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Tagung: Geometrisierte Landschaften. Raumkonstruktion und Selbstentwurf der Niederlande im Garten im 17. Jahrhundert, am 20. und 21. November 2015 in Düsseldorf

Den Landschaften und Raumkonstriktionen in der niederländischen (Garten-)Kunst widmet sich die inetrdisziplinäre Tagung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Damit will sie den Garten als relevanten Gegenstand im aktuellen kunstgeschichtlichen Diskurs neu verorten und die Aufmerksamkeit der Forschung auf diesen speziellen Raum richten.

Vor einem Jahr war in Karlsruhe die große Ausstellung "Mapping Spaces. Netzwerke des Wissens in der Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts" zu sehen. Ausstellung und Katalog behandeln zentrale Aspekte der niederländischen Raumbildung des 17. Jahrhunderts und führen die mediale Erzeugung der Evidenz der neuen niederländischen Raumformen als Produkt von Künstlern und Ingenieuren eindrucksvoll vor Augen. Es ist erstaunlich und bezeichnend zugleich, dass dabei die Garten als eine der beliebtesten, elaboriertesten und gesellschaftlich angesehensten Formen der artifiziellen Raumbildung keine Erwähnung findet. Dies erstaunt, da Lustschloss und Lustgarten in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts in so hohem Maße und mit solcher Breite als exklusive Lebensorte genutzt wurden wie kein anderer Ort. Zudem muss diese glanzvolle Gartenkunst als eine Kunst der Raumbildung verstanden werden, die sich ganz dezidiert auch als eine Anwendung der geometria practica - also des Vermessungswesens - verstand. Schließlich wurde die Entwicklung der niederländischen Gartenkunst des 17. Jahrhunderts von einer Freude an der bildlichen Inszenierung begleitet, welche die in "Mapping Spaces" reflektierten Aspekte in hoher Qualität aufgriff. Bild-Künstler wie der Kartograph Balthasar Florisz. van Berckenrode oder Romeyn de Hooghe schufen grafische Gartenräume, deren bildliche Qualität bisher nicht ausreichend untersucht ist.

Ein Ziel der Tagung ist es, den Garten als relevanten Gegenstand im aktuellen kunstgeschichtlichen Diskurs neu zu verorten, da er insbesondere im 17. Jahrhundert sowohl realräumlich als auch bildlich eines der wichtigsten Aktionsfelder der künstlerischen Aneignung, Anwendung und Transformation des Potentials der geometria practica war. Dabei ist der Garten nur in zweiter Linie eine Ordnung der Abbildung und Kartierung. Im Garten wird vielmehr auf andere Art und Weise, nämlich in situ mit natürlichem Stoff umgegangen. Der Garten entfaltet sich in der räumlichen Geschlossenheit, also gerade in seiner
geometrischen räumlichen Definition und Verendlichung. Können der Stoff der Natur und seine Ordnung durch den Menschen nur vor Ort, in situ unmittelbar erfasst werden, so ist es im Gartenstich möglich, diese zu einer ganz eigenen Form der Anschaulichkeit zu bringen, die sich in ihrem wohlkalkulierten Wechselspiel von Offenheit Geschlossenheit geradezu komplementär zu den Kriegslandschaften etwa Jacques Callots verhält.

