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Zeichnungen aus dem Bestand des Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi — Eine Online-Ausstellung der Photothek des Kunsthistorischen Instituts in Florenz

Die Photothek des Kunsthistorischen Institutes in Florenz – Max-Planck-Institut führt kontinuierlich Fotokampagnen durch und stellt digitale Kopien in hoch auflösenden Formaten der Wissenschaft zur Verfügung. Aktuell zeigt die Photothek 44 Zeichnungen aus dem Bestand des Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi (GDSU) in einer Online-Ausstellung.

Orazio Sammacchini (1532-1577), Verkündigungsengel, Inv. 13169 F © Kunsthistorisches Institut in Florenz (Max-Planck-Institut) & GDSU
Orazio Sammacchini (1532-1577), Verkündigungsengel, Inv. 13169 F © Kunsthistorisches Institut in Florenz (Max-Planck-Institut) & GDSU

Die Sammlung des Gabinetto Disegni e Stampe zählt mit über 150.000 Werken zu den wichtigsten graphischen Sammlungen weltweit. Ihr Ursprung reicht bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zurück. Das interdisziplinäre Projekt „Euploos“, das 2006 von den Organisatoren der Ausstellung gemeinsam mit der Scuola Normale Superiore di Pisa gegründet wurde, widmet sich der wissenschaftlichen Bearbeitung dieser bedeutenden Bestände. Dabei soll das überaus wertvolle Material schrittweise katalogisiert und digitalisiert und gleichzeitig der internationale wissenschaftliche Diskurs auf dem Gebiet der graphischen Künste gefördert werden.

Mit einer Auswahl an Werken, die teilweise aufgrund akribischer philologischer Arbeit und stilistischer Analysen signifikante Neuzuschreibungen erfahren haben, präsentiert die Online-Ausstellung die jüngsten Forschungsergebnisse dieses Kooperationsprojektes, die hier zum Teil erstmals vorgestellt werden und macht das wissenschaftliche Potential des Projektes sichtbar. Wie bedeutend Neuzuschreibungen sein können und welche Auswirkungen sie auf ganze Werkgruppen haben können, verdeutlichen einige Beispiele der Online-Ausstellung.

So wurde die Zeichnung einer männlichen Figur (Inv. 6767 F) im Jahr 2008 der Dominikanernonne Plautilla Nelli (1523-1588) zugeschrieben, die im Umkreis Fra Bartolommeos tätig war. Bisher galt die Zeichnung als Werk des Florentiner Künstlers Giovanni Antonio Sogliani, wie der einstige Direktor des Real Gabinetto Disegni e Stampe, Pasquale Nerino Ferri (1851-1917) mit Bernard Berenson annahm. Nun ergaben genaue Nachforschungen, dass das Blatt im Inventar des 18. Jahrhunderts, in dem es erstmals Erwähnung findet, als Werk Nellis aufgeführt wurde. Die Entdeckung einer handschriftlichen Anmerkung des Kunsttheoretikers und ausgewiesenen Kenners der Sammlung Filippo Baldinucci (1624-1697) auf der Rückseite des Blattes, stärk zusätzlich die Neuzuschreibung an die Dominikanernonne.

Die Zeichnung „Thronende Madonna mit Kind und Heiligen“, welche bisher als Werk eines anonymen Künstlers des 17. oder 18. Jahrhunderts geführt wurde, gilt nun als Werk des aus Bologna stammenden Malers Marcantonio Franceschini. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist es eine vorbereitende Studie für das Altarbild, welches er 1687 für die Kirche San Giovanni Battista dei Celestini in seiner Heimatstadt schuf.

Daneben macht die Ausstellung auch auf wichtige Neuankäufe des Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi in den letzten Jahren aufmerksam. Zu den Erwerbungen zählen nicht nur signifikante Blätter frühneuzeitlicher Künstler, wie der „Triumphzug all’antica“ des Bolognesen Amico Aspertinis aus dem späten 15. Jahrhundert, sondern auch Arbeiten von Künstlern des 20. Jahrhunderts. Neben der eindrücklichen Zeichnung „Fünf Kopfstudien“ des Schweizer Künstlers Alberto Giacometti, welche in ihren nachdrücklichen und fast schmerzhaften Linien den verzweifelten Blick des Künstlers auf das menschliche Sein transportiert, findet sich darunter auch die Gouache-Zeichnung „Sans titre“ des Franzosen Jean Fautrier aus dem Jahre 1946. Sie gehört zu der Serie „Otages“, die der Künstler in der psychiatrischen Anstalt in Chatenay ausgeführt hatte, wohin er drei Jahre zuvor geflüchtet war.

Unter http://expo.khi.fi.it können Sie sich die Ausstellung ansehen.

Weitere Informationen

Um die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den graphischen Künsten zu fördern, organisieren die Partner des Kooperationsprojektes „Euploos“ regelmäßig Ausstellungen und Tagungen, die sich mit verschiedenen Aspekten der Zeichnung befassen. Die nächste Tagung der Reihe „Linea“ ist von Gerhard Wolf (Kunsthistorisches Institut in Florenz) und Marzia Faietti (Gabinetto Disegni e Stampe degli Uffizi) organisiert und findet in Florenz statt: Aesthetics and Techniques of Lines between Drawing and Writing, 30. Juni – 2. Juli 2011.

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