Ausstellungsbesprechungen

»Ein ebenso schöner, wie geistreicher Mann...« - Bernhard August von Lindenau im Dienste der Wettiner, Lindenau Museum Altenburg, bis 28. August 2016

Das Altenburger Lindenau-Museum hat eine bemerkenswerte Sammlung zu bieten, darunter 180 Tafeln früher italienischer Malerei, aber auch antike Keramiken, eine umfangreiche Abguss-Sammlung und einiges mehr. Doch wer war es, der diese Sammlungen nach Altenburg gebracht hat? Das erhellt das Museum nun mit einer Ausstellung und präsentiert Bernhard August von Lindenau als Staatsmann, Sammler und Person. Stefanie Handke hat ihn näher kennen gelernt.

Umtriebig war der, dieser Bernhard August von Lindenau, in Gänze ein Kind seiner Zeit. Aufgewachsen als Sohn des Gerichtsrats und Landschaftsdirektor Johann August von Lindenau, trat er als Staatsbeamter im Alter von 19 Jahren in den Dienst des Herzogs Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg und betrieb zunächst astronomische Studien, übernahm aber bald auch politische und juristische Aufgaben. Daneben widmete er sich seiner Sammlung und seinen Forschungen und pflegte Kontakte in alle Welt. So unterhielt er eine lebenslange Freundschaft zu Carl Friedrich Gauß, hatte Kontakte zu Wissenschaftlern wie Friedrich Wilhelm Bessel. Er arbeitete an der Seeberg-Sternwarte in Gotha, leitete diese an 1804, und gab die »Astronomische Correspondenz« heraus. Hier sollten einige Jahre seine Haupttätigkeiten liegen.

Seine Haupttätigkeit war natürlich die im Dienst der Wettiner. So übernahm Lindenau die Vormundschaft für Luise, die Tochter Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg, begleitete den Herzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach als Generaladjutant nach Paris und sorgte vor allem für die Verwaltung des Landes. Als Mitglied des Altenburger Kammerkollegiums hatte er Anteil an der Staatswirtschaft und der Verwaltung der Finanzen des Landesteils Altenburg, in den Befreiungskriegen fand der sich als Adjutant Carl Augusts von Sachsen-Weimar-Eisenach wieder und war für diesen als Diplomat tätig. Nach einer schweren Verletzung konnte er sich noch einmal einige Zeit intensiv der Astronomie widmen, 1817 aber wurde er zurück in den Staatsdienst berufen und erwarb sich fortan einigen Ruhm, erwies er sich doch als fortschrittlicher und liberaler Beamter und Politiker. Eine Verfassung nach Vorbild des Weimarer Landesteils erarbeitete er für Sachsen-Altenburg-Gotha und eine umfassende Finanzreform brachte er auf den Weg. Das war auch notwendig, denn sowohl das Herzogtum als auch der Herzog selbst waren hoch verschuldet, und bald folgte ein rigoroses Sparprogramm, das er als Minister auch gegen Widerstände durchsetzte. Ab 1822 lagen die Geschäfte ohnehin in seinen Händen, da der Herzog schwer erkrankt war – sein Spitzname »Herzog Bernhard«, den die Bevölkerung Gothas ihm gab, spricht dabei wohl Bände.

Mit dem Tod des Herzogs musste Lindenau zahlreiche finanzielle, aber auch politische Ansprüche abwehren und erwarb sich zugleich große Verdienste für die Kunst: Er sorgte dafür, dass die privaten Kunstsammlungen des Herzogs mit den öffentlichen vereint und so vor dem Zugriff der Gläubiger Herzog Friedrichs IV. gerettet wurden. 1826, nach Abwicklung aller Geschäfte, die dessen Tod nach sich gezogen hatte, erhielt er seine Entlassung nicht ohne erneut ein Regierungsamt angeboten zu bekommen. Das lehnte Lindenau aber ab, und begab sich stattdessen in sächsische Dienste. Hier war er Gesandter, Mitglied des Geheimen Rates und schrieb an der ersten Sächsischen Verfassung mit, nach deren Einführung er das Gesamtministerium leitete. Daneben vertrat er Luise von Sachsen-Coburg-Saalfeld bei deren Scheidung und Erbschaftsangelegenheiten und ebenso Franz Xaver von Zach und die Herzogin Charlotte Amalie bei deren Finanzangelegenheiten.

