Ausstellungsbesprechungen

250 Jahre Museum, Jubiläum

Das älteste öffentliche Museum des Kontinents feiert Jubiläum, und zwar sein 250-jähriges! Grund genug, sich selbst zu feiern und in den Gründen seines Ursprungs zu forschen. Das Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig verquickt beides: Es feiert und es forscht!

In seiner zweiten Ausstellung im Jubiläumsjahr geht es um die Geschichte des Museums, d.h. genaugenommen wird der Fokus auf die ersten 50 Bestehungsjahre gerichtet. In dieser Zeit von 1754 bis 1806 lief die Sammlung noch unter „Herzogliches Kunst- und Naturalienkabinett“ – also eine Zeit, „als die Gemälde noch nicht da waren“, wie der Kurator Dr. Alfred Walz nicht ohne Schmunzeln bemerkt. Müssen doch die Preziosen des Kunsthandwerks, die Kuriositäten der Kunst- und Wunderkammern und die hervorragenden Beispiele der Graphik- und Büchersammlung seit dem Hinzukommen der fürstlichen Gemäldesammlung hierarchisch hinter dieser zurückstehen. So ist es gut, dass jene Objekte wieder, zumindest temporär, an ihren ersten Ausstellungsort im Kontext einer öffentlichen Sammlung zurückkehren – in den heutigen Nachbau der Burg Dankwarderode im Herzen der Stadt Braunschweig.

 

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Die Ausstellung beginnt mit der Dokumentation der Genese der Sammlung, die der Welfenherzog Carl I. zusammentrug aus den Schlössern in Salzdahlum, Bevern, Blankenburg, dem Braunschweigischen Staatsschloß und der Bibliothek in Wolfenbüttel. Auftakt jedoch bildet die Mamor-Büste des Gründers des Herzoglichen Kunst- und Naturalienkabinetts Herzog Carl I.. Sie wurde von Bartolomeo Cavaceppi geschaffen, der seinerseits in engem Kontakt mit Johann Joachim Winckelmann stand. Diese Büste bildet den Auftakt ganz zu recht, handelt es sich doch um eine authentische Präsentation. Schon der Herzog verfügte, dass sein Marmorbildnis, welches ihn im Gewand eines römischen Imperators zeigt, im Herzoglichen Kunst- und Naturalienkabinett seine Aufstellung fand.

 

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Den zweiten Teil der Ausstellung bilden die vom Herzog bewusst für die Sammlung angeschafften Artefakte und Naturalia. Wobei letztere von ihm mit einer besonderen Gewichtung versehen worden sind. Diese Sammlungsbegeisterung teilten allerdings nicht alle seine Verwalter, die es wohl „kindisch fanden, irgendwelchen Schmetterlingen nachzujagen.“ Nichtsdestotrotz lassen die neuerworbenen Artefakte häufig Ereignisse und Tendenzen der Zeit- und Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts erkennen.

 

Gut ein Jahr nach Gründung des Kunst- und Naturalienkabinetts ereignete sich in Portugal eine Naturkatastrophe, die das aufgeklärte Europa an seinen Grundfesten zweifeln ließ: Am 1. November 1755 erschütterte ein Erdbeben Lissabon und zerstörte große Teile der portugiesischen Hauptstadt. Zahlreiche Graphiken künden von dieser Katastrophe. Im Gegensatz zur großen Anzahl von Graphiken zum Lissabonner Erdbeben sind die kleinen Ruinenmodelle Raritäten. Im 18. Jahrhundert glaubte man noch, die Modelle seien tatsächlich aus original Ruinensteinen Lissabons gefertigt worden. Der restauratorische Befund konnte das nicht bestätigen. Allerdings können die Ruinenmodelle trotzdem als aus „Originalmaterial“ bestehend angeboten worden sein, um die ferne und intellektuell kaum fassbare Realität der Naturkatastrophe durch die scheinbare Authentizität des Materials zu transportieren, heißt es im Katalog zur Ausstellung.

 

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Der Bereich der Naturalien wird in der Ausstellung durch das spektakuläre Präparat eines Elefantenembryos repräsentiert, welches seinerzeit selbst Goethe nach Braunschweig lockte.

Insgesamt sind annähernd 300 Objekte zu bestaunen, die in sogenannten „Transportkisten“ ausgestellt werden. Einerseits ist diese bewusst spröde und strenge Konzeption der Präsentation verständlich, da dem historistischen Inneren der Burg ein Gegengewicht gesetzt werden musste, andererseits erschwert es das Schauen und Staunen, da nur eine Seite der „Kisten“ einsehbar ist. Dennoch: Die Ausstellung führt den Besucher ein in das enzyklopädische Denken, welches dem Sammlungscharakter des 18. Jahrhunderts zutiefst zueigen war.

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