Verleger vorgestellt

32 Jahre Jonas Verlag – über konsequentes Durchhalten und die Liebe zum Buch: Dieter Mayer-Gürr, Jonas Verlag

Der Jonas Verlag feierte 2008 sein 30-jähriges Jubiläum. Damit hätte 1978 keiner der drei Marburger Kunstgeschichtsstudenten gerechnet, die sich spontan entschlossen, einen Verlag zu gründen, ohne Geld, ohne Verlagswissen und entgegen allen Widerständen. Antje Fleischhauer im Interview mit dem Verleger Dieter Mayer-Gürr.

Dieter Mayer-Gürr©Antje Fleischhauer
Dieter Mayer-Gürr©Antje Fleischhauer

Inzwischen hat sich der Jonas Verlag als eine feste Größe in der Verlagswelt etabliert und ist ein verlässlicher Aussteller auf den Buchmessen. Der Grund für den Erfolg liegt sicherlich vor allem in der Person des Verlegers Dieter Mayer-Gürr, der stets konsequent und ohne langes Zögern seinen Weg gegangen ist, immer mit dem Ziel, Bücher zu machen, die in der Verlagslandschaft sonst fehlen würden.


Herr Mayer-Gürr, Sie sind Mitbegründer und Verleger des Jonas Verlages, der 1978, also vor über 30 Jahren, gegründet wurde. Können Sie kurz erzählen, wie es zur Gründung des Verlages kam?

Kurz ist natürlich schwer, aber doch auch relativ einfach. Wir waren drei Studenten der Kunstgeschichte und haben überlegt, was wir außerhalb der herkömmlichen Wege machen könnten. Wir waren auf der Suche nach Alternativen. Und da sind wir bei unseren Studien darauf gekommen, dass es von der Literatur, die wir lesen wollten, gar nicht so viel gibt. Die ganze Verlagslandschaft war relativ starr und konservativ im Grunde genommen. Da haben wir uns gedacht, dann machen wir es doch selber und haben im Bekanntenkreis mal angefangen Autoren zu akquirieren. An Themen haben wir vor allem das besetzt, was in der herkömmlichen Kunstgeschichte nicht gebräuchlich war: die Architektur von Imbissbuden oder ganz andere Themen wie Faschismus. 1974 gab es im Frankfurter Kunstverein die Ausstellung „Kunst im 3. Reich. Dokumente der Unterwerfung“, die uns stark beeinflusst hat.

Welche Schwierigkeiten gab es gerade am Anfang?

Na, wir wussten ja gar nichts. Wir waren völlig blauäugig. Wir hatten keine Buchhändlerausbildung, keine Verlagsausbildung, keinerlei Erfahrung, kein Kapital. Andere hatten ja wenigstens eine Erbschaft. Wir haben richtig bei Null angefangen, das war sehr schwer.

Aber Sie haben durchgehalten. Am Anfang waren Sie zu dritt?

Ja, einer ist schon nach drei Wochen abgesprungen und der andere nach drei Jahren.

Wie „kommen“ denn die Bücher zu Ihnen, sind es Anfragen von außen oder entdecken Sie etwas, das Sie interessiert und verlegen es dann?

Inzwischen ist es so, dass wir nur noch von außen Angebote bekommen und uns fast nicht erwehren können, also wir machen relativ viel. Wir müssen natürlich ein wenig auf die Finanzierbarkeit schauen. Wir übernehmen viele Auftragsarbeiten, davon leben wir eigentlich. Und dann leisten wir uns immer mal wieder skurrile Themen, die auf dem Markt nicht so gut gehen, die uns aber Spaß machen und die den Ruf des Verlages fördern.

Was denken, Sie, welchen Ruf hat der Verlag?

(lacht) Das kann  ich schwer sagen. Das muss ein Außenstehender sagen. Also ich behaupte, dass wir mit skurrilen Alltagsthemen zur Kulturgeschichte Furore machen.

Auch überregional…

Ja, überregional. Wir machen natürlich auch Regionaltitel, aber das ist nicht der Schwerpunkt.

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Gibt es zu Zeiten der Wirtschaftskrise oder der Einführung des E-Books neue Herausforderungen für den Jonas Verlag?

Das E-Book ist für uns kein Thema, solange Bilder dort keine Rolle spielen. Wir veröffentlichen viele Bücher mit Abbildungen und Gestaltungen, keine Belletristik, das passt nicht zusammen. Für einen Roman mag ein E-Book die geeignete Form sein, aber für ein wissenschaftliches Buch kann ich mir das nicht vorstellen. Aber warten wir einfach mal ab.
Insgesamt muss man allerdings sagen, der Buchhandel wird immer schwieriger durch die Buchhandelsketten. Da kommen wir als kleiner Verlag nicht mehr rein. Wir verkaufen direkt an den Endkunden oder an die kleinen Buchhandlungen. Das geht aber schon seit Jahren so.

