Meldungen zum Kunstgeschehen

Kunst im Saarland im Oktober/November 2010

Wie die Natur ihr sommerliches Kleid abgestreift hat und sich nun mit leuchtenden Herbstfarben schmückt, so tun es ihr die saarländischen Galerien und Museum gleich. Diese präsentieren sich im Oktober und November 2010 farbenprächtig, vielschichtig, eindringlich und sorgen dabei nicht selten für Überraschungen. Verena Paul hat für Sie einige Ausstellungshighlights zusammengestellt.

Kunst im Saarland
Kunst im Saarland

Im Westen viel Neues


Die Galerie im Kulturzentrum Saalbau in Homburg präsentiert vom 5. bis 24. Oktober 2010 in der Jahresausstellung, die unter dem Motto »Zeit für Experimente« steht, Werke von 30 Homburger Künstlern und Künstlerinnen. Malerei, Grafik, Plastik und Fotografie sind ebenso vertreten wie Objektkunst, Installationen, Art Quilt, Performance und zum ersten Mal auch Karikatur. Mit der parallel laufenden Sonderaktion »Kunst-Stück«, die wunderschöne, aber geldbörsenfreundliche Kunstwerke anbietet, wird den Besuchern eine zusätzliche Freude bereitet. Eine Ausstellung, die über die Jahre hinweg immer für Abwechslung, Spannung und Qualität gestanden hat und die Sie sich auch 2010 vormerken sollten!

Auch die galerie m beck in Homburg/Schwarzenacker bereichert im Herbst wieder mit herausragenden Ausstellungen die saarländische Galerienlandschaft. Neben Hanne Neß’ »Frauenzimmern«, Bert Düerkops »Das schöne Hässliche«, Andrea Rathert Schützdellers »Innerlichkeit« bezaubern die skulpturalen Bronzen von San Sia, die bis 15. Oktober 2010 auf den drei Ebenen der Galerie präsentiert werden – ein Amuse-Gueule, das man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte!

Mit der Ausstellung »Nebenwege« präsentiert die Städtische Galerie Neunkirchen bis 17. Oktober 2010 die Werke von Mitgliedern des Saarländischen Künstlerbundes. Die zwölf KünstlerInnen zeigen Kunst, die man bisher von ihnen nicht kannte. Arvid Boecker, Werner Constroffer, Annette Grund, Mane Hellenthal, Hans Husel, Ursel Kessler, Lukas Kramer, Andrea Neumann, Werner Rauber, Klaudia Stoll, Jacqueline Wachall und Thomas Wojciechowicz überraschen mit Arbeiten anderer Genres und mit für sie eher untypischen Medien, mit denen sie – sporadisch oder auch seit längerer Zeit - künstlerische Nebenwege abseits der erprobten Alltagsproduktion beschreiten. Die Ausstellung rückt dabei das »Andere« ins Zentrum, das parallel läuft oder abweicht von den abgesteckten Pfaden und dem mehr oder weniger klar umrissenen Künstler-Profil. Doch die Werke neben dem »eigentlichen« Werk erscheinen nicht losgelöst davon, sondern stehen meist in relativ engem Bezug zu ihm. Sie können als bewusst gesetzter Gegenpol, als Ausgleich oder Ergänzung entstehen, als spielerische »Fingerübung« oder meditative Auseinandersetzung. Eine Präsentation, die ich Ihnen ans Herz legen möchte!

In der fünften Ausstellung der Reihe »Fotosynthesen« lässt das Saarlandmuseum in Saarbrücken die Arbeiten des ehemaligen Meisterschülers Otto Steinerts Joachim Lischke, der im Jahr 1923 geboren wurde, mit den Fotografien von André Mailänder (geb. 1964) in Dialog treten. Während Lischkes Arbeiten stellvertretend für ein subjektives Verständnis der Fotokunst stehen, untersucht André Mailänder die architektonische Verwandlung neu erbauter europäischer Stadtviertel mit der künstlichen Natur zoologischer Gehege und zeigt ebenso Aldi Parkplätze in Saarbrücken im Großformat. In der wundervoll bespielbaren Studiogalerie des Saarlandmuseums ist den Ausstellungsmachern wieder einmal ein echtes Highlight gelungen, das ich absolut empfehlen kann!

In der großen Jahresausstellung, die vom 6. November 2010 bis 23. Januar 2011 laufen wird, widmet sich das Saarlandmuseum Karl Schmidt-Rottluffs »Landschaften und Stillleben«, wobei rund 80 Gemälde und Aquarelle zu sehen sein werden. Der deutsche Expressionismus bildet einen bedeutenden Schwerpunkt in den Beständen des Hauses. Zahlreiche monografische und thematische Ausstellungen zu den Künstlern der »Brücke« in der Vergangenheit belegen die intensive Beschäftigung mit diesen Werken. Das Œuvre Karl Schmidt-Rottluffs ist jedoch noch nicht in vergleichbarer Weise vorgestellt worden, weshalb es naheliegend war, eine Ausstellung um die im Saarlandmuseum vorhandenen Gemälde »Urwaldlandschaft« von 1919 und »Pommersche Moorlandschaft« von 1931 zu konzentrieren. Eine Werkschau, auf die sich die Besucher freuen dürfen!