Der niederländische Garten des 17. Jahrhunderts soll als Teil einer Raumkunst neuen Typs untersucht werden. Rationalität, Pragmatismus und die Planbarkeit des sozialen und natürlichen Raumes sind wichtige Bestandteile der kulturellen Identität der Niederlande. Gerne werden die Niederlande heute als "Selfmade Land" deklariert. Diese Beschreibung hat eine Tradition, die bis zur Gründung der Vereinigten Niederlande im 17. Jahrhundert zurück reicht und eng an den praktischen Aufbau rationaler, pragmatischer und planbarer Räume gebunden war. Ästhetisch kulminierte diese Praxis der Raumordnung im geordneten und
gepflegten Garten, dem 'hollandse tuin', der zu einem der populärsten patriotischen Symbole der Republik der Sieben Vereinigten Provinzen wurde.
Die interdisziplinäre Tagung soll mit Bezug auf dieses Selbstbild den Raum des Gartens als Konkretisierung eines spezifisch niederländischen Zugriffs auf den Raum thematisieren, der seine Äquivalente im Kulturraum der Landgewinnung, im Ordnungsraum der Stadt, im strategisch-logistischen Raum des Militärs und im projektiven Raum der kaufmännischen Spekulation hat. Der niederländische Garten soll so über seine Verankerung in der europäischen Gartenkunstgeschichte hinaus als Teil einer Raumkunst neuen Typs thematisiert wird. Um die Qualitäten des Gartens in diesem Sinne genauer bestimmen zu können, werden wir den naturräumlichen und den bildlich imaginierten Garten als Konkretisierungen der wesentlichen raumbildenden Kulturtechniken Mathematik und Bild zu befragen.

Programm

Freitag, 20. November

14.00 Uhr
Begrüßung
Prof. Dr. Stefan Schweizer, Stiftung Schloss und Park Benrath
Prof. Dr. Timo Skrandis, Institut für Kunstgeschichte, Heinrich-Heine-Universität

14.20 Uhr
Einführung

Sektion I: Formen und Technologien der Gestaltung und Nutzung von Natur

14.45 Uhr
Patricia Debie (Renswoude): The tree-lined avenues at Palace Het Loo, a beautiful example of the classic Dutch (landscape) architecture tradition

15.30 Uhr
André Bischoff (Berlin): Figur und Feld. Verzahnungen und Überlagerungen in städtischen, gärtnerischen und landschaftlichen Räumen

16.15 Uhr Kaffeepause

16.45 Uhr
Martin van den Broeke (Groningen): Geometrical parks of country houses in Zeeland 1670-1700: taste, power and economics

17.30 Uhr
Saskia Beranek (Pittsburgh): The Hollandse Tuin at Huis ten Bosch: Amalia van Solms and Strategies of Living Memory

Sonnabend, 21. November

Sektion II: Instrumentarien der bildlichen Inszenierung von Garten und Landschaft

10.00 Uhr
Christof Baier (Düsseldorf): castrametatio batavorum & hortus batavus. Der Lustgarten des Statthalters Friedrich Heinrich von Oranien in Honselaarsdijk als Sublimierungsform der Militärräume der Oranischen Heeresreform

10.45 Uhr
Fabio Colonnese (Rom): The labyrinth as an architectural mediator. Vredeman de Vries and the geometric garden in the Netherlands

11.30 Uhr Mittagspause

13.00 Uhr
Christian Drobe (Halle): Historisierter Raum und utopische Gegenwelt? Jacques Callots "Belagerung von Breda" und Romeyn de Hooghes Vogelschauen von Enghien

13.45 Uhr
Miriam Volmert (Zürich): Umgrenzte Blicke. Politische und ästhetische Ordnungsdimensionen von Garten und Landschaft in der holländischen Druckgrafik des frühen 17. Jahrhunderts

14.30 Uhr Kaffeepause

15.15 Uhr
Doris Gerstl (Regensburg): Dramatisierte Gartenräume im Film: Peter Greenaways "The Draughtsman's Contract" und die Tradition der Gartenansicht

16.00 Uhr Abschlussdiskussion

Ort:
Museum für Europäische Gartenkunst, Stiftung Schloss und Park Benrath,
Benrather Schloßallee 100-106, 40597 Düsseldorf

Die Tagung ist kostenlos. Anmeldung bitte bis 16. 11. 2015.

Programm als PDF zum Download unter www.kunstgeschichte.hhu.de/forschung-institut/tagungen/geometrisierte-landschaften.html

Konzeption und Durchführung:
Jun. Prof. Dr. Christof Baier
Institut für Kunstgeschichte der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Universitätsstr. 1, Geb. 23.32.04
40225 Düsseldorf
E-Mail: christof.baier(at)uni-duesseldorf.de

André Bischoff M. A.
Humboldt-Universität zu Berlin

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