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»The good, the bad & the ugly«, »Nomanslanding« oder »Ausstellungsstück« – Installationen der Ruhrtriennale 2015

Die Ruhrtriennale ist ein Festival vieler Künste. Die Spannbreite reicht von Pop- und Klassik-Konzerten über Oper bis hin zu experimentellen Performances und Theaterstücken. Außerdem bietet das Festival Ausstellungen und Installationen ein Dach, die oft ganz neue Maßstäbe setzen. Auch in diesem Jahr gibt es mehrere Installationen, die man nicht verpassen sollte, findet Susanne Braun.

»Seid umschlungen« lautet das Leitmotiv der Ruhrtriennale in diesem Jahr. Der neue Intendant selbst stellt in einem Text die Bedeutung klar: Das Zitat aus Friedrich Schillers »Ode an die Freude«, die Ludwig van Beethoven in der 9. Sinfonie vertont hat, lässt sich auf zweierlei Weise verstehen: Zum Einen im Sinne von »seid umarmt«, aber auch als »seid umklammert«. Beides brauche das sich auf der Suche nach einer neuen Identität befindende Ruhrgebiet. »Die Ruhrtriennale darf nicht nur freundlich sein«, schreibt Intendant Johan Simons, »Sie darf auch unangenehme Fragen stellen«.

Das menschliche Verdauungssystem mit verschlungenen Wülsten in fröhlichen rot- und gelbtönen steht in einer Ecke und fungiert als Bar, in der anderen steht eine überdimensionale Waffe aus dem Ersten Weltkrieg. Flankiert werden beide übermenschlich großen Skulpturen auf dem Platz vor der Jahrhunderthalle in Bochum von den begehbaren Köpfen »Hermann« und »Claudia«, die starr auf den Platz blicken. In unmittelbarer Nähe befinden sich rostige Stahlrohre, in deren Inneren sich die Toiletten und eine Dusche befinden, der vergitterte »Workshop for Alcohol and Medicines« ist in Sichtweite genauso wie die Veranstaltungshalle, über der sich ein riesiges, verschachteltes Gebilde in orange-rot in den Himmel hebt: der »Domestikator«, das höchste und alles dominierende Gebäude auf dem Platz. »Das hier sind unterschiedliche Möglichkeiten des Menschen, die Welt zu beherrschen«, erklärt Joep von Lieshout, der diese mobile Installation mit seinem Atelier van Lieshout ursprünglich für Schulen entwickelt hat. »Diese Ausstellung ist eine Einladung, über die Menschen nachzudenken, die gut, schlecht und böse sind«, erklärt er, »Wir werden hier jedes Jahr eine Ausstellung mit einer neuen Fragestellung machen«. Auf diesem Platz finden während der Spielzeit der Ruhrtriennale viele Veranstaltungen statt, darunter Konzerte, Lesungen, Tanz oder auch Führungen durch die Installation. Es ist sehr ratsam, sich bei der Erkundung von »The good, the bad & the ugly« einem Experten anzuvertrauen, da neben dem immer begehbaren »Kern« der Ausstellung viele Elemente weit verstreut liegen und nicht so leicht gefunden werden können. Zu entdecken gibt es im Gras neben der Veranstaltungsfläche beispielsweise eine kleine Farm in einem verschiffbaren Container, mit dessen Hilfe überall ein Überleben als Selbstversorger möglich sein soll oder die erdfarbene Skulptur »Panta Rhei« mit ihren verschlungenen Formen und Strukturen. Außerdem befinden sich im Inneren der Jahrhunderthalle unterschiedlichste Skulpturen, die aus Recyclingmaterialien hergestellt worden sind. Manche sind eher klein, farblich zurückhaltend und tragen kubistische Züge. Andere dominieren riesengroß und grellbunt den Raum wie die durch ein Abflussrohr miteinander verbundenen roten Toiletten, die den Namen »Excrementorium« tragen. Hier können die Besucher Platz nehmen, um sich zu unterhalten. »Verdauung ist ein großes Thema bei uns«, erklärt Joep van Lieshout mit einem Augenzwinkern, »Gespräche könne ja auch eine Form davon sein«.

Ganz anders wirkt die Installation »Nomanslanding« in einem stillgelegten Becken des größten Flusshafens der Welt, dem Duisburger Hafen. Die von einem filigranen schwarzen Zaun umgebene weiße Kuppel liegt mitten im Hafenbecken. Sie erinnert an einen Dom mit orientalischem Charakter und lässt sich in der Mitte in zwei Hälften teilen, die von beiden Seiten über einen langen Steg erreicht werden können. Sind beide Hälften getrennt, bildet das Wasser eine Barriere, die das Hinübertreten auf die andere Seite unmöglich macht. Angespielt werden soll damit auf die zum Teil belastete Vergangenheit des Hafens während der beiden Weltkriege. »Die Installation ist ein Versuch, metaphorisch die uns vom Fremden trennende Kluft zu überbrücken und eine Begegnung auf gemeinsamem Terrain zu ermöglichen. Es entsteht ein Raum mit einzigartiger Atmosphäre, in dem miteinander über Geschichte, Erinnerungen und Erfahrungen reflektiert werden kann«, erklärt Katja Assmann, eine der drei Kuratoren und außerdem Künstlerische Leiterin von »Urbane Künste Ruhr« die Installation. Es ist eine sehr intensive Erfahrung, wenn im Innern des Halbkreises auf einmal Worte und Satzfetzen in verschiedenen Sprachen zu hören sind, die durch unterschiedlichste, immer durchdringender werdende Geräusche ergänzt werden. Erst wenn die beiden Seiten zusammengefunden haben, ist Frieden und Harmonie möglich.

In diesem Jahr haben Künstler erstmals im Auftrag der Ruhrtriennale leer stehende Schaufenster in Bochum, Dinslaken und Duisburg für die Dauer des Festivals gestaltet. Obwohl es kein offizielles Motto für diese Arbeiten gibt, scheinen sie sich überwiegend mit der sich verändernden Arbeitswelt und den damit verbundenen Konsequenzen zu beschäftigen. Vertrautes lässt sich oft nur noch in Form schnell vorbei flimmernder künstlich erzeugter Bilder finden. Was verbirgt sich dahinter? Kryptische Zeichen, eine Ballwurfmaschine, das Nichts oder noch etwas ganz anderes?

Alle Installationen können bei freiem Eintritt besucht werden. Die Installation »Nomanslanding« ist noch bis zum 13. September zu sehen, »The good, the bad & the ugly« und die »Ausstellungsstücke« noch bis zum 26. September.

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