Ausstellungsbesprechungen

Hommage an E.W.K., Meisterwerke von Alberto Giovanni & Diego Giacometti

Ein außergewöhnlicher Sammler ist dieser Eberhard W. Kornfeld schon; denn selten war die Wechselbeziehung zwischen Kunstförderung und Kunstschaffen so deutlich wie bei ihm. Und Bern hat sich aufgemacht, »E.W.K.« in verschiedenen Kapiteln zu ehren – man denke auch an die Präsentation von Paul Klees Druckgrafik »E.W. Kornfeld zum 80. Geburtstag«.

Nun entfaltet sich vor den Augen der Betrachter der Giacometti-Clan, nicht als Aneinanderreihung bedeutsamer Bilder, sondern als gelebte Sammelleidenschaft, die keineswegs im Kaufrausch marktbewusster Kunstmanager aufgeht; vielmehr bringt sich Kornfeld spürbar in »seine« Giacomettis ein.

 

Die Ausstellung lässt eine Freundschaft Revue passieren, ohne den Werken auch nur den Hauch von privater Geschmäcklerei im Sammlergegenstand zu zeigen. Als 1948 Alberto Giacometti (1901–1966) völlig erfolglos in Bern ausstellt, konnte niemand erkennen, dass hier einer der bedeutendsten Bildhauer des 20. Jahrhunderts seine öffentliche Taufe absolvierte – auch Kornfeld nicht (es ist bezeichnend, dass er unumwunden bekennt, nicht hellsichtiger gewesen zu sein als andere). Ab 1952 besuchte Kornfeld den Künstler regelmäßig in Paris und gewann dessen Vertrauen – und spätestens seit 1956 seine Freundschaft.

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Wer durch die Ausstellung schlendert, sollte das hinreißende Interview unterm Arm halten, das den schönen Katalog ziert. So können wir uns den Plastiker imaginieren, wie er seinen Bruder Diego anweist, ihnen die letzte Form zu geben, Diego, der im Schatten des großen Bruders selbst zum respektablen Künstler und Möbeldesigner wird, der die Rolle des Faktotums liebevoll, ohne Neid ausfüllt. Kornfeld wird Zeuge der erstaunlichen Mutterbindung, als er Alberto nach Stampa ins heimische Bergell begleitet. Er wird auch Zeuge, wie Giacometti um das Motiv – Stilleben, Porträts, Interieurs – ringt, zum Schrecken des Kunstfreunds ganze Passagen in vollendeten Zeichnungen ausradiert, um dann doch gerade dadurch geheimnisvolle Grauwerte zu erzielen, die man nicht gekonnter hätte setzen können.

 

Des Meisters Kosmos ist grau. »›Malen Sie mit Farbe!‹ raten mir meine Kollegen ... Wenn ich alles in Grau sehe, in diesem Grau alle Farben, die ich erlebe und also wiedergeben möchte, warum soll ich dann eine andere Farbe verwenden?« Giacometti zwingt sich zur farbigen Palette. »Aber im Verlauf der Arbeit habe ich eine Farbe nach der anderen ausscheiden müssen; nein: hat sich eine Farbe nach der anderen ausgeschaltet, und was zurückgeblieben ist: Grau!«

 

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Er war, wie er lebte und wie er sich in seiner Kunst er-lebte. Und Kornfeld gehörte zu den wenigen, die in den engsten Kreis des scheuen Künstler gehörten. 1965 ließ sich Giacometti sehr zögerlich zur Annahme der Ehrendoktorwürde überreden, dank Kornfelds Überredungskünsten (»Dein Götti Cuno Amiet hat das auch akzeptiert«). Auf dem Weg zur Ehrung bekam er eine kaum bemerkte Herzattacke. Die Fotos des 29. November zeigen den Kettenraucher mit seinen markanten, faltigen Gesichtszügen schon von Krankheit gezeichnet. Nur auf einem Bild greift er verschmitzt lächelnd – ja mit einem vergleichsweisen Hauch von Ausgelassenheit – nach dem Hals seiner Nebensitzerin, um zu demonstrieren, wie sich seine plastischen Menschenbilder wohl fühlen. Es war angeblich das letzte Foto. 1966 ist er in Chur gestorben.

 

Es ist durchaus erhellend, wenn dem Werk Albertos in der Ausstellung auch Werke seines Bruders Diego und seines Vaters Giovanni Giacometti beigestellt sind, die dessen grandiosen Schaffen eine zusätzliche Kontur geben. Gleichwohl reichen jene beiden nicht annähernd an die Bedeutung Alberto Giacomettis heran.

 

 

 

 

Öffnungszeiten

Dienstag 10–21 Uhr

Mittwoch– Sonntag 10–18 Uhr

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