Vom 16. Oktober bis 21. November 2010 präsentiert die Stadtgalerie Saarbrücken »GUP-py / gab heller. Vierer-Variationen«. Vier als eine gerade Zahl scheint im Gegensatz zu drei oder fünf ausbalanciert und harmonisch. Es gibt vier Jahreszeiten, vier Himmelsrichtungen, vier Elemente, vier Seiten des Quadrats usw., weshalb in vielen Religionen und Mythologien die Vier als Zahl der Ganzheit und der Vollendung gilt. Ihre Beschäftigung mit der Zahl vier führte die beiden Künstlerinnen GUP-py und gab heller zusammen. GUP-py wurde zu ihrer Viererordnung durch die Tradition der japanischen Comic-Strips inspiriert. Die Ordnung dieser Comics übernimmt GUP-py in mehreren ihrer Animationsvideos. In »quartets« reizt es die Künstlerin gab heller, einen engen Zusammenhang zwischen vier Zeichnungen herzustellen, wobei sie aber dennoch einen expressiv-gestischen Strich beibehält. Fortgeführt werden ihre Zeichnungsserien in kleinen digitalen Animationen, in denen die Viererstruktur deutlich bleibt. Eine Ausstellung, die eine Zahl spannend »erforscht“ und auf die ich mich schon sehr freue!

Das Museum für Vor- und Frühgeschichte zeigt bis zum 7. November 2010 »Archäologische Schätze von der Saar«. Vor 80 Jahren wurde in Saarbrücken das Museum für Vor- und Frühgeschichte gegründet. Die Stadt war nun Sammelpunkt aller kulturgeschichtlichen Zeugnisse an der Saar. Die kostbaren Exponate seiner reichen vorgeschichtlichen und römischen Vergangenheit, die heute jeder Museumsbesucher bewundert, sind jedoch nur ein Teil der Schätze, die im Laufe der Jahrhunderte in saarländischem Boden gefunden wurden. Bedeutende Objekte aus der Vorzeit archäologischer Forschung an der Saar – von bronzezeitlichen Hortfunden bis zu reich verzierten Schmuckstücken der Merowingerzeit – werden nun erstmals im Saarland der Öffentlichkeit präsentiert.

Die Galerie Besch in Saarbrücken zeigt vom 3. Oktober bis 6. November 2010 die skulpturalen Holzarbeiten von Eckart Steinhauser. Spannend verschmilzt der Künstler seine Werke aus Holz mit vertrauten, alltäglichen Elementen und wagt so einen spannenden Spagat zwischen künstlerisch gefertigtem Objekt und Realitätspartikeln. Vom 14. November bis 14. Dezember 2010 folgt eine Ausstellung zum »Deutschen Informel« – Präsentationen also, auf die man gespannt sein darf!

Bis 15. Oktober 2010 stellt der saarländische Künstler Stefan Kuberek in der Alten Galerie im Zwinger in den Räumen des Architekturbüros Tibo in der Grabenstraße 21 in Sankt Wendel neben seinen Steinskulpturen aus blauschwarzem, am Schaumberg heimischem Tholeyit, Holznadeln mit rotem Faden auch Graphiken aus. Kubereks Skulpturen überzeugen durch Stärke und Vitalität, so dass der Betrachter von ihrer Strahlkraft regelrecht gebannt wird. Insofern möchte ich Ihnen diese Ausstellung als echten Geheimtipp unbedingt empfehlen!

Mit »Science-Ausstellung Schrift« widmet sich das Deutsche Zeitungsmuseum in Wadgassen bis zum 31. Dezember 2010 dem Thema Schrift. Sie ist allgegenwärtig und obgleich kaum jemand ihr Beachtung schenkt, ist sie trotzdem – auch im Zeitalter des Cyberspace – unverzichtbar. Sie blickt auf eine lange Erfolgsgeschichte zurück. Im Mittelpunkt stehen das Mitmachen, Ausprobieren und Staunen. Vor allem für Kinder und Jugendliche ist die interaktive Ausstellung konzipiert – aber auch für alle Erwachsenen, die Schrift einmal aus einem etwas anderen Blickwinkel betrachten. Die Ausstellung gliedert sich in drei große Teile: Als Einstimmung wird dem Besucher in der Galerie das Thema »Schrift« auf ganz spezielle Weise präsentiert, um dieses Kommunikationsmittel bewusst zu machen. Danach geht es weiter in die Ausstellung »Schrift-ABC«, die viel Interessantes, Lustiges und Wissenswertes rund um das Thema bietet. »Alphabete« bilden den Auftakt, dann erfährt man etwas von »B wie Blindenschrift« über »C wie Cicero« bis „Z wie Zeitungen«. Zu guter Letzt geht es im Typo-Lab, dem Schriftlabor, ans Ausprobieren und Experimentieren.

»Meiner Überzeugung nach ist alles Leben Konflikt; Kunst und Leben bestehen aus Widerstreit. In der großen Kunst ist der Konflikt verborgen, er bleibt ungelöst. Schönheit ist etwas Tieferes als etwa Vollkommenheit, Niedlichkeit, Liebreiz, Hübschheit oder Anmut. ‚Schön’ bedeutet für mich viel mehr als das. Künstler sein bedeutet Glauben an das Leben«, so hat der englische Bildhauer Henry Moore einmal die enge Verwobenheit von Kunst und Leben definiert und ist damit ins Zentrum von Kunstwerken vorgedrungen, deren Schönheit aus dem Glauben an das Leben resultiert. Vielleicht behalten wir diesen Gedanken bei unserem nächsten Ausstellungsbesuch im Kopf... In diesem Sinne wünsche ich allen Besuchern der saarländischen Kunstlandschaft lebendige, vielfältige und vor allem bereichernde Seherlebnisse in Galerien und Museen!

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