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„Das Heilige Köln“ – Kölner Malerei im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit

Mit der Präsentation „Das Heilige Köln – Kölner Malerei im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit“ führen das Städel Museum und das Hessische Landesmuseum Darmstadt ihre im Februar 2007 begonnene Kooperation fort und ermöglichen zum vierten Mal eine Gegenüberstellung erstrangiger Werke beider Häuser.

Der Fokus der aktuellen Sammlungspräsentation richtet sich auf das künstlerische Schaffen von etwa fünf Malergenerationen mit bedeutenden Werken der Kölner Hauptmeister Stefan Lochner und Barthel Bruyn d. Ä, die die bildkünstlerische Vielfalt im „Heiligen Köln“ des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit veranschaulichen. Zwischen der Pflicht, kölnische Maltradition zu bewahren, und der Neigung, neue Darstellungsinteressen auszuprägen, stärkten sie die Stadt Köln als Kunstzentrum ersten Ranges und beförderten einzigartig die Entwicklung hin zu einem neuzeitlichen Bildverständnis.

 

Eine hochmittelalterliche Siegelumschrift benennt das „Heilige Köln“, dessen zahlreiche Kirchen, Kapellen und Klöster besonders im 15. Jahrhundert die Kölner Kirche als prägende geistliche Kraft bezeugen. Auf städtische Initiative hin wurde 1388 die Universität gegründet, die der Stadt eine hervorragende geistige Stellung sicherte. Handelsbeziehungen von Kölner Kaufleuten überspannten das gesamte Hansegebiet und beförderten wirtschaftliche Macht und politisches Ansehen der Stadt. Reiche Patrizier realisierten städtische Neubauten, private Kapellen sowie unzählige Altar- und Messstiftungen. Städtischer Wohlstand und bürgerliche Freiheit, eine lebendige Frömmigkeit und nicht zuletzt das Repräsentationsbedürfnis weltlicher wie kirchlicher Stifter lockten Maler aus allen Regionen nach Köln.

 

Im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts dominierte in Köln der elegant-schönlinige Weiche Stil. Zu seinen Hauptvertretern gehört der Ältere Meister der heiligen Sippe, benannt nach dem in Köln befindlichen Sippenaltar. Charakteristisch für die idealisierende Figurenauffassung des Künstlers sind der weiße Strich auf den Nasenrücken der Figuren und eine fast teigige Körperlichkeit. In der Frankfurter Präsentation ist er mit dem Flügelaltärchen (Hessisches Landesmuseum Darmstadt) vertreten, einem ursprünglich zusammenklappbaren Triptychon, das den Wunsch nach intimer Andacht erfüllte. Ein weiterer Vertreter des Weichen Stils ist der Meister des Gereon-Altars, benannt nach einem Marienretabel für St. Gereon in Köln, von dem die Votivtafel der Familie Rost von Cassel (Hessisches Landesmuseum Darmstadt) zu sehen ist. Das monumentale Werk zeigt die der Bergischen Ritterschaft angehörende Kölner Bürgerfamilie in unmittelbarer Gegenwart der Kreuzigungsgruppe und in der Gemeinschaft sechs Heiliger. Auftraggeber des Bildes waren die Brüder Heinrich und Konrad Rost, die mit dieser Darstellung das Seelenheil ihrer Eltern und das fortwährende Gebetsgedenken der Familie sichern wollten.

 

Das Werk Stefan Lochners, des bedeutendsten Kölner Malers des 15. Jahrhunderts, zeigt demgegenüber neue Möglichkeiten der Bildgestaltung auf: Ein neuartiger Detailrealismus, überzeugende Figurenbildung sowie ausgefeilte Lichtführung und Raumkonzeption gehen auf die Berührung mit der frühen niederländischen Malerei zurück, deren Errungenschaften Lochner mit Elementen traditioneller Malerei zu einer eigenen Bildsprache verschmelzen lässt. Mit den Apostelmartyrien aus der Zeit um 1435 (Städel Museum) und der Darbringung im Tempel aus der Zeit um 1447 (Hessisches Landemuseum Darmstadt) besitzen beide Häuser bedeutende Werke des Künstlers, die sich in idealer Weise ergänzen, da sie den Spannungsbogen zwischen dem Stil des Früh- und des Spätwerks Lochners exemplarisch veranschaulichen. Den beachtlichen Einfluss, den Lochner auf die Kölner Kunst der Jahrhundertmitte ausübte, belegt ein kleinformatiges, privates Andachtsbild mit der Kreuzigung Christi (Hessisches Landesmuseum Darmstadt). Der die Dreifaltigkeit anbetende geistliche Auftraggeber dürfte dem Wappen nach zu urteilen aus der Dortmunder, später Kölner Ratsfamilie von Klepping stammen. Es handelt sich entweder um Arnold, Kleriker am Stift St. Maria im Kapitol, oder Dietmar, Geistlicher an St. Aposteln.

 

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entwickelte sich der Einfluss der niederländischen Kunst zum bestimmenden Moment der Kölner Malerei, und die Domstadt wurde zu einem Zentrum für die Vermittlung aktueller niederländischer Entwicklungen. Deutlich wird dies u. a. in dem Altarretabel des unbekannten Schöpfers der Darmstädter Wurzel Jesse (Hessisches Landesmuseum Darmstadt) sowie in zwei Darstellungen aus dem Katharinen-Martyrium eines unbekannten Kölner Meisters um 1470 (Städel Museum), die ursprünglich zu einem mehrteiligen Zyklus von Darstellungen des Lebens der Heiligen gehörten. Auf den beiden Tafeln aus dem Städel Museum belegen die Staffelung der Landschaft, die lebendige Figurenbildung und die Wahl bestimmter Kopftypen die Nähe zur niederländischen Malerei.

