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Inside Amsterdam #2: Zwischen Kolonialismus und Kunsthandwerk

Nina Zöpnek hat sich in eines der weniger bekannten Museen Amsterdams begeben: das Tropenmuseum. Das bietet nicht nur ein buntes Sammelsurium aus Gegenständen, die oft ein hohes künstlerisches Niveau auszeichnet, sondern auch eine beeindruckende Architektur. Die Präsentation der Stücke wirft indes Fragen auf...

Inside Amsterdam
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Eigentlich schien der Name des Museums nicht verlockend genug, um sich die Zeit zu nehmen, es zu besuchen. Doch da Freunde ab und an sehr hartnäckig sein können und am Ende oft doch die Neugier überwiegt, fanden wir uns eines Nachmittags bei leichtem Nieselregen doch auf unseren Fahrrädern wieder, fuhren vorbei an unzähligen Grachten, vorbei am architektonisch wunderschönen Zoo Amsterdams und hielten vor den Toren des Tropenmuseums. Schon auf den Stufen zur Eingangshalle wurde uns bewusst, dass zumindest das Gebäude des Museums sehr sehenswert ist, mit seiner großzügig angelegten Architektur und den vielen detaillierten Wandfiguren und Kapitellen.

Noch bevor man sich ganz dem eigentlichen Ausstellungsgeschehen widmen kann, wird man schier erschlagen von einer ungeheuer beeindruckenden Innenarchitektur: Die monumentale Haupthalle wird überspannt von einem glasgedeckten Dach, das das Geschehen im Inneren in angenehmes Licht tauch. Umgeben ist sie von Galerien auf mehreren Etagen. Diese repräsentative Architektur bietet den Rahmen für wechselnde Ausstellungen.

Hier fanden wir uns in den sogenannten »Swinging Sixties« wieder, einer Ausstellung über dieses »worldwide happening«, die noch bis 31. Januar 2016 gezeigt wird. In einem eher klein gehaltenen Bereich schlendert der Besucher also durch ein Sammelsurium an Ausstellungsstücken, die alle in Verbindung mit den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts stehen: Föhnhauben, Schallplatten der Beatles, geometrische Kleider, Fotografien der Studentenaufstände in unterschiedlichen Teilen der Welt, ethnischer Schmuck und der Beginn der Hippiekleidung. Doch was bitte ist die Verbindung der Sixties zu den tropischen Gebieten dieser Erde und worin besteht wiederum die Verbindung zu den Niederlanden? Diese Frage kam immer wieder auf und spiegelte sich regelmäßig in unseren Blicken wieder. Nun, die einzige Erklärung, die wir uns selbst geben konnten war folgende: In den Sechzigerjahren stieg wohl der Wohlstand der Bevölkerung ein wenig, die Holländer begannen, ihre ehemaligen Kolonien zu bereisen und brachten einerseits ihre lokalen Trends in andere Teile der Welt, nahmen aber gleichzeitig die Modeerscheinungen der fremden Länder wieder mit nach Hause. Somit ergab sich ein spannender Austausch der Kulturen und die Freiheitsbewegungen der Sixties wurden zu einem »worlwide happening«. Obwohl jener Austausch in einer globalisierten Welt konstant geschieht, könnte man die Sechziger eventuell als Beginn eines erhöhten Interesses dafür verstehen.

Begibt man sich von der Eingangshalle nun in den ersten Stock, in welchem sich auch die Dauerausstellung des Tropenmuseums befindet, werden die Themen und die Art ihrer Darstellung nicht weniger problematisch. Schnell ist klar, dass sich auf das Tropenmuseum eventuell eher als Kolonialmuseum bezogen werden sollte, da alle Ausstellungsstücke aus ehemaligen Kolonien der Niederlande stammen. Zuerst reist man durch die verschiedenen Inseln Indonesiens, kann religiöse Artefakte, Teile kleiner Tempelanlagen und alltägliche Gegenstände der einheimischen Bevölkerung bewundern. Danach werden künstlerisch geschnitzte Holzfiguren und Boote der afrikanischen Kolonien und am Ende berauschend bunte Stoffe aus Indien gezeigt.

Es besteht kein Zweifel, dass all die ausgestellten Gegenstände bewundernswert sind und von künstlerisch begabten Einwohnern der jeweiligen Länder angefertigt wurden. Doch ist es ein wenig überraschend, ja vielleicht sogar enttäuschend, wie unkritisch und wenig reflektiert in Amsterdams Tropenmuseum mit der eigenen Kolonialgeschichte umgegangen wird. Unter all den Begleittexten fand sich ein einziger Satz, der auf die problemreiche Vergangenheit zwischen den Niederlanden und dessen Kolonien verwies. Mit etwas mehr Eigenkritik und tieferen Einsichten in die Abläufe der niederländischen Ermächtigung all jener präsentierten Länder würde es mich beim nächsten Mal weniger Überwindung kosten, mich auf mein Fahrrad zu begeben und wieder vor den Türen des Tropenmuseums abzusteigen.

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