Sie sind nun seit 30 Jahren dem Verlag treu geblieben. 2004 erschien pünktlich zum 25-jährigen Jubiläum Ihr Buch zur Verlagsgeschichte, dass vor allem „die Liebe zum Buch“ mit all ihren Höhen und Tiefen beschreibt. Was macht Ihnen so viel Freude am Bücherverlegen?

Es ist eigentlich etwas Selbstverständliches: das ganze Wissen, das wir so haben, ist in Büchern zusammengefasst.

Sind Sie schon immer auch ein Büchernarr gewesen?

Ein Narr eigentlich nicht, also nicht so ein verkniffener, wie es ganz viele Wissenschaftler sind. Aber ich habe eigentlich immer mit Büchern zu tun gehabt.

Steckt da vielleicht auch ein gewisses Verantwortungsgefühl dahinter, dass Sie sagen, diese Themen oder jene Bücher sollten bekannt gemacht werden?

Ja, genau. Das meinte ich vorhin, dass wir uns selbst gefordert haben, gewisse Themen zu besetzen und zu behandeln, die sonst nicht behandelt worden wären.

Sehen Sie dies vor allem als Aufgabe der kleinen Verlage?

Ja, absolut. Die kleinen Verlage haben da eine Chance, wo sich die großen nicht ranwagen. Da können wir uns dann breit machen. Aber natürlich mit bescheidenen Mitteln, das ist schade. Unsere Autoren werden schlecht behandelt, schlecht bezahlt, wenn sie überhaupt mal bezahlt werden.

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Wie wichtig ist es für Sie, dass ein bestimmtes Buch zu einer bestimmten Zeit herauskommt? Wie war es damals mit dem Buch „Schnellimbiss“, Ihrem kleinen Bestseller?

Da waren wir der Zeit offenbar voraus. Da haben wir den richtigen Riecher gehabt und später sind bei den größeren Verlagen diverse Bücher zu dem Thema hinzugekommen.

Aber Sie waren der erste…

Ja.

Ich habe gelesen, dass Sie einmal mit Ihrer Promotion begonnen, sie aber nie beendet haben.

(lacht)

Bereuen Sie, dass Sie sie nicht beendet haben?

Nein, gar nicht.

Und Sie werden sie wohl auch nicht mehr beenden?

Nein, nein. Niemals. (lacht)

Sie sind nebenberuflich als Fotograf tätig. Wie lassen sich Fotografie und Verlegertätigkeit vereinbaren?

Wenn wir Projekte machen, die illustriert werden müssen, übernehme ich das. Wir haben z.B. mit dem hessischen Rundfunk eine Reihe gemacht. Jetzt wird im Herbst der zehnte Band erscheinen. Dabei geht es um verschiedene Orte in Hessen, an denen irgendetwas Spezielles passiert ist. Der erste Band war „Hessen kriminell“, da ging es um Tatorte. Da sind wir losgezogen und haben die Tatorte aufgesucht und fotografiert und haben die Bilder mit aufgenommen ins Buch, als Illustration oder als Beigabe.
Beim Hochhausbuch oder Autobahnbuch waren es einzelne Teile, da gab es ein Kapitel „Autobahnruinen“, wo eben diese Überbleibsel von Autobahnen dokumentiert wurden.

Sie wollen jetzt wieder mehr fotografieren, sagten Sie vorhin?

Mit fortgeschrittenem Alter möchte ich mich zurückziehen aus dem Tagesgeschäft, wie es so schön heißt, mit analoger Kamera und auch schwarz-weiß. Das habe ich mir vorgenommen.

Haben Sie schon eine Idee oder Projekte?

Ja, ja. Das sage ich aber nicht. (lacht)

Gab es mal einen Zeitpunkt, an dem Sie sich entscheiden mussten: Fotografie oder Verlegertätigkeit?

Nein. Ich konnte ja nicht vom Fotografieren leben. Ich habe zwar nebenbei im Fotoarchiv in Marburg gejobbt, aber ich hatte keine Ausbildung. Ich hätte mich nicht irgendwo als Fotograf bewerben können, als Kunsthistoriker auch nicht. Ich hatte quasi gar nichts. Deswegen musste ich einfach durchhalten und den Verlag weiterführen.

Ihr Studium haben Sie aber schon abgeschlossen..?

Hab ich nicht. Ich bin einfach so raus. Sehr abenteuerlich. Es ist zum Glück gut gegangen.

Was wünschen Sie sich denn noch für die Zukunft Ihres Verlages?

Mehr zu forschen. Das ist etwas, was wir schon seit langem machen wollten: unsere eigenen Forschungen mit einbringen. Nicht selbst schreiben, aber das Material für die Bücher besorgen und Einfluss nehmen auf das Thema, über das geschrieben wird. Das ist etwas, was wir am Anfang sehr gern gemacht haben, was aber in der großen Routine unterging. Das wünsch’ ich mir nun wieder.

Was versprechen Sie sich davon?

Mehr Spaß.

Das ist ein guter Grund.

Nicht wahr?

Herr Mayer-Gürr, ich danke Ihnen für das Gespräch.

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