Kunstbücher für junge Leser, Rezensionen

Aleksandra Machowiak/Daniel Mizielinski: Treppe, Fenster, Klo. Die ungewöhnlichsten Häuser der Welt, Moritz Verlag 2011

»Wie wunderbar die Welt der Architektur ist«, wollen die beiden jungen polnischen Grafiker Kindern zeigen und das gelingt, in einem bis ins Detail wunderbar gestalteten Buch. Patricia Potrykus hat reingeblättert.

35 der ungewöhnlichsten und interessantesten Häuser der Welt werden auf knapp 150 Seiten im quadratischen 20 x 20 Format vorgestellt. Die meisten stehen in Europa, aber auch in Japan, Chile, Australien oder im Iran. Mit Hilfe kleiner Icons erhält man viele Informationen zu den einzelnen Bauten. Wann und von wem wurde das Haus gebaut? Ist es ein Stadthaus oder steht es am Meer oder im Wald? Aus welchen Materialien bestehen die Häuser, aus Holz, Beton, Glas oder Kunststoff? Wie werden sie geheizt? Welche Räume gibt es überhaupt und welche Funktionen haben diese? Spielerisch erfahren Kinder schon zu Beginn Grundsätzliches über Architektur und deren Vielfalt.

Und dann geht es los. Auf jeweils zwei Doppelseiten taucht man jedes Mal neu ein und staunt was es so alles gibt! Da wäre das Erdhöhlenhaus im Schweizer Dietikon, eine Märchensiedlung, in der die Menschen unter der Erde wohnen und die Dächer als Garten nutzen. An der Côte d’Azur kann man Häuser bestaunen, die roten Seifenblasen ähneln, mit runden Zimmern und Fenstern. Mitten in der Wüste in den USA baute der Architekt Steven Holl ein »Haus gegen den Wind« ganz aus Aluminium, das die Wärme zurückstrahlt. Durch ein Loch kann der Wind durchwehen und so Kühlung bringen. Genial!

Ebenfalls in den USA steht ein Containerwohnblock, der aus lauter einzelnen Containern besteht. Diese sind praktisch, weil transportabel — so kann man öfter ein anderes Plätzchen suchen. In Leipzig findet man dagegen ein Haus, das zu kleine Wohnungen vergrößern kann. Es ist ein Anhänghaus, das mit Stahlseilen an die Hauswand befestigt wird. So muss man nicht gleich umziehen, wenn es zu eng wird! Beim Schildkrötenhaus in einem Naturschutzgebiet in Schweden wird der vordere Teil des felsenähnlichen Hauses wie ein Schildkrötenkopf vor- oder zurückgeschoben, je nach Jahreszeit. So kann man es sich im Winter mit Rentierfellen an den Wänden gemütlich machen und im Sommer die Sonne ins Haus lassen und auf den See schauen. Im ganz und gar durchsichtigen Haus spielt nicht nur das Rausschauen eine Rolle, sondern vor allem das Reinschauen. Der bekannte deutsche Architekt Werner Sobek hat für sich in Stuttgart ein Haus entworfen, das keine festen Wände hat. Schlafen, Baden, Essen, Rumlungern auf dem Sofa — das alles passiert so ziemlich öffentlich. Nur die Toilette, die ist als einziger Raum mit Milchglasscheiben ausgestattet!

Und schließlich wäre da noch das Birnenhaus, eher eine Art Zelt für Umweltschützer, das an Bäumen befestigt werden kann — die Idee eines holländischen Architekten. Es gibt aber auch noch das Schmetterlingshaus, das Mond- und Sternenhaus, das Ei- und Kofferhaus und viele, viele mehr. Welches Kind wird nicht gleich begeistert sein? Zudem stellen die Autoren immer eine spannende Frage oder Geschichte an den Anfang und man ist einfach sofort gespannt und interessiert.

Grafisch ist das Buch ganz besonders, ja ungewöhnlich. Farbenfrohe, comicartige Zeichnungen, die sehr anschaulich sind, stecken voller witziger Details: Hunde trinken aus Swimmingpools, Papas schlafen auf dem Dach und es werden pinkfarbene Cocktails geschlürft!

Die ausgewählten Häuser sind sehr realitätsnah abgebildet, ein Foto im Buch wäre schön, würde aber wohl zu sehr das ganz und gar grafische Konzept stören. Abbildungen im Internet versöhnen dann schnell und so kann man, vor allem auch als Erwachsener, noch viel mehr über die einzelnen Häuser erfahren. Das Buch ist hierfür eine tolle Inspiration und Quelle.

»Treppe, Fenster, Klo« bietet nicht nur für Kinder einen Einblick in die zeitgenössische Architektur, und zeigt dabei, dass ein Haus nicht immer so aussehen muss, wie man es sich vorstellt. Nach der Lektüre wird das ein oder andere Kind auf die Frage: „Was willst du denn mal werden?“ sicherlich „Architekt!“ antworten.

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