Ausstellungsbesprechungen

Stefan Kuberek, Der rote Faden

Der sprichwörtlich rote Faden, den jeder von uns als Besucher einer Ausstellung sucht, wurde für Stefan Kuberek zum künstlerischen Leitthema. Bis zum 6. Mai 2008 werden in der Galerie Künstlerkreis Neunkirchen neben dem in Stein gemeißelten Fadenfragment - mit dem das Thema für den Künstler vor rund einer Dekade seinen Anfang nahm - die aktuellen skulpturalen und grafischen Arbeiten zum roten Faden präsentiert.

Die von Stefan Kuberek in Stein formulierten Fäden rufen eine im Raum erfahrbare Spannung hervor, die durch Knoten, Verschlingungen oder ondulierende Bewegungen evoziert wird. In dieser biomorphen Formensprache, die sich durch das Wechselspiel von Voll- und Hohlform auszeichnet, scheint sich das organische Wachstum zu artikulieren. Die Skulpturenfadenfragmente öffnen sich und kehren sich im nächsten Moment wieder vom Betrachter ab, sie verharren in vibrierenden Formbewegungen und fließen doch kraftvoll in den Raum, sie sind in Stein gearbeitet und doch wohnt ihnen Leben inne.

Henry Moore hat 1964 zur eigenen Zielsetzung seiner Skulpturen die folgenden Worte gefunden: »Ich möchte gern, daß meine Skulpturen Stärke, Kraft, Leben, Vitalität ausstrahlen, so daß man fühlt, der innere Druck suche sie zu sprengen oder die innere Kraft nach außen abzugeben, nicht aber meint, etwas vor sich zu haben, das einfach von außen gestaltet und festgehalten wurde. Es ist, als würde es versuchen, selbst, von innen heraus eine Form zu erlangen.«

 

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Und genau in dieser Aussage finden sich auch Stefan Kubereks Skulpturen gespiegelt, da auch ihnen Stärke, Kraft und Vitalität eingeschrieben ist. Beispielhaft kann der Ausstellungsbesucher dies an dem Skulpturenfaden, Fragment N° 7 beobachten. Als Basis der Arbeit fungiert eine bosselierte, die Form des Fadens leicht wiedergebende Steinformation. Der Faden selbst setzt, frei im Raum schwebend, links unten mit seiner Bewegung ein, steigt kraftvoll nach rechts oben und bahnt sich dabei durch eine Partie der Bosse seinen Weg. Am Zenitpunkt angelangt wendet der Faden sich um 180 Grad und fließt ein Stück zurück, wendet sich noch einmal in die entgegengesetzte Richtung nach oben, kehrt letztmals um und beschreibt eine nach rechts verlaufende Wellenbewegung. Dabei legt sich der Faden auf den Grund und gräbt sich dort in den staccatoartig behauenen Stein ein. Die Dynamik ist gemildert und der Faden gleitet über die Bosse hinaus in den Raum. Neben der ondulierenden, beschleunigten Bewegung darf aber nicht das Licht- und Schattenspiel, der Wechsel von Stein und durchbrochener Materie übersehen werden, da hierin ein wesentlicher ästhetischer Reiz der Arbeit besteht.

 

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Während im ersten Ausstellungsraum der Fragment gebliebene, steinerne Faden präsentiert wird, hat dieser sich im zweiten Raum zum realen »roten Faden« gewandelt. Hier werden Gegensätze, wie fein und grob, bewegt und starr, weich und hart vereint, denn der rote Faden dringt in den Stein ein und hält ihn zusammen. Paradigmatisch geschieht das an der weißen Wand, die von einem vertikal verlaufenden Riss durchzogen ist. Diesen hat Stefan Kuberek mit einem roten Faden und mit Hilfe der steinernen Nadel, die als neustes Element in die Kompositionen einbezogen wird, zusammengenäht.

 

Auch in der mit »Nadel« betitelten Arbeit treten ein in seiner natürlichen Textur belassener Stein, der rote Faden und eine überdimensionale Nadel in Interaktion miteinander: Die Nadel, durch deren Öhr die rot leuchtende Schnur gezogen ist, dringt in den Stein ein und hält ihn durch ihre webende Arbeit zusammen. Besonders spannend ist die florale Oberflächenstruktur, zu der neben Moosen auch kleinere Gräser zählen. Es findet sich in dem Werk die Natur belassene Materie der zivilisatorischen Kultur gegenüber, die den vom Zerfall betroffenen, natürlichen Korpus zu bewahren sucht.

 

Auf beide Ausstellungsräume verteilt, begegnen dem Ausstellungsbesucher grafische Arbeiten Stefan Kubereks. Diese zeugen – wie die dreidimensionalen Arbeiten auch – von einer intensiven Betrachtung der Umwelt. Mit schwarzer Tusche erarbeitet der Künstler mit Hilfe der Frottage – einem Druckreibeverfahren – eine biomorphe Textur, durch die hindurch sich etwa ein mäanderartiger Riss erstreckt. Doch auch hier sorgt der rote, eingewobene Faden für Stabilität und hält zusammen, was in den weißen Höhungen und schwarzen Vertiefungen sich zu verlieren droht.

 

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Gleichfalls durch Frottage ist die mit »Energie« betitelte Grafik entstanden. Hier hat Kuberek das Papier zunächst über einen Baumstumpf gelegt und das Muster der Maserung mit Graphitstift durchgerieben. Danach experimentierte der Künstler mit Eisstücken und schwarzer Tusche, die sich auf dem Papier mit dem Wasser verbunden hat und zu einem rostigen Braun mutiert ist. Das Ergebnis zeigt eine beeindruckende Metamorphose, die mit dem eingeflochtenen roten Faden – er hält einen Riss im Baumstamm kraftvoll zusammen – ihren abschließenden Schliff erfährt.

 

Mit Stefan Kubereks »Der rote Faden« ist der Galerie Künstlerkreis Neunkirchen eine Ausstellung auf ästhetisch hohem Niveau gelungen, die neben einer einfühlsamen, sorgfältig konzipierten Präsentation der 25 hochrangigen Arbeiten vor allem durch die Werke selbst zu überzeugen weiß. Fazit: Ein viel versprechendes Juwel aus der Schatzkiste zeitgenössischer Kunst!



 

Öffnungszeiten

Sa 11-15 Uhr

 

Während der Öffnungszeiten ist der Künstler anwesend und die Galerie verwandelt sich in eine Werkstatt, in der Ateliergespräche möglich sind.


 

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