Ich radele die Ost-West Strasse runter, Nieselregen weht mir ins Gesicht, typisches Hamburger Schietwetter. Die Lichter der Autos reflektieren in den Scheiben der Bürohäuser, werfen Lichtreflexe in die Pfützen und lassen den grauen, verregneten Nachmittag bunt aufflackern. Es ist kalt und die steife Brise umweht meine Nase, die ganz rot aus meinem Gesicht sticht. Schnell überquere ich den Platz zwischen den Deichtorhallen, stelle mein Rad an das Geländer und laufen mit gesengten Kopf hinein.
Kaum das man die Tür passiert hat, verändert sich das Wahrnehmen und Befinden. Licht umstrahlt einen warm; es ist, als wäre man selber das Kunstwerk, um dessen Willen man hier hergekommen ist. Als wäre man ein Teil des Ganzen. Bereits der Windfang und die Gardrobe strahlen etwas Besonderes aus. Das Prozedere an der Kasse – eine lästige Nebensächlichkeit. Endlich bin ich drin!! # Page Separator # # Page Separator #
Wir sollten Herrn Gundlach danken, und Sie sollten sich beeilen!! Denn nur noch bis zum Ende dieser Woche kann man im neugegründeten „Internationalen Haus der Photographie“ in der südlichen Deichtorhalle die Ausstellung ‚A Clear Vision’ besuchen und bewundern. Man kann sich für einen scheidenden Direktor und den Beginn einer neuen Zeit, keine bessere Ausstellung wünschen. Der Übergang scheint perfekt. Zdenek Felix hat eine ganz eigene, persönliche Auswahl aus der Sammlung F. C. Gundlach getroffen, um sich von seinem Publikum zu verabschieden. Die Auswahl ist mit etwa 400 Werken von 56 Künstlern überschaubar und angenehm in der Rezeption. Es macht Lust auf mehr, die Ausstellung entfacht einen Hunger und eine Sehnsucht, die leider erst im Herbst 2004 gestillt wird. Meine einzige Sorge, ist die Angst davor, es könnte dann womöglich zu viel sein.
In den 14 Räume der Ausstellung erwartet den Besucher eine überraschendes Kunsterlebnis, bei dem der Mensch als zentrales Thema vorzufinden ist. Zahlreichen namenhafte Photographen aller Nationen sind vertreten, neben Erwin Blumenfeld und Irving Penn auch eher unbekannte Künstler aus Osteuropa, darunter Antanas Sutkus und Josef Koudelka. Durch die überschaubare Größe der Ausstellung, ist man am Ende nicht übermüdet und erschöpft, vielmehr durchstreift man die Räume ein zweites und drittes mal und entdeckt immer wieder Neues. Lachen und Nachdenklichkeit liegen dabei oft nah beieinander. Man meint Miles Davis, fotografiert von Irving Penn, beim Anblick seiner linken Hand spielen zu hören und ein Schmunzeln zieht über das Gesicht, angesichts Alex Kaysers Polaroid Serie „Electronic Fashion Show“ aus dem Jahr 1978, auf denen die ARD Moderatoren Victoria Voncampe und Wilhelm Wieben zu sehen sind. Jedoch gleich um die Ecke zeigen die Photographien von Evgenij Mochorev, der russischen Jugendliche und Kinder zwischen 1991 und 1994 fotografierte, die harte Realität einer Generation nach dem Kalten Krieg und Nan Goldin hat seiner Freundin Cokkie Mueller gedacht, die 1989 an AIDS starb. Und doch, so sieht es der Sammler selber, hat die Auswahl Felix „... etwas sehr Homogenes“
Als ich aus den Deichtorhallen heraus trete, hat es angefangen zu regnen. Mit glühenden Gesicht setzt ich mich auf meine Rad und meine Fahrt in Richtung zu Hause in Gang. Mir ist kalt und warm zugleich...
Öffnungszeiten:
Di – So 11-18 Uhr
Eintritt:
6,50€
4,50€ ermäßigt