Ausstellungsbesprechungen

Philips Wouwerman – Von Pferden und anderen Leidenschaften, vom 1. Juli bis 11. Oktober 2009, im Museum Schloss Wilhelmshöhe in Kassel

Der niederländische Kunstmarkt des 17. Jahrhunderts zeitigte kuriose Blüten. Wir sind zwar die modernen Kuriositäten gewohnt, die dem in nichts nachstanden – aber wenn wir die mal außen vor lassen, stehen die Niederlande in ihrem Goldenen Zeitalter allein auf weiter Flur: Auf engstem Raum tummelten sich unzählige Maler, denen dieser Markt ein Spezialistentum abverlangte, das nicht nur Landschafts-, Tier-, Stilllebenmaler usw. hervorbrachte.

In Holland mussten sich auch die Landschaftsexperten aufteilen: die, die Schiffe auf ruhiger See malten, die Seebilder mit Sturm schufen, Seeschlachten, mondbeschienene Nachtbilder; an Land entwickelten sich die Wolkenspezialisten, die sich für Schönwetter- oder Gewitterwolken erwärmten, bevölkern ließen die Künstler ihre Landschaften mit einer gewissen Ausschließlichkeit mit Kühen oder Pferden – und da kommen wir zu Philips Wouwerman. Konkurrenten gab es auch in diesem Genre, also malten die einen Pferde in der Totalen, andere bevorzugten braune Pferde oder – wie Wouwerman – weiße, die als tierische Protagonisten neben anderen Pferdetypen auftreten. Die Schimmel dieses in Haarlem geborenen Malers neigen zudem dazu, in einer Trabbewegung leicht schräg nach hinten dargestellt zu sein.
Viele Daten lassen sich zu Wouwerman nicht zusammentragen. Was man allerdings weiß, ist, mit welcher Begabung er ans Werk ging. Dass er nicht aus Unvermögen seinem Steckenpferd frönte, zeigt sich an der Bandbreite, die die Kasseler Ausstellung erstmals in dieser Qualität und Fülle vor Augen führt. Freilich brillierte Wouwerman auch im Jagdstück, im Erntebild, in der Schlachtenszene. Wohl waren die Pferde sein Lieblingsmotiv, wobei er durchaus befähigt war, Rappen wie Schecken realistisch darzustellen. Nur der Markt schmiedete andere Pläne: Ein Wouwerman verkaufte sich offenbar am besten mit einem weißen Pferd. Wir dürfen gerade heute nicht darüber lächeln – ein Günther Uecker verbindet sich sofort mit den genagelten Objektbildern, Horst Antes wird allzu schnell mit seinen Kopffüßlern assoziiert, auch wenn er noch so viele geniale andere Serienmotive im Repertoire hat. Mit seinen nicht mal 50 Jahren schuf er rund 600 Werke. In den Niederlanden des 17. Jahrhunderts müssen wir uns eine außerordentlich reiche Bürgerschicht denken, die als Käufer auftraten (Kirche und Adel hatten dort einen schwereren Stand) – und die verlangten nach speziellen Arbeiten von Philips Wouwerman – nicht zu verwechseln mit seinen Brüdern Jan und Pieter –, von Albert Cuyp, dem großen Pferdemaler, oder von Gerard Dou, dessen Arbeiten damals den Stellenwert eines Mittelklasseautos hatten. Man kann sich getrost von dem Arme-Leute-Cliché verabschieden, das einem Rembrandts Vita nahe legte. Allein die zahlreichen Fälschungen – auch oder sogar an vorderer Stelle im Falle Wouwermans – weisen darauf hin, wie lukrativ damals Kunst sein konnte.
Zu den bürgerlichen Kunden kamen nämlich auch ausländische Sammler, die hier durchaus gehobenen Standes waren. Wouwerman war gefragt in Dresden, in Sankt Petersburg und in Kassel, wo es heute die zweitgrößte Sammlung mit seinen Werken gibt. So ist es nicht verwunderlich, dass Kassel noch vor Den Haag mit dem Mauritshuis das großartige Schaffen dieses als Pferdemaler eben nur unzureichend beschriebenen Künstlers zeigt. Den rund 25 Gemälden sind zwei Handvoll Zeichnungen zugesellt, die Wouwermans Bedeutung auch in dieser Gattung unterstreichen. Den detailfreudigen Diagonalkompositionen des frühen Werks folgen stimmungsvolle, vielschichtige Arbeiten, die zunehmend an Farbkraft zunehmen.

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