Buchrezensionen, Rezensionen

Gert Mattenklott: Reisen über Kontinente der Kunstwissenschaften, hrsg. v. Dino Heicker, Parthas 2010

Die niemals unpolitische, immer mitreißende Art, Literatur, Kunst und Leben miteinander in Beziehung zu bringen, macht die Lektüre von Texten des Kunstphilisophen Gert Mattenklott bis heute zu einem Erlebnis. Elena Korowin hat eine Auswahl an Essays über die Kunst um 1900 gelesen.

Mit diesem kleinen Büchlein begibt man sich nicht auf eine Weltreise, sondern durchforstet gründlich einen geheimnisvollen Kontinent. Gert Mattenklott, der Berliner Literaturwissenschaftler, Komparatist, Kunstphilosoph, Kritiker, Sammler, Essayist, Schriftsteller und Hochschulpolitiker, der bereits mit 27 Jahren an der Yale University habilitierte, schrieb immer wieder und mit großer Leidenschaft Aufsätze über Kunst und Kultur, über Pflanzen und Gärten. Im vorliegenden Band, der von Dino Heicker zusammengestellt wurde, bekommt man Einblick in die komplexen Gedankengänge des glänzenden Analytikers Mattenklott. Die Themen sind scheinbar unterschiedlich und dennoch verflechten sie sich in diesem Buch zu einem homogenen Gefüge. Die verführerische Haarpracht von Klimts Frauenakten wird zum Sinnbild des Jugendstils, in dem Pflanzenformen, Ornament und Erotik zusammen kommen. Aus dem Dunkeln der schwarzen Phase Redons taucht man auf in die religiöse, kultische Welt des Fidus (Hugo Reinhold Karl Johann Höppener), die nicht minder düster und verwegen war als die des französischen Symbolisten. Die Fotografien von Karl Bloßfeldt und die Gärten um 1900 führen den Reisenden wieder an den Punkt, an dem seine Odyssee begann.

Der Autor bringt uns die Hoffnungen und Träume der Generation des Fin de Siècle näher, die in der ewigen Jugend, der Schönheit der Sonne und des menschlichen Körpers schwelgte. Mattenklotts Formulierungen scheinen diese Bewegung völlig in sich aufzunehmen, sie zu liebkosen. Die traurigen Helden vom Anfang des 20. Jahrhunderts scheinen heute so weit von uns weg zu sein. Ihre Überzeugungen und ihre Kämpfe sind längst verloren, aber der Autor schafft es, sie treffend zu psychologisieren und sich ihnen in kleinen Schritten zu nähern. Er teilt mit ihnen die Vorliebe für Pflanzen und Ornamente, für starken dekorativen und amorphen Ausdruck. Mattenklotts Analysen sind ein Leseerlebnis für die Liebhaber schöner Formulierungen und müßiger Schwelgerei. Eine formvollendete und lesenswerte Komposition nicht nur für die Verehrer des Jugendstils, sondern auch für Befürworter der makellosen akademischen Sprache und inspirierender Gedankengebäude.

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