Ausstellungsbesprechungen

Albrecht Dürer. Holzschnitte aus Apokalypse, Passion und Marienleben, A. Paul Weber-Museum Ratzeburg, bis 9. Dezember 2012

Im Dürer-Jahr liegt es wohl nahe, dass das druckgrafische Werk des Nürnbergers im Ratzeburger A. Paul Weber-Museum vorgestellt wird – zählte doch der Namensgeber selbst zu den begabtesten und wichtigsten Holzschneidern des 20. Jahrhunderts. Die schöne Ausstellung zeigt einige Hauptwerke Dürers aus einer sehr gut bestückten Privatsammlung. Stefan Diebitz hat sie sich angeschaut.

Für viele ist Albrecht Dürer der größte und auf jeden Fall der einflussreichste Künstler der deutschen Geschichte. Wohl auf keinem anderen Gebiet ist das Genie Dürers deutlicher hervorgetreten als bei Holzschnitten, dessen Technik er in einer so beängstigend virtuosen Manier beherrschte, dass sich über Jahrhunderte hinweg kaum ein anderer großer Künstler auf dieses Gebiet wagte. Im Grunde finden sich Holzschnitte bedeutender Künstler erst wieder im Expressionismus. Wenn das Ratzeburger A. Paul Weber-Museum jetzt also die großen Holzschnittfolgen des Nürnberger Meisters zeigt, dann präsentiert es den Kern seines Werkes, den großen und berühmten Selbstporträts oder den Naturstudien zum Trotz.

Ein Raum ist der »Passion«, ein zweiter dem »Marienleben«, ein dritter und vierter dem frühen Höhepunkt seines Schaffens, der »Apokalypse«, gewidmet. Hier konnte die nicht ganz vollständige Folge der Blätter durch drei Faksimiles aus dem Besitz A. Paul Webers ergänzt werden – ein Hinweis auf die große Bedeutung, die Albrecht Dürer für A. Paul Weber tatsächlich besaß und die sich gleich ganz zu Anfang seiner künstlerischen Laufbahn darin ausdrückte, dass er sich von dem berühmten Monogramm Dürers zu einem eigenen Monogramm inspirieren ließ, von dem man nur die untere Hälfte wegnehmen muss (den unteren Teil des P und das W), um ein AD zu bekommen.

Nicht jeder liebt Holzschnitte, denn besonders die Gesichter werden leicht roh und grob, und es ist fast unmöglich, sie so fein und sensibel in einem Holzschnitt darzustellen wie in einer Zeichnung. Selbst ein Albrecht Dürer musste dem Tribut zollen. Aber es ist erstaunlich, welch unerhörte Plastizität die Körper auf den Blättern besitzen: Mit verschiedenen Schraffuren gelang es Dürer, die Menschen gelegentlich fast aus dem Papier heraustreten zu lassen. Auch zeigen seine Holzschnitte höchst lebendige Landschaften oder Szenen in der Stadt.

In vier Räumen werden nicht allein die Holzstiche gezeigt, sondern es finden sich auch sorgfältig gearbeitete Materialien und Erklärungen, sogar – heute ist man ja nicht mehr bibelfest – der Text der Apokalypse. Das Museum bietet also eine großartige, wahrscheinlich so schnell nicht wiederkehrende Gelegenheit, in Norddeutschland die Arbeiten des großen Holzschneiders Albrecht Dürer zu bewundern.

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