Buchrezensionen

Wolf Porz/Alfons Kiefer (Hg.): Alfons Kiefer – Illustrationen, Zeichnungen & Gemälde, Gollenstein 2013

In der jüngst erschienenen Publikation richtet der Gollenstein Verlag das Augenmerk auf drei Schaffensdekaden des wohl populärsten Fotorealisten Deutschlands: Alfons Kiefer. Seine Arbeiten für den »Stern«, den »Spiegel«, den »Playboy« oder das »SZ-Magazin« dürften den meisten von uns vertraut sein. Nicht zu vergessen das mit Klaus Voormann gestaltete Cover der Beatles »Anthology«. Verena Paul hat das Buch für Sie mit großem Vergnügen unter die Lupe genommen.

Als die Monografie »Alfons Kiefer – Illustrationen, Zeichnungen & Gemälde« auf meinem Schreibtisch lag und ich zunächst in die weit aufgerissenen Augen und in das große zahnlose Maul eines unter Strom gesetzten Schimpansen blickte, war meine Neugierde direkt entflammt. Wer verbirgt sich, fragte ich mich, hinter solch kraftvoll gestalteten, schalkhaft-kritischen Werken? Es ist der 1953 im saarländischen Besseringen geborene Illustrator Alfons Kiefer. Mit feinem Pinsel fühlt dieser detailverliebte, querdenkerische Ästhet Politikern auf den Zahn, lässt Frauen unglaublich erotisch erscheinen oder entwirft Werbebilder, die ein Vorbeischauen unmöglich machen. Nicht zu vergessen seine mit scheinbarer Leichtigkeit zu Papier gebrachten Skizzen.

Und die Beiträge, was verraten sie uns über Alfons Kiefer? Neben Informationen zum künstlerischen Schaffen, zeichnen die von Freunden und Weggefährten geschriebenen Texte ein lebendiges Bild des Illustrators. Für den Journalisten Wolf Porz etwa ist Kiefer »der Handwerker, der Perfektionist, der Beobachter«, der sich »bescheiden Illustrator« nenne und »schon mal mit der Berufsbezeichnung ›Auftragskünstler‹« kokettiere. Und Stefan Kiefer, der Titelchef des »Spiegel«, lobt Alfons Kiefers »herausragende malerische Qualifikation«, denn »was wie eine reale Situation wirken soll, wie tatsächlich fotografiert – und damit quasi authentisch –, kann der bedeutende Fotorealist Kiefer mit seiner akribischen, sich aber nie im Detail verlierenden Maltechnik unvergleichlich überzeugend darstellen.« Paradigmatisch als Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier sich im Wahljahr 2009 gleichzeitig auf den von Kiefer herbeigezauberten Kanzler-Thron quetschen wollen und dabei keineswegs eine vorteilhafte Figur machen. Ein Moment also, den es so de facto nicht gab, der aber verdeutlichen soll, dass nur einer dieses hohe politische Amt begleiten kann. Anton Kiefer spürt mit schlafwandlerischer Sicherheit zwischenmenschliche Kippmomente auf, entlarvt sie jedoch nur so weit, dass ein sublimer Spannungsmoment erhalten bleibt. Staunend stehen die Betrachter dann vor einem formal grandios gestalteten Werk, das zudem noch eine Botschaft bereithält. Und so nimmt es nicht wunder, wie rasch sich jene Bilder in unsere Netzhaut einbrennen und auch nach Jahren im visuellen Gedächtnis verankert sind.

Neben den Gemälden haben die Herausgeber Wolf Porz und Alfons Kiefer – und das ist ein echtes Sahnehäubchen der Publikation – ein Kapitel den Skizzen gewidmet. Diese mit Blei- und Farbstift, Tusche oder auch in Mischtechnik gefertigten Studien scheinen so beiläufig entstanden zu sein und doch wohnt ihnen ein poetischer Reiz inne, eine herbe Schönheit und geheimnisvolle Intensität, die das leidenschaftliche Ringen um Form und Inhalt erkennen lassen. »Skizzen klären«, so die Erläuterung Alfons Kiefers, »die ungefähre Vorstellung von einer vagen Idee.« Das Anmutige, das Leichte dieser Vorarbeiten ist Ergebnis der intuitiven und jahrzehntelang geschulten Zusammenarbeit von Augen und Händen. Denn, fährt der Künstler fort, »[m]it dem Zeichnen ist es wie mit dem Sport. Es genügt nicht zu wissen, wie eine Disziplin funktioniert, man muss sie auch trainieren. Ohne Training keine Höchstleistung.« Höchstleistungen dürfen wir von Alfons Kiefer erwarten und finden sie auf beeindruckende Weise in vorliegendem Buch dokumentiert und kommentiert.

Fazit: Der vom Gollenstein Verlag vorgelegte Band gibt einen wunderbaren Überblick über das künstlerische Wirken »eines detailversessenen Kreativen mit der nötigen Distanz zum Ernst der Dinge. Eines Handwerkers, der stets mit klarem Blick, aber mit Augenzwinkern durch die Welt geht«, wie Wolf Porz in seinem Vorwort schreibt. Auf ihre Kosten kommen Leser und Leserinnen sowohl bei der Lektüre der Texte (dt./engl.) als auch bei der Betrachtung der scharf analysierenden Illustrationen, der pointierten Titelbilder, der prickelnd erotischen Arbeiten und der versierten Skizzen, die allesamt Alfons Kiefers herausragende Meisterschaft belegen. Insofern darf ich Ihnen dieses qualitativ hochwertige und dennoch geldbörsenfreundliche Buch uneingeschränkt empfehlen!

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