Neben diesem Charakteristikum der Kölner Malerei um 1470 gibt es auch einen deutlichen Bezug zur eigenen Tradition: So greift die Enthauptungsszene die Komposition der Enthauptung Jakobus d. Ä. aus Stefan Lochners Apostelmartyrien auf.

 

Die Kölner Maler dieser Zeit bewegten sich im Spannungsfeld zwischen der Übernahme neuer Ideen und der Fortführung eigener Traditionen, woraus unverwechselbare Künstlerpersönlichkeiten wie der Bartholomäusmeister hervorgingen. In dem Werk des Künstlers, der nach dem für die Kölner Kartause bestimmten Bartholomäus-Altar (heute in München) benannt wurde, verbinden sich niederländischer Realismus und Kölner Tradition zu einer ebenso eigenwilligen wie originellen Handschrift. Sowohl das Städel Museum als auch das Hessische Landesmuseum Darmstadt besitzen je ein Täfelchen dieses bedeutenden Kölner Künstlers. Die in Nahsicht vor einer Landschaft gegebene Heilige Familie (Städel Museum) zeichnet dabei ein ausgeprägtes Streben nach Naturalismus aus, das sich etwa in der genau beobachteten, intimen Vertrautheit der Protagonisten äußert. Auch das äußerst qualitätsvolle Andachtsbild einer Madonna mit Kind und den Heiligen Adrianus und Augustinus (Hessisches Landesmuseum Darmstadt) liefert ein charakteristisches Beispiel für den eigenwilligen Stil des Malers: Während das kräftige Kolorit und die Räumlichkeit definierenden Schraffuren Kölner Gut sind, verdankt sich der ausgeprägte Detailrealismus niederländischen Vorbildern. Während lyrische Grundstimmung und gedrängte Komposition mit der heiligen Familie vergleichbar sind, verweisen hier Vorhang und die mit Goldgrund versehene Nische auf die übernatürliche Sphäre des Geschehens.

 

Neben Altarretabeln sowie Votiv- und Andachtsbildern als Ausdruck individueller Frömmigkeit gewann im 15. Jahrhundert zunehmend das Porträt als Bildgattung an Bedeutung. Wohlhabende Patrizier gaben Bildnisse in Auftrag, die neben sozialer Stellung und Persönlichkeit auch ihre äußere Erscheinung genau dokumentieren sollten; das Alter der Dargestellten wurde dabei häufig explizit auf dem Bild mitgeteilt. In Köln entwickelte sich Bartel Bruyn d. Ä. in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu einem der gefragtesten und erfolgreichsten Porträtmaler. Die Bildnisse eines Ehepaares (Städel Museum) und das Bildnis einer jungen Dame (Hessisches Landesmuseum Darmstadt) belegen dies eindrücklich: Die minutiöse Wiedergabe unterschiedlicher Stofflichkeiten überzeugen ebenso wie das sichere Erfassen der individuellen Züge; Schriftrolle, Bisamapfel und Nelkenstrauß dienen als Attribute zur Charakterisierung der Persönlichkeit. Mit Barthel Bruyn d. Ä. erlebte die Gattung des Porträts in Köln ihre Blüte, gleichzeitig endete mit ihm die Glanzzeit der Altkölner Malerei. Nach Bruyns Tod führten seine Söhne die Werkstatt fort, doch büßte Köln in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mehr und mehr seine einstmalige Stellung als Kunstzentrum ersten Ranges ein.

 

Der Präsentation „Das Heilige Köln – Kölner Malerei im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit. Das Hessische Landesmuseum Darmstadt zu Gast im Städel“ sind bereits die Ausstellungen über die „Anfänge der deutschen Tafelmalerei“ zu Beginn des Jahres 2007, „Niederlande und Deutschland. Ein Dialog im 15. Jahrhundert“ im Herbst 2007 und zuletzt „Meisterwerke des Symbolismus“ im Sommer 2008 vorangegangen. Die Grundsanierung und Erweiterung des Hessischen Landesmuseums Darmstadt, das seit dem 1. Oktober 2007 geschlossen ist, bieten den äußeren Anlass für die langfristige Kooperation der beiden Häuser. Während des Umbaus des Landesmuseums beherbergt das Städel Museum rund 100 Werke aus Darmstadt. Die Kunstwerke aus der Zeit vom 13. Jahrhundert bis zum frühen 20. Jahrhundert werden in mehreren aufeinander folgenden Präsentationen in die Sammlung des Städel integriert und ergänzen diese. Dabei erschließen einzigartige Gegenüberstellungen von Meisterwerken beider Häuser neue Sehzusammenhänge und schärfen die Wahrnehmung spezifischer Qualitäten. Das vierjährige Projekt bietet nicht nur eine Reihe kunsthistorischer Höhepunkte, sondern ist auch als wesentlicher Teil des Gesamtkonzeptes des Städel Museums zu verstehen, in dessen Zentrum die Vermittlung und Kontextualisierung der Sammlung stehen.

 

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