Kataloge

Schmidt, Katharina (Hrsg.): Ferdinand Hodler. Eine symbolistische Version, Katalog zur Ausstellung im Kunstmuseum Bern und im Szepmüveszeti Muzeum Budapest, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2008.

Das Kunstmuseum Bern zeigt eine der umfangreichsten und bedeutendsten Hodler-Ausstellungen, die es bisher gegeben hat und zwar in Zusammenarbeit mit dem Museum Budapest.

Entsprechend umfangreich ist auch der dazugehörige Katalog ausgefallen. Sowohl in Größe als auch Gewicht setzt er neue Maßstäbe. Die Tendenz im Kunstbuchbereich geht ohnehin zu Größe und Umfang und man mag darüber (auch aus praktischen Gründen des Handlings) verschiedener Meinung sein. Im Falle Hodlers ist der Umfang angemessen, denn dieser Künstler könnte leicht mehrere Bände füllen, zum einen, um das breit angelegte Oeuvre angemessen zu präsentieren, zum anderen, weil es über seine Genialität und Einzigartigkeit viel zu schreiben gibt.

Hodler ist ein Meister seiner Kunst, er hat sich in der Porträtmalerei, im Genrebild, im Landschaftsbild und in der Historienmalerei als gleichermaßen herausragend erwiesen. Seine Kunstfertigkeit wurde schon zu Lebzeiten erkannt und bei Wettbewerben prämiert, wenn auch die Vernachlässigung des Ästhetischen zugunsten der Wahrheit zuweilen Unverständnis und Ablehnung hervorriefen. Es zählt zu den ungemeinen Vorzügen dieses Künstlers, dass er ungeachtet der öffentlichen Meinung stets und unbeirrt seiner eigenen, in ihm schlummernden Berufung folgte.

 

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Das Museum und mit ihm Kuratorin Katharina Schmidt heben nun – mit dieser Ausstellung – das Symbolistische seiner Kunst hervor und sprechen damit zugleich einen heiklen Punkt an, da Hodler selbst sich nicht als Symbolisten sah, sich gegen eine solche Einordnung sogar wehrte. Nun haben seine Werke durchaus symbolistische Prägungen, die aber weniger auf Literatur oder Allegorien zurückgehen, als auf die Umsetzung eigener malerischer Ideen. Aus diesem Grunde wollte der Maler auch nie in einen vorgeprägten Kanon eingeordnet werden, da sich daraus seiner Meinung nach nur allzu oft ergab, dass das Individuelle der Kunst verloren ging. Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage wäre wünschenswert gewesen, wichtiger vielleicht noch als Werner Buschs, wenn auch interessante, Analyse des Verhältnisses Hodlers zur deutschen Romantik. Diesem Thema wird ein eigener Aufsatz gewidmet, der zeigt, dass Hodlers Werk zwar thematische Gemeinsamkeiten mit Caspar David Friedrichs Bildern aufweist, ein unmittelbarer Zusammenhang aber, wie eine direkte Anlehnung Hodlers an Friedrich, ausgeschlossen werden kann. Dies deshalb, da Friedrich lange Zeit in Vergessenheit geraten war und erst auf der sogenannten Jahrhundertausstellung von 1906 wiederentdeckt wurde. Wahrscheinlicher sind vielmehr »Verwandtschaften in Grundfragen«. Was darunter zu verstehen ist, schreibt Hodler selbst in seiner kunsttheoretischen Schrift: »Die Sendung des Künstlers« von 1896/97. Dort und bei seinem ersten Biografen Carl Albert Loosli finden wir Aussagen, die durchaus an Friedrich erinnern: »Das Kunstwerk wird eine neue Ordnung offenbaren, die den Dingen innewohnt, und das wird sein: die Idee der Einheit.« Gemeint ist die Idee der Einheit von Natur, Menschenseele und Kosmos. Dies, so banal es klingt, sind die einzigen bestimmenden Inhalte im Hodlerschen Werk. Sein Leben lang versucht er, die eigentlich philosophisch-religiösen Fragen malerisch angemessen umzusetzen und so an den Betrachter weiterzugeben – das scheinbar Unsagbare zu sagen.

Wie kein anderer versteht es László Földényi in seinem Aufsatz »Die Struktur der ewigen Wiederkunft (…)« diesen Kern der Hodlerschen Malerei wiederzugeben. Wer dies liest, versteht: Egal ob Porträt, Landschaft, Genrebild oder Historienmalerei – Holder begreift die Aufgabe des modernen Künstlers zu Beginn des 20.Jh.s allein darin, aus sich heraus Malerei zu erschaffen, die sich zwar an der Realität orientiert, die aber zugleich unter die Oberfläche zu blicken versteht und begreiflich macht, dass Mensch, Natur und Kosmos durch eine ihnen innewohnende, immer gleiche Gesetzlichkeit verbunden sind, die sich strukturell, also äußerlich, in Parallelität (eines seiner viel zitierten Strukturprinzipien), Symmetrie, Wiederholung oder auch Rhythmus manifestiert. Oskar Bätschmanns Verdienst ist es, die Hodlerschen Strukturprinzipien erkannt und in zahlreichen Aufsätzen beschrieben zu haben. In seinem Katalog-Aufsatz »Realismus im Ornament – Ferdinand Hodlers Prinzip der Einheit« verweist er vor allem auf das Prinzip der ornamentalen Rahmung, das seiner Ansicht nach das Werk Hodlers durchzieht.

 

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Die wissenschaftlich anspruchsvollen Aufsätze des Katalogs geben neue Blickwinkel auf das Werk des Schweizers frei, führen uns bisher unbekannte Details vor Augen und versäumen es nicht, die verschiedenen Genres seiner Malerei einzeln unter die Lupe zu nehmen. Einziger Schwachpunkt im sonst sehr gut durchdachten und aufwendig gestalteten Katalog sind die Inhalte der Werkbeschreibungen. Sie begnügen sich damit, Hintergrundwissen zu den einzelnen Bildern (Ort, Zeit und Umstände der Entstehung, Einordnung ins Gesamtwerk, Parallelen zu anderen Künstlern etc.) zu bieten und bringen darüber hinaus nichts Neues. Was, von einigen Ausnahmen abgesehen, immer wieder zu kurz kommt, sind eigene Gedanken sowie eng am Werk arbeitende Bildanalysen.

Ansonsten bietet der Katalog umfangreiches und gut aufgearbeitetes Material in einer für den Verlag typischen hohen Qualität und ist für alle, die diesen großartigen Künstler näher kennen lernen möchten und den Weg nach Bern oder Budapest scheuen, ein sehr empfehlenswerter Katalog und eine sich lohnende Investition.

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