Ausstellungsbesprechungen

Samuel Bak – Leben danach

Die am 25. Mai 2006 im Beisein des Künstlers eröffnete Ausstellung „Samuel Bak – Leben danach“ ist Teil des Projekts „Kunstdialog“. Im Felix-Nussbaum-Haus werden im Verlauf des Projekts immer wieder Werke zeitgenössischer Künstler gezeigt, die mit den Werken Nussbaums in Dialog treten, die sich mit dem persönlichen Erleben des Holocausts, mit Kriegs- und Fluchterfahrungen befassen.

Samuel Bak, geboren 1933 Wilna (dem heutigen Vilnius in Litauen), hat in seiner Kindheit all diese Erfahrungen machen müssen. Im Wilnaer Ghetto erlebte er, wie grausam gegen Juden vorgegangen wurde. Ein großer Teil seiner Familie starb in Konzentrationslagern. Er selbst und seine Mutter gehörten zu den 200 Überlebenden der 70 - 80.000 Juden in Wilna. Als die Rote Armee die Bewohner des Ghettos 1944 befreite, war er elf Jahre alt und hatte bereits erstmals seine Bilder ausgestellt.

 

Einige sehr Werke sind derzeit im Nussbaum-Haus zu sehen. Sie hängen im Mezzaninraum, einem Teil des Holztraktes des Museums, der symbolisch für die Jugend Felix Nussbaums steht. In diesem Raum werden frühe Bilder Samuel Baks ausgestellt, die seinen endgültigen Stil noch nicht zeigen. Zunächst folgte er den modernen Trends: malte halbabstrakt oder gegenstandslos und kubistisch. Doch Mitte der sechziger Jahre stellte er fest, dass er das, was in seinem Inneren brodelte und zum Ausdruck gebracht werden wollte, so nicht transportieren konnte. Er brauchte die Gegenstände in seinen Bildern, damit sie zu „Metaphern des Grauens“ werden konnten, das er erfahren hat. Sein großartiger Renaissance-Malstil ermöglicht ihm, seine inneren Gefühle, die ihn seit seiner Kindheit verfolgen, auf die Leinwand zu bringen und zu seiner ganz eigenen Symbolsprache auszuarbeiten. Dazu fließen auch viele Bildzitate und Motive aus der Kunstgeschichte ein, wie zum Beispiel von Albrecht Dürer.

 

Bak spielt immer wieder mit verschiedenen Ebenen in seinen Bildern. Einige Dinge scheinen real zu sein, andere liegen als Abbildung auf Zetteln oder Bildern im Bild vor, die sich nicht nahtlos, aber ganz direkt an die realen Gegenstände fügen. In den meisten Werken findet man eine Fragmentisierung, ein Anstückeln und Erweitern trotz der allgegenwärtigen Zerstörung. Die Beschädigungen der Menschen treten immer wieder durch zugefügte „Ersatzteile“ an den Körpern zutage. Auch Baks eigene kindliche Erinnerung ist sicherlich fragmentarisch. Er erweiterte sie jedoch durch Befragen seiner überlebenden Verwandten. Jede Erfahrung und jede Erinnerung daran ist individuell. Diese Vielfältigkeit drücken auch Baks Arbeiten aus.

 

Um einen direkten Vergleich der zwei Maler zu ermöglichen, die sich in ihrem Werk mit der Judenverfolgung des 20. Jahrhunderts künstlerisch auseinander setzen, sind Baks Werke zwischen die Bilder der Dauerausstellung Felix Nussbaums gehängt. Der in Auschwitz ermordete Nussbaum erzählt vom „Leben davor“, von der Flucht, vom Versteck, von der Angst vor dem bevorstehenden Tod. Bak hat überlebt. Er hat ein „Leben danach“. Um den Menschen, die dieses Grauen nicht erleben mussten, einen Eindruck davon zu geben und um dem Vergessen entgegenzuwirken malt er seine symbolträchtigen Bilder.

 

Die Retrospektive läuft bis zum 1. Oktober 2006. Um ein tieferes Verständnis der Bilder zu erlangen, empfiehlt sich die Teilnahme an einer Führung (Anmeldung/Information unter Tel.: 0541-323 22 07). Der Katalog zur Ausstellung kostet 15,- Euro.

Weitere Informationen

Öffnungszeiten

Dienstag – Freitag 11 – 18 Uhr

Samstag/Sonntag 10-18 Uhr

 

Eintritt

Erwachsene 5 Euro

Ermäßigt 3 Euro

Familienkarte 12 Euro

Gruppen (ab 12 Personen) pro Person 4 Euro

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