?

In der Diskussion zwischen Jean-Paul Sartre und Maurice Merleau-Ponty stehen sich gegenüber einerseits eine begrifflich konsequent herauspräparierte Freiheit, die sich auf keine Weise naturalistisch reduzieren lässt und auf der anderen Seite die Freiheit in leiblich vorstrukturierten Impulsen, zu der es wesentlich gehört, sich in konkreten Situationen motivieren zu lassen. Beide Philosophen haben wichtige Beiträge zur phänomenologischen Bildtheorie geleistet und die Summerschool wird der Frage nachgehen, ob dabei Differenzen in der Freiheitsauffassung Unterschiede im Blick auf Bilder motivieren oder erklären.

Die ersten drei Tage des Kurses sind der Lektüre und Diskussion philosophischer Texte gewidmet, einschlägige kunsthistorische Diskussionen werden einbezogen. Es folgt eine zweitägige Tagung zu historischen und aktuellen Aspekten des Themas (https://eikones.ch/veranstaltungen). Die Kurssprache ist Deutsch, passive Deutsch- und Englischkenntnisse werden vorausgesetzt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bereiten alle Texte vor, sie beteiligen sich aktiv an den Diskussionen und übernehmen jeweils die (Ko-) Leitung einer Sitzung, zu der sie ein Kurzreferat oder einen Kommentar beitragen.

Die Bewerberinnen und Bewerber werden gebeten, in einem Motivationsschreiben (Umfang ca. 350 Wörter) ihr Interesse deutlich zu machen und darin die Anbindungen ihrer eigenen Forschungsarbeiten an das Thema des Kurses zu erläutern. Bewerbungen von Studierenden im Master- und Doktoratsstudium aus allen thematisch relevanten Fachbereichen sind willkommen. Der Bewerbung bitten wir einen tabellarischen Lebenslauf beizulegen. Ein genauer Plan der Veranstaltung und die ausgewählten Texte werden nach Ablauf des Auswahlverfahrens zur Verfügung gestellt. eikones übernimmt die Kosten für Unterkunft und Mittagsverpflegung.

Bitte senden Sie Ihre Unterlagen per Email (ein PDF-Dokument, max. 10 MB) bis spätestens 5.6.2017 an eikones@unibas.ch

Leitung: Brigitte Hilmer. Mit Inputs von Malika Maskarinec und Ralph Ubl

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