Kataloge, Rezensionen

Kunsthalle Wien/ F. C. Gundlach Foundation (Hg.): Vanity. Modefotografie aus der Sammlung F.C.Gundlach, Verlag für moderne Kunst 2011

Auf den ersten Eindruck erinnert die Publikation zur gleichnamigen Ausstellung an eine Modezeitschrift. Das Layout beinhaltet groß auf eine Seite oder sogar über zwei Seiten gedruckte Fotografien und alle paar Seiten folgen relativ kurze Textbeiträge. Rowena Fuß war vom Inhalt allerdings überrascht.

Einem logischen Aufbau folgend stehen bereits im Vorwort die Kernaussagen über Mode und Modefotografie. Es folgen ein Interview zwischen Kurator Gerald A. Matt und dem Leihgeber F.C. Gundlach, Notizen zu Mode und Fotografie aus der Sammlung Gundlach und Essays über Modefotografie als eigenständige Kunstform sowie der Sehnsucht nach Schönheit. Zum Schluss rundet eine Künstler- und Werkliste den Katalog ab.

Was gibt nun der Inhalt her? Zunächst werden die benutzten Begriffe geklärt. Mode wird im Vorwort als Ausdruck eines bestimmten Zeitgeistes definiert. Modefotografie ist dementsprechend die Fixierung bzw. die Dokumentation dieses vergänglichen Subjektes. In Abgrenzung zu einer „bloßen“ dokumentarischen Aufnahme machen die Modefotografien jedoch einen höheren Wahrheitsgehalt sichtbar.

Anliegen der Ausstellung wie des Kataloges ist es, die Modefotografie als ästhetisches Medium, losgelöst von seiner ursprünglichen Funktions- und Zweckgebundenheit, anschaulich zu machen. Abgedeckt wird ein reiches Spektrum von der klassischen Studiofotografie (Hoyningen-Huene, Penn), der dynamischen Silhouette im urbanen Kontext (Avedon, Klein), surrealen Arrangements (Horst P. Horst, Blumenfeld), Kostümbildern (Beaton) bis zu konzeptuellen Strategien (Bourdin, Newton, Turbeville, Bergemann). Die Zeitspanne reicht dabei von den 1920er Jahren bis 2010.

Was im Katalogtext unter dem Titel »Vanity - Notizen zu Mode/Fotografie aus der Sammlung F.C. Gundlach« zu den Handschriften der präsentierten Fotografen steht, findet der Besucher in der Ausstellung als Infotafel neben den Aufnahmen des jeweiligen Künstlers. Somit ist der Katalog ein schönes Souvenir an die Schau. Horst P. Horst ist beispielsweise dafür berühmt, den Körper als Skulptur zu betrachten oder surreal anmutende Fragmente desselben abzubilden. Wols, eigentlich Alfred Otto Wolfgang Schulze, bildet mit seinen abgelichteten Kleiderpuppen ein Scharnier zwischen Kunst und Mode. Bei Yva (Else Neuländer-Simon) werden die Modebilder zu stimmungsvollen Gesellschaftsporträts. Lillian Bassmann zitiert hingegen Vorbilder aus der Malereigeschichte und Erwin Blumenfeld hat die Prinzipien der Collage erfolgreich auf das fotografische Medium übertragen. Kurzum: Fotografie reinszeniert die Wirklichkeit und bei der Modefotografie ist dies wohl am deutlichsten sichtbar.

Im Interview zwischen Kurator Matt und Gundlach findet sich denn auch die Aussage Gundlachs, dass das Modefoto immer die persönliche Interpretation des Fotografen auf die Sicht eines Kleidungsstückes, auf die Atmosphäre und das Zusammenspiel mit den Modellen sei. Mode ist für ihn nonverbale Kommunikation. Sie signalisiert dem Betrachter, wie jemand gesehen werden möchte. Ein wenig Idealisierung kommt bei der Inszenierung des Bildes dazu. Demnach zeigt die Modeaufnahme eine idealisierte Wirklichkeit.

Modefotografie ist also subjektiv fixierter Zeitgeist. Das fixierende Subjekt präsentiert den Zeitgeist reinszeniert und idealisiert dem Betrachter. Irgendwie ist dem Leser nun auch klar, warum als nächstes ein Beitrag folgt, der untersucht, ob Modefotografie eine eigenständige Kunstform ist. Nachdem nun der Begriff steht, muss man klären, ob er sich in ein Schema fügt. Seltsamerweise wechselt hier auch das Papier von rau auf Hochglanz. Kommt jetzt etwa der Höhepunkt des Kataloges? Etwas verworren redet der Autor zunächst von der Fotografie und den anderen Künsten. — Was denn für andere Künste? Was gibt es noch, neben der bildenden und darstellenden Kunst? Das ist aber scheinbar nicht gemeint. Fotografie lässt sich für Monneyron weder in der einen Kunst, noch in der anderen adäquat fassen. Also bemüht er sich nun um Kategorien, die das können. Seine Kategorien der zeitgenössischen Kunst sind das Abstrakte, das Surreale und das Konzeptuelle. Die Fotografie hat mit dem Surrealen, aber noch mehr mit dem Konzeptuellen die größten Gemeinsamkeiten. Da die künstlerische Anerkennung der Modefotografie in den 1950ern, endgültig in den 1960ern, parallel zur Entwicklung der konzeptuellen Kunst verläuft, ist dies auch kein Wunder. Siehe Definition von Modefotografie. Die Modefotografie ist also, vorsichtig formuliert, ein Sonderfall, der sowohl Elemente der darstellenden Kunst beinhaltet (Inszenierung), als auch der bildenden (visuelle Gestaltung).

Zum Schluss verweist das letzte Essay in aphoristischer Manier darauf, dass die Menschen süchtig nach Schönheit und Erhabenheit seien. Darin sei ihr Streben nach Harmonie gebündelt. Garniert ist das Ganze mit Zitaten aus Baudelaires »Die Blumen die Bösen«, was dem Text einen negativen Aspekt verleiht. Die Moral von der Geschichte lautet also: Achtung vor der Schönheit, sie ist letztlich nur das Cover für den Verfall bzw. die Vergänglichkeit allen Seins!

Fazit: Mit den teilweise kontroversen Textbeiträgen zur Modefotografie und Schönheit, geht der Katalog weit über ein bloßes Dasein als Souvenir zur Ausstellung hinaus! Voller Enthusiasmus blättert man zudem durch die Seiten, die mit ihrer ungewöhnlichen Gestaltung nicht nur auf einen gewissen Aufwand bei der Herstellung hinweisen, sondern den ganzen Katalog zu etwas Einzigartigem machen. Ich kann ihn daher nur sehr empfehlen!

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