Van-de-Velde-Jahr 2013

Nietzsche Archiv Weimar, Ansicht des Wohnbereiches © VG Bild-Kunst, Bonn 2013; Foto: Jens Hauspurg
Nietzsche Archiv Weimar, Ansicht des Wohnbereiches © VG Bild-Kunst, Bonn 2013; Foto: Jens Hauspurg

Von der Linie besessen? Henry van de Velde als Architekt und Designer in Thüringen

Auf der Suche nach Formen, die das Wesen einer Sache wiedergeben, stieß Henry van de Velde (1863-1957) das Tor zur Moderne auf. Anlässlich seines 150. Geburtstages widmen die mitteldeutschen Museen dem "Alleskünstler" ein Festjahr. Rowena Fuß informiert Sie, was ihn in Thüringen umtrieb.

Man stelle sich vor: Ein Nachmittag im Jahr 1889. Henry van de Velde sitzt an seinem Schreibtisch und denkt über einen Entwurf nach. Gerade hat er Nietzsche fertig gelesen. Seine anarchistischen Denkansätze, seine Kritik am Historismus, die Frage nach einer künstlerischen Selbstbildung bzw. -überwindung haben Eindruck auf den jungen Künstler gemacht. Zusätzlich weckt das Engagement von Bekannten für die belgische Arbeiterpartei P.O.B. in Blankenberghe sein Interesse an sozialistischen Schriften. Dies ist der Moment, in dem der später weltberühmte Designer »nur zu deutlich den bevorstehenden Bruch mit (…) seiner Karriere als Maler« ahnte, wie er später in seinen Memoiren schrieb. In ihm keimen Zweifel, ob ausschließlich Gemälde Geist und Seele der Menschen berühren und ihr Leben  bereichern können. Warum kann das nicht auch mein Wohnzimmersessel? Kann Handwerk nicht auch "große" Kunst sein? Ein revolutionärer Gedanke, der 1919 schließlich im Bauhaus mündete.

Parallel zu sozialistischen Theorien, die mit einer Umwandlung der sozialen Wirklichkeit, die Gesellschaft erneuern wollten, entwickelte der Künstler Entwürfe für Häuser, Innenräume und ihre Ausstattung. Van de Velde will mittels einem stimmigen Umfeld das Leben der Menschen verbessern. Dabei lässt ihn der »Dämon der Linie«, der ihn schon in seinen Malereien heimsuchte, nicht los.

Die Linie zieht sich durch sein gesamtes Werk. Mal bündelt sie sich im Ornament, mal läuft sie vertikal an einer Hausfassade empor oder bewegt sich durch ein Interieur. Gleichgültig, ob Kerzenleuchter, Sessel oder Gebäude: Farben, Flächen und Linien verselbstständigen sich stets zu einem in sich geschlossenen Organismus.

Inspiriert hat ihn die Natur: Während eines am Meer einsam verbrachten Winters beobachtete van de Velde die ornamental-formbildenden Kräfte, die sich am Strand im Spiel von Wasser, Schaumkronen und Sand auswirkten. Seine Faszination für dieses Schauspiel führte ihn dazu, die Natur nicht mehr im Bild wiederzugeben, sondern ihre Kräfte abstrakt umzusetzen: als stilisierte Form. weiterlesen

Henry van de Velde-Route

In regelmäßigen Abständen stellen wir Ihnen hier ausgesuchte Bauten des belgischen Architekten vor

Henry van de Velde in Gera: Haus Schulenburg

Haus Schulenburg Gera
Haus Schulenburg Gera

Der Geraer Textilfabrikant, Orchideenzüchter und Kunstsammler Paul Schulenburg ließ sich 1913/14 von Henry van de Velde das Gebäudeensemble im Sinne eines Gesamtkunstwerkes errichten. Heute beherbergt Haus Schulenburg ein Privatmuseum mit einer weltweit wichtigen Sammlung von Buchgestaltungen van de Veldes, mit Möbeln und Entwürfen des Künstlers sowie Kunstwerken aus seinem geistigen Umfeld.

Henry van de Velde in Chemnitz: Villa Esche

Villa Esche Chemnitz
Villa Esche Chemnitz

Die Villa Esche war 1902/03 van de Veldes erstes architektonisches Auftragswerk in Deutschland. Bereits zuvor hatte van de Velde Mobiliar für die Wohnung des jungen Chemnitzer Textilunternehmer Herbert Eugen Esche auf dem Kaßberg entworfen.

Henry van de Velde in Chemnitz: Villa Koerner

Villa Koerner Chemnitz
Villa Koerner Chemnitz

Dr. Theodor Koerner junior (1882-1958) ließ sich gegenüber der Villa Quisisana, das Hauses seines Vaters, ein eigenes Wohnhaus mitsamt Einrichtung von van de Velde erbauen. Die Villa Koerner entspricht stilistisch stärker dem Ideal des bürgerlich-repräsentativen Hauses als seine ersten Villenbauten.

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