Ausstellungsbesprechungen

Alexej von Jawlensky und Josef Albers - Farbe. Abstraktion. Serie, Josef Albers Museum, Bottrop, bis 29. August 2010

Die Ausstellung "Alexej von Jawlensky und Josef Albers. Farbe. Abstraktion. Serie" ist ein seltenes Gipfeltreffen, bei dem sich zwei weithin bekannte Künstler begegnen, deren Gemeinsamkeiten bisher noch nicht wirklich entdeckt worden sind. Günter Baumann begab sich auf Spurensuche.

Josef Albers sah Kunst als Erlebnis, weniger als Gegenstand, und zum Erleben gehört auch die lebendige bzw. wiederbelebte Begegnung: Kaum einer hat bislang die persönlichen und werkimmanenten Beziehungen von Albers und Alexej Jawlensky beleuchtet, obwohl beide längst und weithin in ihrem Werk bekannt und auch präsent sind. Beide Künstler hatten über das Bauhaus verwandte Bande, doch ein echtes Treffen lässt sich nicht belegen, wohl aber sind Briefe gewechselt worden – da war Jawlensky schon jenseits seiner praktischen Arbeit. Grund genug, dass sich das für Albers zuständige Museum in Bottrop mit dem Museum Wiesbaden – dem Hort mit den meisten Jawlensky-Bildern überhaupt – zusammengetan hat, um die Leitsterne beider Meister in Einklang zu bringen: die Dominanz der Farbe, der Wille zur Abstraktion und das Arbeiten in Serien.

Nun wird man gerade in den Anfangsgründen der abstrakten Malerei leicht einen Strang greifen können, an dem die Protagonisten ziehen, was jedoch nicht automatisch auch aus jeder Position eine gleiche Haltung macht. Albers und Jawlensky gingen unterschiedliche Wege: der Mann aus Bottrop nüchtern, der Russe beseelt. Oder war es jeweils ein Wechselspiel. Hier setzt die Ausstellung faszinierende Zeichen. Albers ist nie der Perfektionist allein, den man hinter seinen Quadratserien vermutet, und Jawlensky findet in seinen meditativen, ja mystisch angehauchten Porträts eine Konzentration, die kaum mehr Raum für bloße Gefühligkeit zulässt. Im Arbeitsprozess ist es freilich ein Unterschied, ob Albers hier eine durchkomponierte Studie vorlegt, wo Jawlensky ein skizzenhaftes, wenn auch fertiges Bild präsentiert. Aber es bleibt der Reiz der letztlich unbegründeten, flüchtigen Nähe, dieses in Gedanken sich vollziehenden kurzen Augenblicks einer Annäherung, wenn sich etwa die Wege der hinreißenden Rot-Violett-Farbstudie mit dem assoziativen Titel »Christmas Shopping« (Albers, 1935) und der großartigen Kopf-Meditation mit dem nicht minder interessanten Titel »Erinnerung an meine kranken Hände« (Jawlensky, 1934) kreuzen. Und selbst da, wo die Farbe zurücktritt wie in den Zeichnungen, lädt sogar die Differenz etwa zwischen den Kopf-Skizzen Jawlenskys und den Albersschen titellosen Raum- und Flächenzeichnungen ein, den höheren Einklang reiner Geometrie nachzuempfinden. Das Bottroper Gipfeltreffen macht es möglich.

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