Ausstellungsbesprechungen

Pierre Bonnard, Fondation Beyeler, Basel, bis 13. Mai 2012

Mit der Ausstellung feiert die Fondation Beyeler einen der faszinierendsten Maler der Moderne und berühmten französischen Koloristen. Günter Baumann hat sich für uns Bonnard gewidmet. Kurzentschlossene haben noch bis Sonntag Zeit, selbst einen Blick auf die Schau zu werfen!

Es gibt kaum einen Zweifel und die Fondation Beyeler unterstreicht es mit dieser Ausstellung eindrucksvoll: Pierre Bonnard gehört zu den reizvollsten Koloristen der klassischen Moderne. Mit über 60 Gemälden haben der Kurator Ulf Küster und das Museum ein Panorama des Werks vorgestellt, das seinesgleichen sucht. Ob man dem Maler innerhalb der Gruppe der spätimpressionistischen Nabis sogar die Spitzenposition einräumen sollte, wird nach dieser Schau sicher einhelliger ausfallen.

Schade nur, dass Bonnard – wie es der je eigenständigen Programmplanung unterschiedlicher Museen wollte – in der Publikumsgunst gegen Renoir antreten muss, der gegenwärtig im Basler Kunstmuseum gezeigt wird. So fielen die öffentlichen Berichterstattungen über die Bonnard-Ausstellung relativ verhalten aus. Dabei bietet das Œuvre die leuchtstärksten, mit Dissonanzen spielenden Landschaftsmotive und eine teilweise experimentelle Porträt- bzw. Figurationsmalerei, die den Weg in Richtung Expressionismus weisen, den es so in Frankreich dann gar nicht gab – so gesehen ist Bonnard für die französische Kunstgeschichte eine nahezu singuläre Person.

Sein Schaffen konzentrierte sich auf die Peripherie von Paris und auf die Côte d'Azur. Die Ausstellungsmacher haben sich einen Spaß daraus gemacht, Bonnard Vorstellung eines »Maison imaginaire« thematisch umzusetzen und nannten die Stationen etwa »La Rue«, »La Salle a Manger«, »Le Jardin ensoleille« oder »La Salle de Bains« bis hin zum »Interieur«. So heimelig bekommt man selten eine Ausstellung serviert, und zugleich entfaltet sich dem flanierenden Besucher die Vielfalt eines noch immer nicht angemessen gewürdigten Werks. Gewagte Ausschnitte im Küchengenre – etwa im Bild »La Bouillabaisse« (Die Fischsuppe), wo eine Katze sich als Protagonistin entpuppt und die Speisezutaten zur Garnitur einer geometrisch angeordneten Komposition werden – oder im Badeakt, der thematisch weit über das Motiv bei Edgar Degas hinausragt, erweisen den Künstler als bedeutenden Vorreiter der Moderne. Ganz anders als Paul Cézanne überwand er den Impressionismus, stahl seinen Kollegen in seiner Lichtverehrung insofern die Show, als er das Licht weniger analytisch reflektierte als in seiner natürlichen Brechung erfühlte. Hierin ist er dem späten Monet vielleicht verwandter, als er es selbst gesehen hätte.

Bonnard hat übrigens nie in der Natur gemalt, wie es die anderen Impressionisten taten – was er sah, verwandelte er im Atelier in Farbsinfonien, die mitunter die Physik austricksen und eigene Tonlagen entwickeln. Darüber hinaus schuf Bonnard ein Balance zwischen dem »Stillstand der Zeit«, wie er das Kunstwerk an sich charakterisierte, und dem Zufall der Bewegung – bekanntlich animierte er sein Modell (und spätere Frau), im Badezimmer auf und ab zu gehen bzw. sich zu bewegen, damit er diesen bewegten Moment festhalten konnte. Hierbei kaschierte Bonnard auch seinen voyeuristischen Blick, den er in seinen vielen Spiegelbildern dann sogar direkt ins Bild brachte – ein beliebtes Motiv der Selbstbespiegelung von jeher, das bei dem Franzosen zur betonten Verunklärung des ohnehin perspektivisch eigenwillig konstruierten Raums führt. Wie modern Bonnard tatsächlich wirkte, wird an seinen Bewunderern deutlich: Louise Bourgeois etwa zählte ihn zu ihren Lieblingsmalern.

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