Das Kunsthistorische Institut in Florenz widmet sich in einem Workshop der Leere. Oder genauer gesagt: ihrer Rolle in Zeichnung und Graphik der Frühen Neuzeit als Gegensatz zu dem durch Linien bezeichneten Raum.
Dass sich Zeichnung und Druckgraphik aus dem Setzen und Nicht-Setzen einer Spur konstituieren und damit kompositorische Gefüge aus Verdichtung und Entzerrung entstehen lassen, ist die wohl einfachste Explikation dieser Gattungen. Innerhalb dieses grundlegenden Dualismus nimmt die freie Fläche nicht zwangsläufig die untergeordnete Rolle gegenüber der zeichensetzenden Linie im Nebeneinander von Form und Nicht-Form ein. Ziel des auf die Frühe Neuzeit ausgerichteten Workshops ist es, der nicht bezeichneten Stelle in ihren verschiedenen Ausdrucksformen und Funktionen als aktiv bildbestimmendes Element nachzugehen. Die Beiträge des Workshops widmen sich, ausgehend von grundsätzlichen Fragen zu konkret physischen Eigenschaften des blanken Papiers, semantischen wie gleichermaßen bildtheoretischen Ausdifferenzierungen des Phänomens der Leerstelle je nach Technik und Sujet des Werkes. Dabei richtet sich der Blick unter anderem auf Helle bzw. Dunkel des urstofflichen Nichts sowie auf atmosphärische Landschaftsräume als offene Stellen potenzieller, metaphysischer wie künstlerischer Reflexionen. Ferner wird untersucht, wie und mit welchen ästhetischen Implikationen in der Druckgraphik eine Freistellung der Figur unterschiedlichen Motivationen geschuldet sein kann oder welche Leerstellen kunsthistorische Betrachtung selbst hervorbringt. Ein weiterer Schwerpunkt der Veranstaltung liegt auf der Beziehung von Bild und Text(-auslassung).
Donnerstag, 18. Januar 2018
14:30 Uhr
Begrüßung: Gerhard Wolf
Einführung: Lisa Jordan und Elvira Bojilova
Moderation: Maria Aresin
15:00 Uhr
Iris Brahms (Freie Universität Berlin): Luft, Licht, Leere, Leinen, Lapsus. Konnotationspotentiale von Papier auf Zeichnungen um 1600
15:30 Uhr
Heiko Damm (Johannes Gutenberg-Universität Mainz): Mut zur Lücke. Zur Ästhetik der Aussparung im zeichnerischen Werk von Luca Giordano
16:00 Uhr Pause
Moderation: Samuel Vitali
16:30 Uhr
Anna Christina Schütz (Universität Stuttgart): Himmlische Leere. Die unbezeichnete Fläche auf gezeichneten Landschaften um 1500
17:00 Uhr
Huigen Leeflang (Rijksmuseum, Amsterdam): The printmaker Hercules Segers and his experiments with surface and space
17:30 Uhr Pause
Moderation: Jessica Richardson
18:00 Uhr
Renzo Baldasso (Arizona State University): The Aesthetic of White in the Early Black Art
18:30 Uhr
Lisa Pon (Southern Methodist University): Blank Forms: Print, Paper, and the Invitation to Inscribe
Freitag, 19. Januar 2018
Moderation: Felix Jäger
10:00 Uhr
Franz Engel (Humboldt-Universität zu Berlin): Negative Präsenz. Die Persistenz des Chaos im Bildgrund
10:30 Uhr
Margareta Ingrid Christian (University of Chicago): Luftraum: Empty Space in Riegl’s Studies on the Baroque
11:00 Uhr Pause
Moderation: Irene Gilodi
11:30 Uhr
Stephanie Porras (Tulane University): Graphic absence, the excerpt and the print collection
12:00 Uhr
Anja Wolkenhauer (Eberhard Karls Universität Tübingen): Die Fragilität der Medienmischung (Der Text als Leerstelle)
11:30 Uhr Pause
14:30 Uhr
Besuch des Gabinetto dei Disegni e delle Stampe degli Uffizi (nur für Vortragende) mit Marzia Faietti, Roberta Aliventi, Laura Da Rin Bettina, Michele Grasso und Pierluca Nardoni
Tagungsort: Kunsthistorisches Institut in Florenz – Max-Planck-Institut | Palazzo Grifoni Budini Gattai | Via dei Servi 51 | 50122 Florenz
Kontakt: Ester Fasino | Abteilung Gerhard Wolf | dirwolf@khi.fi.it
Organisation: Elvira Bojilova und Lisa Jordan