Ausstellungsbesprechungen

post COBRA – Alechinsky, Appel, Jorn, bis 16. August 2009

Die Schau widmet sich dem Schaffen der Künstler Pierre Alechinsky, Karel Appel und Asger Jorn. Alle drei waren Mitglieder der Gruppe COBRA (1948-1951). Angriffslustig und kämpferisch wie die gleichnamige Giftschlange stellten sich die Cobra-Künstler gegen bourgeoise Ideale, künstlerische Akademismen und Dogmen. Unter dem Einfluss des Surrealismus und der Formensprache von Paul Klee und Joan Miró entwickelten die Künstler eine autonome Bilderwelt und expressive Formensprache. Weitere Anregungen holten sie sich von der nordischen Volkskunst mit ihren Mythen und Sagen, den Bildwelten von Kindern und psychisch Kranken sowie der indigenen Kunst des Pazifikraums.

Asger Jorn. Superoirita Disordinatam. 1966. Acryl auf Papier und Leinwand©VBK Wien 2009
Asger Jorn. Superoirita Disordinatam. 1966. Acryl auf Papier und Leinwand©VBK Wien 2009

Ende 1948 saßen im Pariser Café Maler aus nördlichen Gefilden beisammen, darunter der Däne Asger Jorn (1914–1973) und der Niederländer Karel Appel (1921–2006), und gründeten die Künstlergruppe CoBrA. Daneben traten die Freunde Constant, Pedersen und andere mehr auf, später rückten Lucebert, Nieuwenhuys und eben auch der Belgier Pierre Alechinsky (geb. 1927) u.a. nach. Bekanntlich benannten die Initiatoren ihre Gruppe nach den Anfangsbuchstaben ihrer Hauptstädte Copenhagen, Brüssel und Amsterdam. Zum 60-jährigen Jubiläum wurde die Ausstellung im Museum Essl, Klosterneuburg, mit 60 Arbeiten eröffnet: Rudi Fuchs durfte als Kurator die CoBrA-Sammlung des Hauses inszenieren – schon die Konzentration auf drei Protagonisten der Gruppe verlangt geradezu nach einer subjektiven Anlage. So sind Korrespondenzen zustande gekommen, die der Schau einen hintergründig-familiären Touch geben – verwandte Seelen, die farblich ordentlich auf den Putz hauen – und zugleich die individuellen Unterschiede hervorkehren.

Interessant für die Ausstellung sind die individuellen Sonderwege, »post« CoBrA sozusagen: In den 1950er-Jahren verlor sich die Familiengemeinschaft, auch wenn ihre Anti-Haltung gegen das Bürgerliche und die akademische Malerei verankert blieben, ebenso erhielten sie andrerseits die Faszination für Kinderkunst und Automatismus aufrecht. Doch wie die Surrealisten, die die CoBrA-Leute beeinflussten, prägten sich verschiedene Stile und Handschriften aus. Mal gebärdet dieser sich ungestüm in der Fläche, mal sucht er die strukturbildende Linie. Sekundiert werden die Lebens-Läufe von Filmdokumenten, die zeigen, wie ernst sich die Maler mit der Materie auseinandersetzten.

Alechinsky war überzeugt, dass »alles … während der Arbeit« geschieht, ihm zufolge sei dies das »Geheimnis der Malerei«. Zumindest unbewusst brachte er aber tiefe Kenntnisse über Literatur und ostasiatische Tuschemalerei mit, die zum einen seine Neigung für einen zeichnerischen Stil erklären, zum anderen aber auch vermuten lassen, dass nicht allein der Zufall im Arbeitsprozess aktiv ist. Appel wird dagegen im Laufe der Jahre immer ungestümer im Umgang mit seiner Farbe – er ist nicht ohne Grund die eigentliche Identifikationsfigur der Künstlergruppe, auch über deren Blütezeit hinweg. Bereits 1947 schrieb er: »Ich bin aus einem Picasso herausgetreten, mit leuchtenden Farben.« Folgt Alechinsky noch einer kompositionellen Idee, arbeitet Appel zügel-, ja grenzenlos: Er weitet seine kreativen Eruptionen auf eine afrikanisch inspirierte Plastik und die Dichtung aus, liebäugelt mit der Art brut und der weniger vertrauten Art autre (Dubuffet, Wols). Der Philosoph unter den ausgestellten Künstlern ist Jorn, der sich mit antiken Mythen und mystischen Erfahrungen beschäftigte, von denen auch sein Interesse für Hieronymus Bosch herrührte. Fast wie ein Resümee klingt seine Aussage: »In unserem Experiment versuchen wir, Gefühle spontan auszudrücken, ohne der Vernunft irgendeine Kontrolle darüber zu erlauben. Unser Ziel ist es, der Herrschaft der Vernunft zu entfliehen ..., um ein selbstbestimmtes Leben zu führen.« Jorns Einfluss auf die Kunst in Deutschland dürfte – vermutlich vor diesem Hintergrund – am unmittelbarsten gewirkt haben, bedenkt man seine Rolle innerhalb der Münchner Nachkriegsgruppe SPUR.

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