Ausstellungsbesprechungen

Weltstars der Fotografie noch bis 11. Januar in Mannheim

– Die Preisträger der Hasselblad Foundation

 

Reiss-Engelhorn-Museen hatten am 11. Dezember einen hohen Gast in ihrem Haus der Weltkulturen, der die Weltklasse der Sonderausstellung über die »Weltstars der Fotografie« nicht nur physisch unterstrich: Der Boxer Wladimir Klitschko schaute vorbei und zeigte sich erfreut, Arbeiten seines ukrainischen Landsmanns Boris Mukhailov zu sehen. In rund 250 Beispielen lassen sich über das Jahr hinaus alle Preisträger der Hasselblad Foundation feiern – die Auszeichnung kursiert als der »Nobelpreis« der Fotografie (die Architektur hat sich für diese alternative Nominierung den Pulitzerpreis ausgedacht). Der Name trügt, denn in der Tat darf man die Bezeichnung nicht als Einflussnahme eines einschlägigen Unternehmens lesen: Man hat vielmehr den Eindruck, als trete der Auslober des begehrten Preises sogar noch dezent zurück. Aber da sitzt man wahrscheinlich dem Phänomen auf, dass die Strahlkraft der Bilder jede andere Beleuchtung in den Schatten stellt.
 
Die 28 bisherigen Preisträger sind nicht nur Weltstars, jeder für sich: Sie umspannen auch die ganze Bandbreite fotografischer Möglichkeiten: Der erste Preisträger von 1980, der Schwede Lennart Nilsson (geb. 1922), ist Wissenschaftsfotograf, der lange Jahre für das »Life«-Magazin tätig gewesen ist und noch immer seine Finger am Drücker hat, wenn es um die Weiterentwicklung der Ultraschallfotografie geht; diesjährige Gewinnerin ist die mexikanische Künstlerin Graciela Iturbide (geb. 1942), die die »Menschen in ihrer alltäglichen Realität« sucht und eindringliche Symbolwelten findet – dazwischen liegt sozusagen ein Universum! Mindestens vier der Fotografen waren oder sind in diesem Herbst und Winter in großen Einzelausstellungen präsent: Richard Avedon (1923–2004), der aus der Not des Militärfotografen, der zahllose Gesichter vor neutral weißem Hintergrund zu Passbildzwecken knipsen musste, eine Tugend machte und Politiker passgerecht in Szene setzte und darüber hinaus wunderbare Modefotos schuf – Berlin zeigt eine Retrospektive; der gebürtige Stuttgarter Robert Häusser (geb. 1924), der mit seinen konstruktiv-beklemmenden Landschaftsbildern in grandiosen Mannheimer Dauerausstellungen präsent ist; Hiroshi Sugimoto (geb. 1948) aus Japan ist mit gewollt unscharfen Architekturfotografien, stillebengleichen Seelandschaften und »lebensechten« Porträts von Wachsfiguren zu einem der bedeutendsten und spannendsten Fotografen der Gegenwart avanciert; der Kanadier Jeff Wall (geb. 1946), Meister des inszenierten Bildes, ist längst in vielen Gruppenausstellungen mit von der Partie, aktuell präsentiert die Münchner Galerie Schöttle sein Werk.
 
Es wurde – nicht zu Unrecht – an der Preisvergabe kritisiert, dass vorwiegend »gestandene«, sprich betagte Mannsbilder zu Ehren kamen: Die ersten Preisträger standen in den 70ern, gar 80ern, erst mit dem 45-jährigen Sebastiao Salgado und der 46-jährigen Susan Meiselas (zudem die erste von nur fünf Frauen) wendete sich 1989 bzw. 1994 das Blatt nur wenig. Der Museumsbesucher darf sich insofern darüber freuen, dass mit Gewähr das Beste zu sehen ist, was die Fotogeschichte zu bieten hat. Deshalb sei die Liste der genannten Namen zum vollständigen Who is who erweitert: Ansel Adams (1981), Henri Cartier-Bresson (1982), Manuel Álvarez Bravo (1984), Irving Penn (1985), Ernst Haas (1986), Hiroshi Hamaya (1987), Edouard Boubat (1988), William Klein (1990), Josef Koudelka (1992), Sune Jonsson (1993), Robert Frank (1996), Christer Strömholm (1997), William Eggleston (1998), Cindy Sherman (1999), Malick Sidibé (2003), Bernd und Hilla Becher (2004), Lee Friedlander (2005), David Goldblatt (2006) und Nan Goldin (2007). Es dürfte kaum je eine Schau mit einer solchen Wucht an Weltklasse gegeben haben. In den Reiss-Engelhorn-Museen treten die Protagonisten in der Reihenfolge ihrer Nominierung an, die Führungslinie ist klar und doch eindrucksvoll inszeniert – kein Wunder, laden sich die Sparten durch die eher zufällige Chronologie doch aneinander auf: Modell neben Straßenmädchen, Landschaft neben Architektur, Schnappschuss neben Komposition, Anmut neben Gewalt usw., ganz zu schweigen von der insgesamt internationalen Besetzung.
 
Parallel zur Weltstars-Ausstellung präsentiert das Mannheimer Haus eine Fotoschau »As I was Dying« von Paolo Pellegrini, Aufnahmen aus Krisengebieten dieser Welt: Afghanistan, Kosovo, Palästina.
 

Weitere Informationen

www.rem-mannheim.de

Katalog

Alfried Wieczorek / Claude W. Sui (Hrsg.): Weltstars der Fotografie – Die Preisträger der Hasselblad Foundation. Heidelberg: Braus, 2008.

ISBN 978-3-927774-23-0

 

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