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Von Onkel Ho und Friedenstauben – Die Kunst der Propaganda in Vietnam

Reist man in eines der noch verbliebenen kommunistischen Länder alter Prägung, fühlt man sich zuweilen in eine andere Zeit versetzt. Dazu trägt auch die Propaganda für das politische System bei. Vietnam ist eines dieser Länder. Propaganda-Plakate werden hier wie Kunstwerke gehandelt. Nina Zöpnek hat sie sich genauer angesehen.

Propaganda-Plakate erfreuen sich in Vietnam bei Einheimischen wie Touristen großer Beliebtheit. © Foto: Nina Zöpnek Allgegenwärtig und symbolträchtig: Die Flagge des kommunistischen Landes. © Foto: Nina Zöpnek
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Dass Vietnam ein kommunistisch geführtes Land ist, ist weitgehend bekannt. Dass der Kommunismus allerdings derart visuell und akustisch präsent ist – wie ich es auf meiner Reise durch das Land erlebte – war eine Überraschung.

An jedem Straßenrand, selbst in den ländlichsten Gebieten, weht einem die Flagge Vietnams – gelber Stern auf rotem Grund – in kurzen Abständen entgegen. Rote T-Shirts mit diesem bedeutungsschwangeren gelben Stern gibt es in jedem Souvenirladen zu erstehen. Propaganda-Tonbänder erschallen jeden Morgen in fast jeder Stadt zwischen sechs und acht Uhr früh, um die Bewohner freundlich an Feuersicherheit zu erinnern, aber auch um sie nicht vergessen zu lassen, welcher Regierung sie zu Dank verpflichtet sind. Politische Propaganda-Poster überbringen ihre klar erkenntlichen Botschaften der Gesellschaft und jedem Touristen an jeder Straßenecke.

Doch die Propaganda-Poster sind nicht nur Überbringer eindrücklicher politischer Nachrichten, sondern werden auch als Kunstgegenstände gehandelt: Entlang der belebtesten Straßen erblickt man Shops mit farbigen Plakaten in unterschiedlichen Größen, manche mit größerer Liebe zum Detail gestaltet als andere. Davor verkünden Schilder in Vietnamesisch und Englisch, dass es hier authentische Propaganda-Poster zu erstehen gibt. Wie original diese tatsächlich sind (ob für den tatsächlichen Gebrauch gefertigt oder als Souvenirs), lässt sich freilich hinterfragen. Klar ist allerdings, dass diese, selbst wenn nach Vorlagen gestaltet, sich alle an dieselben Beispiele halten. Manche sind sehr friedlich in Farbe und Botschaft, in Rosa-Tönen nur die Friedenstaube abbildend. Andere verkünden über die Großartigkeit der vietnamesischen Agrarkultur in stechendem Grün und Blau mit friedlichen Kühen im Zentrum. Wieder andere preisen die Zugverbindungen zwischen Hanoi und Saigon, die erst der Sozialismus möglich machte. Die letzte Kategorie überbringt ihre Nachricht in glorreichem Rot über den in Vietnam hochverehrten »Uncle Ho«, denn Ho Chi Minh, Gründer der heutigen Kommunistischen Partei Vietnams und ehemaliger Präsident der Demokratischen Republik Vietnam, gilt auch heute, 47 Jahre nach seinem Tod, noch als Nationalheld.

Manchmal wirkt es fast, als würde man die Darstellungen des Revolutionärs und einstigen Staatsoberhaupts mit deutlich mehr Aufwand gestalten, während bei anderen Themen die schnelle Bildproduktion im Mittelpunkt steht: Die Poster, die das Porträt Ho Chi Minhs zeigen, scheinen von künstlerisch fähigeren Malern produziert zu werden. Andere Plakate dagegen kommen mit den erwähnten einfachen Mitteln aus und die auf ihnen abgebildeten Protagonisten stellen in der Regel Stereotype dar: Arbeiter und Bäuerinnen, glückliche Kinder, pflichtbewusste Soldaten.

Wie auch immer am Ende die Produktion der vietnamesischen Propaganda-Plakate verläuft und ganz gleich, wie die persönliche Meinung zu ihnen stehen mag, muss man sie als interessante und farbenprächtige Reliquien einer für den Westen vergessenen Darstellungsform politischer Glorifizierung sehen.

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