Ausstellungsbesprechungen

Alexandre Cabanel. Die Tradition des Schönen, Wallraf-Richartz-Museum in Köln, bis 15. Mai 2011

Einem der wichtigsten französischen Salonmaler des 19. Jahrhunderts, Alexandre Cabanel (1823 – 1889), widmet das Wallraf im Frühjahr 2011 erstmals eine eigene Ausstellung. Das Kölner Museum zeigt mehr als 60 Werke des Mannes, der sich der Tradition des Schönen verschrieben hat. Ina Hildburg hat sich die Ausstellung angesehen – und ist vom Werk dieses detailverliebten Künstlers begeistert.

»Ein Fest des Sehens«, verspricht uns der französische Modedesigner Christian Lacroix für den Besuch der aktuellen Sonderausstellung »Alexandre Cabanel. Die Tradition des Schönen« im Kölner Wallraf-Richartz-Museum. Nun stellt sich zurecht die Frage: Was hat Christian Lacroix mit dieser Ausstellung in Köln zu tun? - Die Bilder stammen zu großen Teilen aus dem Musée Farbre in Montpellier. Hier liegt auch der Anknüpfungspunkt von Christian Lacroix und Alexandre Cabanel (1823 – 1889). Montpellier ist der Heimatort Cabanels und der Studienort von Lacroix. Hier begann Cabanel zu malen und Lacroix französische Literatur zu studieren. Direktor Dr. Andreas Blühm holte sich den 60-jährigen Designer ans Haus, um ihn als Ausstellungsarchitekt die Räume für die rund 60 Bilder des französischen Salonmalers Cabanel gestalten zu lassen.

Nach dem Betreten der Räumlichkeiten im Untergeschoss des Wallraf-Richartz-Museums findet sich der Besucher in einer gediegenen Atmosphäre wieder – aufwendige Tapeten- und Teppichmuster weisen sofort auf die besondere Ausstellungsgestaltung hin. Sensibel setzt Lacroix die Bilder des fast in Vergessenheit geratenen Salonmalers in Szene. Der Designer selbst tritt mit seiner Raumgestaltung hinter den Kunstwerken zurück und lässt die rund 150 Jahre alten Werke sprechen.

Im ersten Raum glaubt sich der Besucher zwischenzeitlich in der Ausstellung eines Barockmalers, was sich dann durch einen etwas unauffälligen Wandtext erklärt: Alexandre Cabanel gewann bereits in jungen Jahren den Prix de Rome und durfte sich in der Ewigen Stadt an den alten Meistern schulen.
Schon im ersten Raum wird bewusst, dass Cabanel ein technisch faszinierender Maler war. Die Werke sind en détail gemalt und selbst die Ölskizzen und -studien, welche die Gemälde an vielen Stellen der Ausstellung interessant ergänzen, lassen daran keinen Zweifel.

Im nächsten Raum werden Werke aus seiner Anfangszeit als Salonmaler präsentiert. Das faszinierendste und bekannteste Bild ist die »Geburt der Venus« aus dem Jahr 1863, eine Leihgabe des Musée d’Orsay in Paris. Es zeigt in feinster Malweise eine wunderschöne nackte Frau als Venus auf den Wellen liegend. Über ihr schweben kleine Putten und begleiten sie. Dieses Werk war der Durchbruch für den 40-jährigen Cabanel. Napoleon III. kaufte es für seine Privatgemächer an - ein Ritterschlag für den linientreuen Maler. Es ist spannend, dieses berühmte Werk einmal umringt von anderen Werken Alexandre Cabanels betrachten zu können.

Ein Stück weiter ist das Porträt Napoleons III. zu sehen. Er ließ sich zwei Jahre nach dem Ankauf der Venus malen. Es folgen weitere Porträtdarstellungen, die der Künstler nicht nur von der französischen Oberschicht, sondern auch von vielen Amerikanerninnen gemalt hat. Auch hier wird die Virtuosität beim Umgang mit dem Pinsel offenkundig. Die Frauen sind in feinster Manier gemalt und reisten eigens zum Modellstehen nach Paris. Zum Schluss der Ausstellung wird der Besucher in einen Raum mit großformatigen Historienbildern geleitet, die das Bild des Salonmalers abrunden. Dort wird beispielsweise das Werk »Phädra« präsentiert. Zentral ist dort die junge, schöne Phädra zu sehen, die aus Liebeskummer Selbstmord beging. Figuren und Stoffe sind detailgenau ausgeführt. Man fühlt sich an die imposanten Werke Delacroix’ im Pariser Louvre erinnert, der es genau wie Cabanel verstand, den Betrachter vor einer mythologischen Szene zu fesseln.

Die Ausstellung ist einem der begabtesten Salonmaler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gewidmet. Warum hat man ihm zuvor in der Kunstgeschichte und in Museen so wenig Beachtung geschenkt?

Die Malerei Cabanels kollidiert mit den innovativen und rebellischen Malern des Impressionismus, die mit ihrer unkonventionellen Darstellungsweise die moderne Kunst auf den Weg brachten. Lange Zeit musste man sich entscheiden: Avantgarde oder Salonmalerei, revolutionärer Malstil oder traditionelle Malerei. Durch diese Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museum wird deutlich, dass es möglich ist, beides zu zeigen und beides zu bewundern.

Es ist eine Ausstellung, in der man den Satz »Das könnte ich aber auch!« sicher nicht vernehmen wird. Nicht alles, was nicht völlig neu ist und sich an Traditionen hält, muss schlecht sein. Es ist wunderbar, die Bilder eines so virtuosen Künstlers im Original bewundert zu haben. Die Idee, einen Modedesigner zur Ausstellungsgestaltung mit ins Boot zu holen, hat der Ausstellung, auch kunsthistorisch, nicht geschadet. Im Gegenteil, die Räume laden zum Verweilen ein und der Rundgang wird zum Vergnügen.
Hat man dann noch einmal Lust, Salonmalerei und Impressionismus zu vergleichen, bietet das Museum im Obergeschoss eine gute Gelegenheit.

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