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Über den Umgang mit Denkmälern und ihrer Geschichte: Das Beispiel »Schießhaus zu Weimar«

Es ist eigentlich ein besonderes Kulturdenkmal für Weimar, das sogenannte Schießhausgelände und hat in den letzten Jahren immer wieder für Diskussionen gesorgt. Wie ein Land mit seinen Denkmälern umgehen kann, welche Probleme es bei Umnutzungen beachten muss und wie unterschiedlich die Ansichten dazu sein könne, das konnte an der Diskussion rund um das Weimarer Schießhausgelände live erlebt werden.

Das Weimarer Schießhaus kann wahrlich nicht über mangelnde Prominenz klagen, denn seine Entstehung hat es großen Namen wie Johann Wolfgang von Goethe und dem Baumeister Heinrich Gentz (1766-1811) ebenso zu verdanken wie dem Engagement der Weimarer Bürgerschaft und des Herzogs Carl August. Dieser stellte die Fläche für den Neubau durch Tausch zur Verfügung und sorgte dafür, dass Heinrich Gentz die Entwürfe anfertigte. Errichtet wurde es 1803 bis 1805.

Das Gebäude und das Gelände zeichneten sich durch ihre großzügige Anlage aus: Ein zentraler Festsaal wird flankiert von zwei Flügeln, insgesamt bildet das Schießhaus einen Halbkreis. Im Inneren wird der Festsaal von einem Tonnengewölbe überspannt und von einer Säulenkollonade flankiert, ebenso sorgen große Fenster für Licht und eine einzigartige Sicht auf Weimar und seine Umgebung. Eine Apsis bildete eine Art Bühnenraum und ermöglichte so Theateraufführungen. Das Äußere des Baus ist zurückhaltend dekoriert besticht bis heute durch seine klassische Anlage.

Für die Bürgerschaft der Stadt hatte es im 19. Jahrhundert eine große Bedeutung. So war es als Ort der Geselligkeit und der Erholung außerhalb, aber nahe der Stadt gedacht und auch der Weimarer Hof ließ sich zu verschiedenen Anlässen hier blicken. Genutzt wurden das Schießhaus und sein Gelände für Vergnügungen und Freizeitangebote: Hier fanden Bälle und Feste statt, Vereine führten hier Veranstaltungen durch, das jährliche Vogelschießen fand hier statt. Außerdem konnte man schießen und kegeln, es gab eine Spielbank, eine Gaststätte und natürlich mieteten sich hier auch Händler und Schausteller ein. Das Gelände kann also als ein »Vergnügungspark« angesehen werden, in dem sich nicht nur das gehobene Bürgertum, sondern verschiedene Schichten trafen und vergnügten. Ein Platz also, der das Klassische Weimar in bester Manier verkörpert.

Mehrfach wurde es in Kriegszeiten als Verwundeten- und Gefangenenlager ebenso wie für Einquartierungen benutzt bis es nach dem Zweiten Weltkrieg schließlich ins Volkseigentum der DDR überging und der Volkspolizei zur Verfügung gestellt wurde. Vielleicht liegt darin die Ursache dafür, dass das Gelände fast aus dem Bewusstsein der Weimarer Bevölkerung schwand. Mit der politischen Wende musste ein neues Nutzungskonzept her. Zunächst aber verfiel das Gelände bevor es 2009 den Status als Einzeldenkmal erhielt. Das sollte aber nicht vor einer Bebauung schützen und noch 2009 begannen die Diskussionen um einen Plan der thüringischen Landesentwicklungsgesellschaft. Das Gebäude sollte verkauft, das Gelände aber für eine Bebauung zur Verfügung gestellt werden. Dagegen formierte sich eine Bürgerinitiative, die das Denkmal in Gefahr sah und auch bei Fachleuten aus Universität und Denkmalschutz Unterstützung fand.

Der Grund: Zahlreiche Stadtvillen sollten auf dem Gelände entstehen uns selbst den beeindruckenden Vorplatz verkleinern und den Blick auf das Ensemble verstellen; Bäume wurden gefällt und das Gelände als Baugrund ausgewiesen. Die Bürgerinitiative sah darin einen Verstoß gegen den Denkmalschutz und befürchtete, dass die Bebauungspläne rechtswidrig seien. Auch ein in Auftrag gegebenes Gutachten entdeckte Mängel und mahnte eine reduzierte Bebauung an, um den besonderen Blick vom Schießhausgebäude auf Weimar zu erhalten. Insbesondere die kulturhistorische Bedeutung des Geländes wurde dabei hervorgehoben, handelte es sich doch um einen Ort, an dem Hof und Bürgerschaft des Klassischen Weimar aufeinandertrafen und gemeinsam agierten. Der Fall schaffte es schließlich gar in die überregionale Presse und selbst die Deutsche Stiftung Denkmalschutz brachte sich daher schließlich in die Diskussion ein und schlug ein Moratorium vor. Ein geänderter Bebauungsplan wurde aber zuletzt beschlossen, auch ein Einwohnerantrag wurde abgelehnt und schließlich in reduzierter Form gebaut.

Immerhin führte die Debatte zu einer Tagung, die 2013 in Weimar stattfand und das Weimarer Schießhaus in seinen historischen und architektonischen Kontext einordnete und zuletzt konstatierte: mit dem Schießhausgelände besaß die Stadt einst einen regelrechten Vergnügungspark des 19. Jahrhunderts, der bis vor Kurzem noch Bestand hatte. Sie zog eine Verbindung zu den Vauxhall Gardens in London, suchte nach ähnlichen Beispielen in Deutschland (z.B. das »Linkische Bade« in Dresden). Der Tagungsband ist soeben erschienen und wirft ein Schlaglicht auf die Geschichte und Bedeutung des Schießhauses, beleuchtet die Bedeutung dieser und ähnlicher Vergnügungsstätten in Europa und zeigt die Einflüsse des Baumeisters Gentz. Darüber hinaus entwirft er ein Bild der Weimarer Gesellschaft des 19. Jahrhunderts und illustriert so einen Ort des Vergnügens. So kann die Bedeutung des Gebäudes noch erahnt werden.

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