Meldungen aus der Forschung

Nachruf auf Klaus-Jürgen Winkler, gestorben im Februar 2011

Klaus-Jürgen Winkler gehörte zu den stillen und bescheidenen Zeitgenossen. Er unterrichtete seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts Theorie und Geschichte der Architektur an der Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar und emeritierte 2009 an der gleichen Einrichtung, die sich aber in Bauhaus-Universität Weimar umbenannt hatte. Er nahm also aktiv teil an den nicht immer ganz reibungslosen Fortschritten, die die politische Entwicklung der deutschen Wiedervereinigung auch der Weimarer Bildungsanstalt aufgenötigt hatte.

Das lieferte Winkler unter anderem viel neues Material für einen seiner vornehmsten Forschungsschwerpunkte, nämlich die Geschichte der eigenen Hochschule, die seit ihrer Gründung 1860 rekordverdächtige dreizehn Namenswechsel durchführte, von denen das Bauhaus die wohl größte Berühmtheit erlangte. Als der beste Kenner dieser komplizierten Materie besorgte er mehrere Publikationen, die er als ein quellenreiches Kompendium der Lehrer- und Schülerschaft, der Brüche und Kontinuitäten, der Erfolge und Niederlagen gestaltete, die der Weimarer Hochschule beschert waren. Er war kein Freund weitschweifiger Interpretationen und Erbauer ästhetischer Luftschlösser, sondern ein leidenschaftlicher Archivar, Quellenentdecker und Faktensammler. Diese Tugenden zeichneten auch seine Arbeiten zur Geschichte des Bauhauses aus, die in seinem Gesamtœuvre größten Raum und Bedeutung einnehmen.
Winkler gehörte zu den Pionieren der Bauhausforschung in der DDR. Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts begann dieses Kapitel der DDR-Wissenschaftsgeschichte auf der Basis eines entsprechenden Ministerratsbeschlusses, auf den insbesondere die Sektion für Theorie und Geschichte der Architektur an der Weimarer Hochschule für Architektur und Bauwesen hingewirkt hatte. Bernd Grönwald und Christian Schädlich (später Mitherausgeber einer wichtigen Gropiusmonographie) waren die führenden Figuren, und Klaus-Jürgen Winkler half zu dieser Zeit als Assistent und Mitarbeiter, die hauptsächlich in der DDR vorhandenen Quellen zum Bauhaus zu sammeln und zu erschließen.
Neben einigen Übersichtsveröffentlichungen zur Bauhaus-Architektur widmete sich Winkler in den 80er und 90er Jahren insbesondere den Arbeiten des Bauhäuslers Hannes Meyer, zu denen er mehrfach publizierte. Meyer zählte zu den wenigen Mitgliedern des Bauhauses, die sich zum Marxismus bekannten, und sich um dementsprechende Aufträge bemühten, wie die berühmte Gewerkschaftsschule in Bernau bei Berlin bezeugt. Winkler sympathisierte deutlich mit den politischen Motiven Meyers, die seinen forschenden Ehrgeiz beflügelten, aber er wusste natürlich genau, dass Meyers Gesinnung eine Ausnahme darstellte, und nicht zu einer systemkonformen Ableitung einer modernen Formensprache in der Architektur herangezogen werden konnte. Dennoch opponierte er nicht gegen die politisch motivierte Fehlinterpretation des Bauhaus-Erbes der DDR der 70iger Jahre, sondern blieb stattdessen bei der Empirie.
Er hat sich daher des ästhetischen und kulturpolitisch motivierten Gezerres um das Bauhaus-Erbe enthalten, das nach der Wende und der damit verbundenen Ankunft der westlichen Postmoderne auch in Weimar um etliche Stimmen und Meinungsvarianten zugenommen hatte mit der Konsequenz, dass sein Bekanntheitsgrad als Forscher dem anderer zeitgenössischer Autoren unterlag. Klaus-Jürgen Winklers historische Bedeutung als Erforscher des Bauhauses und der modernen Architektur ist jedoch unbestritten; auf seine Texte und Inhalte ist Verlass, was in der literarischen Flut zum Thema nicht eben häufig der Fall ist. In diesem Sinne möchten wir uns von einem lieben Kollegen, der viel für die Weimarer Kulturgeschichte geleistet hat, verabschieden.


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