Lindenaus Biografie ist also die eines bedeutenden Mannes in Mitteldeutschland, der sich daneben stets mit Wissenschaft, aber auch Kunst beschäftigte und für diese auch einsetzte. Ohne seinen Coup, die Sammlungen der Gothaer Herzöge an das Land zu binden, wären wohl zahlreiche Kunstwerke der Sammlungen an Gläubiger verloren gegangen, die die Grundlage für das heutige Herzogliche Museum bildeten. Das wiederholte er im Königreich Sachsen, als die Kunst- und naturwissenschaftlichen Sammlungen zur »Königlichen Sammlung für Kunst und Wissenschaft«.

Bernhard August von Lindenaus Wirken ist in der Ausstellung durch zahlreiche Exponate in Szene gesetzt. Es finden sich Ansichten seiner Wirkungsstätten in Altenburg und Gotha, zusammen mit Karten, Gegenständen und einigem mehr. Zahlreiche Leihgaben stammen dabei aus dem Staatsarchiv Altenburg, das eine umfangreiche Kartensammlung, aber auch zahlreiche Postkarten, Bilder, etc. sein eigen nennen kann. Darüber hinaus zeigt sie Stücke aus Lindenaus Sammlungen, etwa feines chinesisches Porzellan, von dem Lindenau sich aber irgendwann trennte, da er immerhin nicht alle sammeln konnte. Ebenso finden sich Büsen berühmter Männer und Zeitgenossen, Stiche vom Pohlhof, dem Familiensitz der Lindenaus in Altenburg, aber auch von der Frankfurter Nationalversammlung, an der der Beamte und Politiker nachweislich teilnahm.

Mit seinem Abschied 1843 reiste Lindenau nach Italien und Frankreich und erwarb 1843/44 einen Großteil seiner Kunstsammlungen. Für diese ließ er nach den Plänen des Architekten Albert Geutebrück ein Museum errichten, das zudem eine Kunst- und Gewerbeschule beheimatete. 1846 wurde es eröffnet, doch bereits drei Jahre musste angebaut werden. Ohnehin sollte das Haus auf seinem Grundstück, dem Pohlhof in Altenburg, nur eine Interimsstation sein und schon 1846 begann Bernhard August von Lindenau die Verhandlung mit dem Herzog über einen Museumsneubau am Fuß des Schlossbergs. Dieser wurde aber erst nach seinem Tod 1854 realisiert. Seine Sammlungen vermachte er im Testament dem Herzogtum und an 1865 konnte der Plan für einen Museumsneubau endlich in die Tat umgesetzt werden. Dieses Mal zeichnete Julius Robert Enger verantwortlich, ein Schüler Gottfried Sempers. Dessen Entwürfe sind ebenfalls in der Ausstellung zu bewundern, in Zusammenhang mit den Entwürfen seines Lehrers für die Dresdner Gemäldegalerie. Sie werfen ein Schlaglicht auf Museumsarchitektur in der Mitte des 19. Jahrhunderts, ihre Anforderungen und Ausgestaltung. Gemeinsam mit Zeichnungen Matthias Beckmanns und den Collagen des diesjährigen Schülerprojekts des Spalatin-Gymnasiums ergänzen sie die Ausstellung in bestem Sinne.

Insbesondere Matthias Beckmanns Blick auf das Lindenau Museum und seine architektonischen Details sind ein echtes Highlight. Gesichter, Körper, Gewänder oder Erker sind oft nur angedeutet und erlauben so die Konzentration auf das Detail. So erfährt man das Museum nicht im Ganzen und auch nicht durch die darin ausgestellte Kunst, sondern Schritt für Schritt durch die Betrachtung dieser kleinen, oft auch abwegigen Details. Und so entdeckt man auch einmal einen Feuerlöcher vor dem Hintergrund eines Museumsflurs und das prächtige Portal, über dem zwei Pferdeköpfe drohen – mit Garderobe davor.

In Zusammenspiel von Beckmanns Zeichnungen, den Zeugnissen vom Wirken Lindenaus, den Eindrücken Altenburger Schüler und der ständigen Sammlung bietet die Ausstellung einen Blick auf den Museumsvater, der das Leben eines Beamten des 19. Jahrhunderts im Ganzen abbildet und das, was er der Nachwelt hinterlassen hat, im besten Sinne würdigt. Korrespondierend zur Ernestiner-Landesausstellung in Weimar und Gotha gestattet die Schau so einen Blick auf die Menschen, die hinter den Fürsten standen.

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