Ausstellungsbesprechungen

„Bei Ruth Engelmann-Nünninghoff zu Gast…“

Ausstellung im Martin-Niemöller-Haus in Frankenholz vom 15. Januar bis 31. März 2009

 

 

Die Ausstellung „Bei Ruth Engelmann-Nünninghoff zu Gast…“, die im Martin-Niemöller-Haus im saarländischen Frankenholz vom 15. Januar bis 31. März 2009 zu sehen ist, stellt im klassischen Sinne wohl weniger eine Kunstausstellung als vielmehr ein spannendes Experiment der Malerin mit an Kunst interessierten Laien dar. Dies soll jedoch den Wert der Präsentation keineswegs schmälern, denn Kreativität, ästhetisches Empfinden sowie die Lust am Erproben von Farben und Formen haben auch das Werden der hier gezeigten 17 Arbeiten begleitet. Dabei spiegeln die in Acryl gefertigten Werke nicht selten die Atmosphäre zwischen der Künstlerin und ihren Gästen, so dass uns einerseits tiefe Empfindungen und Gefühle, vielleicht sogar der für einen kreativen Schaffensprozess typische Zustand der Entgrenzung und der Ich-Vergessenheit begegnen. Andererseits wird der Betrachter Zeuge kontrollierter, bewusster Reflexionen und eines konzentrierten Arbeitens.

 

 
Das im Eingangsbereich gezeigte Bild etwa zeugt in seinen sanft ausschweifenden grauen Farbbahnen und den staccatoartig aufgefächerten, dunkelroten Linieninterventionen sowohl von Ruhe und Harmonie als auch einer optimistischen Lebendigkeit und Aktivität. In der Farbigkeit wagemutiger ist demgegenüber das im Seitengang positionierte Gemälde in Dunkelblau und Krapplack. Langsam, aber kraftvoll bahnt sich das Blau von oben nach unten seinen Weg und wird dabei von dynamischen, roten Farbzügen gerahmt. Es gibt kein Halten mehr: Ungebremst scheint das Rot dem unteren Bildrand entgegen zu strömen, bis sich schließlich seine Spur im Weiß des Papiergrundes verliert.
 
Schräg gegenüber von dieser Arbeit wird gleichfalls ein koloristisches Experimentierfeld betreten, auf dem ein zielsicheres, schwarzes Lineament den einander kraftvoll begegnenden, leuchtend gelben Farbondulationen Einhalt gebietet. Wenngleich es Reibungspunkte und Spannungen gibt, so ist gerade dieses Bild in Farbe und Form Ausdruck von Harmonie und Geschlossenheit. Beim Weitergehen gelangen wir dann zu dem Gemälde in Schwarz, Orange und Grün, das bereits durch den Komplementärkontrast eine vibrierende Unruhe evoziert. Doch wird diese farbliche Dynamik von den sanft fließenden Formbewegungen aufgefangen, so dass eine Balance entstehen kann.
 
Dass Arbeiten in ihrem Entstehungsprozess manchmal verloren geglaubt sind, ist kein Seltenheitsfall, sondern künstlerische Realität. Und genau solch ein verloren geglaubtes Werk können wir im Zentrum der Ausstellung erblicken. Nachdem die Gäste gegangen waren, schob Ruth Engelmann-Nünninghoff das Blatt bei Seite, bewahrte es jedoch auf. Schließlich widmete sie sich ihm nach einiger Zeit noch einmal, indem sie neue Akzente setzte und auf diese Weise das Bild kippen ließ, allerdings ohne ihm seinen Charakter zu nehmen. Ergebnis ist nun ein verkantetes und verharktes Liniengeflecht, intensiv durchdrungene Formationen sowie eine sich in vielen Schichten artikulierende Farbexplosion.
 
In unmittelbarer Nachbarschaft dazu begegnet dem Ausstellungsbesucher schließlich eine sich durch ihren gegenständlichen Duktus von den anderen Werken abgrenzende Arbeit. Auch wenn der Spachtel schnell und scheinbar unbekümmert über das Papier gehuscht ist, so können wir dennoch ein flächiges, expressives Gesicht wahrnehmen, das sich aus schwarzen und roten Kurvaturen sowie einem krapplackfarbenen Intermezzo am unteren rechten Bildrand zusammenfügt. Wir können also erkennen, auch wenn hier nicht direkt von „Kunst“ gesprochen werden kann, dass es dennoch ästhetische Hervorbringungen sind, die einen doppelten Dialog erzeugen: Zum einen ist es das Gespräch im Bild, das Ruth Engelmann-Nünninghoff mittels Farbe mit ihren Gästen geführt hat und zum anderen ist es das Gespräch des Bildes mit dem Betrachter.
 

Die Ausstellung macht dem Besucher ohne Umschweife deutlich, dass er hier einer Malerei gegenübersteht, die sicherlich nicht den Kriterien der Definition „Kunst“ gerecht werden kann. Infolgedessen werden beim Betrachten der Werke neue Fragen aufgeworfen, beispielsweise inwiefern das Prinzip Zufall oder spontanes Agieren in den Entstehungsprozess eingewirkt haben, so dass bisweilen eine beeindruckende Ausgewogenheit in den malerischen Erzeugnissen entstehen konnte. In diesem Sinne kann das „Experiment“ Ruth Engelmann-Nünninghoffs absolut empfohlen werden – möglicherweise, um das eigene Sehen neu auszuloten oder, um die ästhetisch ansprechenden Hervorbringungen zu genießen. Fazit: Ausgefallen, vielseitig, spannend und auf jeden Fall sehenswert

Die Vernissage findet am 15. Januar 2009, um 19 Uhr im Martin-Niemöller-Haus statt

Weitere Informationen

 

 

 

 

 
Besichtigung nach telefonischer Vereinbarung
Frau Engelmann-Nünninghoff: 06826-6682
Frau Gebhard: 06826-7821

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